Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
Manneswille sich zu mir neigen und meinem Wunsche Genüge tun, sprechend: ›Vom Hause sei dieser Anstoß genommen, und Osarsiph sei entamtet, verstoßen und fortverkauft.‹ Vernehm’ ich es, mein Herr und Gatte?«
»Du hörtest ja, daß du das nicht von mir vernehmen kannst, meine Gute, beim besten Willen nicht, dich zu erfreuen. Ich kann den Osarsiph nicht verstoßen und fortverkaufen, ich kann es nicht wollen, der Wille dazu steht mir nicht zu Gebote.«
»Du kannst es nicht wollen? So wäre dein Wille dein Herr, nicht aber du Herr deines Willens?«
»Mein Kind, das sind Haarspaltereien. Ist denn ein Unterschied zwischen mir und meinem Willen, daß der eine Herr wäre, der andere Diener und einer den anderen meisterte? Meistere du einmal deinen Willen und wolle, was dir gänzlich zuwider und geradezu greulich ist!«
»Ich bin bereit dazu«, sagte sie und warf den Kopf zurück, »wenn es Höheres gilt, die Ehre, den Stolz und das Reich.«
»Nichts davon steht hier in Frage«, erwiderte er, »oder vielmehr, was in Frage steht allerdings, das ist die Ehre gesunder Vernunft, der Stolz der Klugheit und das Reich der Billigkeit.«
»Denke an sie nicht, Peteprê!« bat sie mit läutender Stimme. »Denke der Stunde, der ganz vereinzelten, und ihrer Gewärtigung, da ich zu dir kam außer der Ordnung und entgegen deiner Bequemlichkeit! Siehe, ich schlinge die Arme um deine Knie und bitte dich: Tu mir Genüge mit deiner Macht, mein Gatte, dies eine Mal, und laß mich fortgehen getröstet!«
»So angenehm es mir ist«, erwiderte er, »deine Arme, die schön sind, um meine Knie zu fühlen, kann ich dir unmöglich willfahren, und es hat mit der Sanftheit deiner Arme zu tun, daß mein Vorwurf nur sanft ist, den ich dir deswegen machen muß, daß du meiner Ruhe so wenig schonst und nach meinem Wohlsein überhaupt nicht mehr fragen zu wollen scheinst. Aber obgleich du nicht fragst, will ich dir deswegen einige Auskunft geben, unter vier Augen, in dieser vereinzelten Stunde. Wisse denn«, sagte er gewissermaßen geheimnisvoll, »daß ich auf Osarsiphs Gegenwart halten muß – nicht nur des Hauses wegen, das er mir mehrt, oder weil mir der Jüngling die Bücher der Weisen zu Danke liest wie kein anderer. Sondern er ist für mein Wohlsein aus einem anderen Grunde noch überaus wichtig. Sage ich, daß er mir das Wohlgefühl des Vertrauens erregt, so erschöpfe ich’s nicht; ich meine ein Unentbehrlicheres. Reich ist sein Geist an Erfindung des Wohltuenden dieser und jener Art; aber die Hauptsache bleibt, daß er mir Rede weiß täglich und stündlich, mich selbst betreffend, die mich mir selber in schönem Lichte zeigt, in göttlichem Lichte, und mir das Herz mit Stärkung füllt in Ansehung meiner, so daß ich mich fühle ...«
»Laß mich ringen mit ihm«, sagte sie, indem sie seine Knie fester umschlang, »und ihn aus dem Felde schlagen vor dir, der nur mit Redewendungen dir Stärkung einzuflößen versteht und das Gefühl deiner selbst! Ich kann es besser. Ich gebe dir Gelegenheit, dein Herz zu stärken in der Tat, durch dich selbst, aus eigener Macht, indem du die Gewärtigung dieser Stunde erfüllst und den Knecht der Wüste zurückgibst. Denn wie sehr wirst du dich, mein Gatte, erst fühlen, wenn du mir Genüge getan und ich von dir gehe getröstet!«
»Meinst du?« fragte er blinzelnd. »So höre! Ich will befehlen, daß, wenn mein Meier Mont-kaw nun verscheidet (denn er ist nahe daran), Osarsiph nicht dem Hause vorstehe in seiner Nachfolge, sondern ein anderer, Chamat etwa, der Schreiber des Schenktisches. Osarsiph aber bleibe im Hause.«
Sie schüttelte das Haupt.
»Damit ist mir nicht gedient, mein Freund, und also auch deiner Stärkung nicht und dem Gefühl deiner selbst. Denn nur zur Hälfte oder geringeren Teiles noch wäre damit mein Wunsch gestillt und Genüge geschehn der Gewärtigung. Osarsiph muß aus dem Hause.«
»Dann«, sagte er rasch, »wenn dir das nicht genügt, ziehe ich auch mein Angebot wieder ein, und der Jüngling kommt an die Spitze.«
Sie löste die Arme.
»Ich hörte dein letztes Wort?«
»Ein anderes steht mir, leider, nicht zu Gebote.«
»So will ich gehen«, hauchte sie und stand auf.
»Das mußt du wohl«, sagte er. »Es war alles in allem doch eine liebliche Stunde. Ich werde dir ein Geschenk nachsenden, dich zu erfreuen, eine Salbschale aus Elefantenbein, die Fische, Mäuse und Augen darstellt in ihrem Schnitzwerk.«
Sie wandte ihm den Rücken und schritt gegen die
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