Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
ich ihm einfach damit winken könnte, sondern wissen, daß durch meine Berührtheit sein Sklaventum und mein Herrinnentum gänzlich aufgehoben sind, wenn nicht verkehrt in ihr Gegenteil, so daß ich vielmehr an seinen herrlich gezeichneten Brauen hänge, ob es glatt und freundlich ist zwischen ihnen oder ob sie sich beirrt und argwöhnisch verfinstern gegen mich Bebende. Siehe, du bist nicht besser denn Tabubu in ihrem Tiefstand, die mir ansinnt, Negerzauber mit ihr zu üben, daß mir der Jüngling verfiele und des Zaubers leibliche Beute würde, er wüßte nicht wie. Schämt euch, ihr Unwissenden, die ihr mir ein Schwert ins Herz stoßt mit eueren Ratschlägen und dreht’s in der Wunde um! Denn ihr redet und ratet, als sei er ein Körper und nicht auch Seele und Geist in einem damit, – davor aber ist Brauenbefehl nicht besser als kirrender Zauber, denn beide haben Gewalt nur über den Körper und führten mir diesen nur zu, eine warme Leiche. War er mir jemals hörig und zu Befehl meiner Braue, – durch meine Ergriffenheit ist ihm die Freiheit geschenkt, die volle, törichte Meh, und meines Herrinnentumes ward ich selig verlustig durch sie und trage sein Joch, abhängig in Freud und Qual von der Freiheit seiner lebendigen Seele. Dies ist die Wahrheit, und ich leide genug darunter, daß sie nicht am Tage ist, sondern daß er am Tage fälschlicherweise noch immer der Knecht ist und ich ihm gebiete. Denn wenn er mich Herrin nennt seines Hauptes und Herzens, seiner Hände und Füße, so weiß ich nicht, ob er’s als Diener sagt, nach der Redensart, oder vielleicht als lebendige Seele. Ich hoffe das letztere, verzage aber zugleich auch wieder daran. Gib mir acht! Wenn nur sein Mund wäre, so ließe sich hören allenfalls und zur Not, was ihr sagt von Befehlswink und Zauber, denn körperlich ist der Mund. Aber da sind seine Augen in ihrer schönen Nacht, von Freiheit und Seele voll, ach, und ich fürchte die Freiheit darin noch auf besondere Weise, insofern sie nämlich Freiheit ist von der Sucht, die mich Verlorene in trüben Banden hält, und ein lustiger Spott darüber, – nicht geradezu über mich, das nicht, aber über die Sucht, so daß es mich beschämt und vernichtet, da doch die Bewunderung seiner Freiheit nur meine Sucht noch erhöht und mich mit desto trüberen Banden umschlingt. Verstehst du das, Meh? Und nicht genug damit, muß ich auch noch den Zorn seiner Augen fürchten und ihre Verwerfung, weil, was ich für ihn trage, Trug und Verrat ist an Peteprê, dem Höfling, der sein Herr ist und meiner, und dem er in Treuen das Wohlgefühl des Vertrauens erweckt, – ich aber will ihm ansinnen, den Herrn zu erniedrigen mit mir an meinem Herzen! Dies alles droht mir von seinen Augen, und da siehst du, daß ich es nicht nur mit seinem Munde zu tun habe und daß er nicht nur ein Körper ist! Denn ein solcher ist nicht hineingestellt in Bewandtnisse und Verkettungen, die ihn bedingen wie auch unser Verhältnis zu ihm und es erschwierigen, indem sie es mit Rücksichten und Folgen beladen und eine Sache der Satzung, der Ehre und des Sittengebots daraus machen und unserm Verlangen die Flügel beschneiden, so daß es am Boden hockt. Wieviel hab’ ich nachgesonnen, Meh, über diese Dinge bei Tag und Nacht! Denn ein Körper ist frei und allein, des Bezuges bar, und nur Körper sollten sein für die Liebe, daß sie frei schwebten und einsam im leeren Raum und einander umarmten ohne Rücksicht und Folge, Mund an Mund und bei geschlossenen Augen. Das wäre die Seligkeit – und eine Seligkeit doch, die ich verwerfe. Denn kann ich wohl wünschen, daß der Geliebte nur ein bewandtnisloser Leib wäre, eine Leiche und keine Person? Das kann ich nicht, denn ich liebe nicht bloß seinen Mund, ich liebe auch seine Augen, sie sogar über alles, und aus diesem Grunde sind euere Ratschläge mir zuwider, Tabubu’s und deiner, mit Ungeduld weis’ ich sie von mir.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte die Nebenfrau Meh, »wie heiklig du die Dinge betrachtest. Ich meinte, da du ihn magst, so käme es schlechthin drauf an, daß ihr eure Füße und Häupter zusammentätet, damit du es gut hättest.«
Als ob das nicht am Ende auch das Sehnsuchtsziel Mut-em-enets, der schönen Mutemône, gewesen wäre! Der Gedanke, daß ihre Füße, die trippeln mußten, wenn sie mit Joseph war, an die seinen geschmiegt sollten ruhen dürfen, – gerade diese Vorstellung erschütterte und begeisterte sie sogar bis auf den Grund, und daß Meh-en-Wesecht
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