Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
Wissens zu rühmen vor ihren Nebenfrauen sowohl, den gackernden, wie vorm Mädchenstaat und vor Dûdu, wenn er ihr aufwartete.
»Der Jungmeier«, sagte sie, »ist hinab auf dem Wasserwege nach Necheb, der Stadt, wo Nechbet im Feste ist, mit zwei Schleppkähnen voll Dûm- und Balanitfrüchten, Feigen und Zwiebeln, Knoblauch, Melonen, Aggur-Gurken und Rizinussamen, die er verhandeln will unter den Schwingen der Göttin gegen Holz und Sandalenleder, weil Peteprê ihrer bedarf für die Werkstätten. Der Vorsteher hat im Einvernehmen mit mir einen Augenblick gewählt für diese Verschiffung, wo das Gemüse hoch notiert von wegen der Nachfrage, Leder und Holz aber nicht so sehr hoch.«
Und ihre Stimme war eigentümlich klingend und schwingend bei diesen Worten, so daß Dûdu das Händchen zum Schallfang höhlte an seinem Kopf und bei sich bedachte, ob er nicht bald den Zweigweg würde einschlagen können zu Potiphar, daß er’s ihm steckte. –
Was sollen wir noch viel erzählen von diesem Jahr, da Mut dem Joseph ihre Verliebtheit noch aus Stolz und Scham zu verhehlen bemüht war und sie auch der Außenwelt noch verbarg oder zu verbergen wähnte? Der Kampf gegen ihr Gefühl für den Sklaven, der Kampf also mit sich selbst, eine Weile heftig geführt, war schon vorüber und zugunsten des Gefühles selig-unselig entschieden. Nur um die Geheimhaltung ihrer Ergriffenheit vor den Menschen und vor dem Geliebten kämpfte sie noch; in ihrer Seele aber gab sie sich dem wundervoll Neuen desto rückhaltloser und entzückter, man möchte sagen: desto einfältiger hin, je unbekannter es ihr, der eleganten Heiligen und weltkühlen Mondnonne, bis dahin geblieben war, je länger es gedauert hatte, bis sie diese Berührung und Erweckung erfahren, und mit je tieferer Entfremdung sie sich der vormaligen, von Leidenschaft noch nicht gesegneten Zeiten erinnerte, in deren Dürre und Starre sie sich kaum noch zurückzuversetzen wußte und in die zurückversetzt zu werden sie aus allen Kräften ihres aus dem Schlummer gerufenen Weibtumes verabscheute. Die berückende Steigerung, die ein Leben wie das ihre durch die Fülle der Liebe erfährt, ist so bekannt wie unsäglich; die Dankbarkeit aber für diesen Segen an Lust und Qual sucht ein Ziel und findet es wieder nur in demjenigen, von dem alles ausgeht oder auszugehen scheint. Was Wunder also, daß die Erfülltheit von ihm, um die Dankbarkeit noch vermehrt, zur Vergötterung wird? Wir konnten mehrmals beobachten, daß Joseph in kurzen schwankenden Augenblicken anderen Leuten halb und halb, oder etwas mehr als halb und halb, als Gott erschien. Aber waren diese Anwandlungen und Versuchungen »Vergötterung« zu nennen gewesen? Welche Entschlossenheit, welche tätige Begeisterung liegt in dem Wort, wie die Logik der Liebe es versteht! Eine Logik, kühn und sonderbar genug. Wer solches an meinem Leben getan, so lautet sie, wer dem ehemals toten diese Gluten und Fröste, dies Jauchzen und diese Tränen geschenkt, der muß ein Gott sein, es ist nicht anders möglich. Aber jener hat gar nichts getan, und alles kommt aus der Ergriffenen selbst. Nur kann sie’s nicht glauben, sondern macht aus ihrem Enthusiasmus unter Dankgebeten die Göttlichkeit des anderen. »O Himmelstage des lebendigen Fühlens! ... Du hast mein Leben reich gemacht – es blüht!« Das war so ein Dankgebet Mut-em-enets, oder das Bruchstück eines solchen, gerichtet an Joseph, kniefällig zu Füßen ihres Ruhebettes gestammelt unter Wonnezähren, da niemand sie sah. Warum aber, wenn ihr Leben so sehr in Reichtum und Blüte stand, warum war sie dann mehr als einmal drauf und dran, die Nubierin nach der Giftnatter zu schicken, daß sie sie sich an den Busen lege; ja, warum hatte sie den Auftrag einmal tatsächlich schon erteilt, so daß die Viper bereits in einem Schilfkörbchen zur Stelle gewesen und Mut erst im letzten Augenblick noch einmal von ihrem Vorhaben abgekommen war? Nun, weil sie der Meinung war, bei der letzten Begegnung alles verdorben und nicht nur häßlich ausgesehen, sondern dem Geliebten auch, statt ihm mit ruhiger Gnade zu begegnen, ihre Liebe – die Liebe einer Alten und Häßlichen – durch Blick und Beben verraten zu haben, wonach es für sie nur noch den Tod gab: zur Strafe für sich und ihn, der aus ihrem Tode das Geheimnis ersehen mochte, für dessen schlechte Verwahrung sie sich ihn gab!
Wirre, blühende Logik der Liebe. Man kennt das alles, und kaum lohnt es, davon zu erzählen, da es uralt ist, auch
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