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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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schon einige Sorge von wegen meiner Bequemlichkeit. Wie schade aber, daß sie mir keine Möglichkeit bietet, sie zu erfreuen, denn ich hasse sie ungern.
    »Dein Vorurteil, Blümchen«, sagte er, »gegen die Person dieses Jünglings, das dich eine solche Fehlbitte tun läßt bei mir, ist wahrhaft beklagenswert. Offenbar weißt du von ihm nur aus allerlei Fluchworten und Lästerreden, die Mißwüchsige vor dich gebracht haben um seinetwillen, nicht aber aus eigener Kenntnis seiner bevorzugten Art, die ihn, so jung er ist, meiner Meinung nach sogar zu Höherem noch könnte tauglich machen als zum Vorsteher meiner Güter. Nenne ihn einen Barbaren und Sklaven – nach dem Buchstaben tust du’s mit Recht, aber ist dir das Recht genug, wenn’s nicht dazu ein Recht ist im Geiste? Ist es wohl Landessitte und echte Art, den Mann danach zu schätzen, ob er frei oder unfrei, einheimisch oder fremd, und nicht vielmehr danach, ob dunkel sein Geist und ohne Schule oder erleuchtet vom Wort und geadelt von seinen Zauberkräften? Was ist die Übung und welches der Väterbrauch hierzulande in dieser Beziehung? Dieser aber führt reine und heitere Rede, wohlgewählt und in reizendem Tonfall, schreibt eine schmuckhafte Hand und liest dir die Bücher, als spräche er selbst, von sich aus, getrieben vom Geiste, so daß all ihr Witz und Weisheit von ihm zu kommen und ihm zu gehören scheint und du dich wunderst. Was ich wünschte, das wäre, du nähmest Kenntnis von seinen Eigenschaften, ließest dich huldreich ein mit ihm und gewännest seine Freundschaft, die dir viel zukömmlicher wäre als die des hoffärtigen Kielkropfes ...«
    »Ich will nicht Kenntnis von ihm nehmen noch mich mit ihm einlassen«, sagte sie starr. »Ich sehe, daß ich im Irrtum war, da ich meinte, du hättest den Knecht schon zu Ende gerühmt. Du hattest noch etwas hinzuzufügen. Nun aber warte ich auf das Wort deiner Gewährung für meine heilig berechtigte Bitte.«
    »Ein solches Wort«, erwiderte er, »steht mir nicht zu Gebote infolge der Irrtumsgeborenheit deiner Bitte. Sie geht fehl und ist unerfüllbar in mehr als einem Betracht, – die Frage ist nur, ob ich dir’s klarmachen kann; kann ich’s nicht, so wird sie, glaube mir, deshalb nicht erfüllbarer. Ich sagte dir schon, daß Osarsiph nicht der erste beste ist. Er mehrt das Haus und ist ihm ein kostbarer Diener, – wer überwände sich wohl, ihn daraus zu vertreiben? Am Hause wär’s törichter Raub und grobes Unrecht an ihm, der frei von Fehl und ein Jüngling verfeinerter Art, so daß ihm aufzusagen und ihn so mir nichts, dir nichts des Hofs zu verweisen ein Geschäft von seltener Unbehaglichkeit wäre, zu dem niemand sich leicht bereit fände.«
    »Du fürchtest den Sklaven?«
    »Ich fürchte die Götter, die mit ihm sind, indem sie alles in seinen Händen gelingen lassen und ihn angenehm machen vor aller Welt, – welche es sind, entzieht sich meiner Beurteilung, aber kräftig machen sie sich geltend in ihm, das ist sicher. Schnell würden dir solche Gedanken vergehen, wie daß man ihn in die Grube des Frondienstes werfen sollte oder ihn schnöde weiterverkaufen, wenn du es nur nicht verweigern wolltest, ihn besser zu kennen. Alsbald nämlich, ich bin dessen sicher, würdest du Anteil an ihm nehmen und würde dein Herz sich erweichen gegen den Jüngling, denn mehr als einen Berührungspunkt gibt es zwischen deinem Leben und seinem, und wenn ich es liebe, ihn um mich zu haben, so, laß dir vertrauen, geschieht es, weil er mich oftmals an dich erinnert ...«
    » Peteprê!«
    »Ich sage, was ich sage, und denke, was keineswegs sinnlos ist. Bist du nicht geweiht und aufgespart dem Gotte, vor dem du tanzest als sein heilig Nebengemahl, und trägst du nicht mit Stolz vor den Menschen den Opferschmuck deiner Geweihtheit? Nun, auch der Jüngling, ich habe es von ihm selbst, trägt so einen Schmuck, unsichtbar wie der deine, – man hat sich, wie es scheint, eine Art von Immergrün darunter vorzustellen, das ein Zeichen geweihter Jugend ist und der Vorbehaltenheit, wie es in seinem allerdings krausen Namen zum Ausdruck gelangt, denn sie nennen es das Kräutlein Rührmichnichtan. So hörte ich’s von ihm, nicht ohne Staunen, denn er bekannte mir Neues. Ich wußte wohl von den Göttern Asiens, Attis und Aschrat und den Baalen des Wachstums. Er und die Seinen aber sind unter einem Gott, den ich nicht kannte und dessen Eifer mich überraschte. Denn der Einsame brennt auf Treue und hat sich ihnen verlobt als

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