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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Ergriffenheit geständnisweise einzuweihen – nicht gerade den Dûdu, denn das war erstens bei seiner Sonnengewitztheit längst nicht mehr nötig, wie sie im Grunde wohl wußte, und zweitens wäre es auch, trotz der Lockerung, ihrem Stolze zuwider gewesen, sich ihm zu bekennen; vielmehr blieb zwischen ihnen die Übereinkunft bewahrt, daß es sich darum handle, dem anstößigen Fremdsklaven auf den Zauber zu kommen, um ihn »zu Falle zu bringen«; – die Redewendung war feststehend und büßte in beider Munde an Zweideutigkeit ein, von Tage zu Tage. Zwei Frauen aber aus ihrer Nähe, die sie plötzlich, und zwar jede für sich, zu ihren Vertrauten machte, obgleich sie bisher niemals Vertraute gehabt hatte, und die davon nicht wenig gehoben waren – dem Kebsweibe Meh-en-Wesecht, einer Kleinen, Munteren mit offenem Haar und in durchsichtigem Hemd, und einer alten Gummiesserin, Kammersklavin vom Dienste der Schminktiegel, Tabubu mit Namen, greis das Haar, schwarz die Haut und die Brüste wie Schläuche –, diesen beiden also eröffnete Eni flüsternd ihr Herz, nachdem sie es durch ihr Benehmen darauf angelegt hatte, daß sie sie schmeichelnd befragten: Sie seufzte und lächelte so lange in zur Schau gestellter Versonnenheit, indem sie die Rede verweigerte, bis diese Weiber, die eine am Wasserbecken des Hofes, die andere am Putztisch, mit Bitten in sie drangen, ihnen doch den Grund ihrer Gemütsaffektion zu vertrauen, worauf sie sich noch vielfach zierte und wand, dann aber, von einem Schauder durchbebt, den ebenfalls Erschauernden die Beichte ihrer Berührtheit mit trunkener Zunge ins Ohr raunte.
    Obgleich sie wohl vorher schon sich auf dies und das einen Reim gemacht, schlugen sie die Hände zusammen, bedeckten die Gesichter damit, küßten ihr die ihren sowie auch die Füße und stimmten beide ein unterdrücktes Glucksen und Girren an, worin festliche Aufregung, Rührung und zärtliche Besorgnis sich mischten, ungefähr als habe Mut ihnen mitgeteilt, daß sie guter Hoffnung sei. So, in der Tat, nahmen die Frauen diese sensationelle Frauensache auf, die große Nachricht, daß Mut, die Herrin, sich in Liebesumständen befinde. Eine Art von Geschäftigkeit ergriff sie beide, sie plapperten tröstend und beglückwünschend auf die Gesegnete ein, streichelten ihren Leib, wie als sei er zum Gefäße kostbar-gefährlichen Inhalts geworden, und gaben auf alle Weise ihr schreckhaftes Entzücken zu erkennen über diese Wende und große Abwechselung, den Anbruch einer weiblichen Jubelzeit voller Heimlichkeit, süßen Betruges und intriganter Steigerung des Alltags. Die schwarze Tabubu, die sich auf allerlei arge Künste der Negerländer und die Beschwörung unerlaubter und namenloser Gottheiten verstand, wollte sogleich zu zaubern anfangen, um den Jüngling künstlich zu kirren und ihn als wonnige Beute zu den Füßen der Herrin niederzuwerfen. Aber damals wies die Tochter Mai-Sachme’s, des Gaufürsten, das noch mit einem Abscheu von sich, in welchem nicht nur eine höhere Gesittungsstufe als die der Kuschitin, sondern auch der Anstand ihres Gefühls, so schwer bedenklich es immer sein mochte, sich überlegen kundtaten. – Die Kebse Meh, ihrerseits dagegen, dachte gar nicht an Zaubermittel, weil sie solche im mindesten nicht für nötig hielt und die Sache, abgesehen von ihrer Gefährlichkeit, für höchst einfach ansah.
    »Selige«, sagte sie, »was gibt es zu seufzen? Ist nicht der Schöne des Hauses Käufling und Sklave, wenn auch an der Spitze desselben, und dein höriges Eigentum von Anfang an? Wenn du ihn magst, so brauchst du doch nur mit der Braue zu winken, und zur höchsten Ehre wird er sich’s anrechnen, seine Füße mit deinen zusammenzutun und sein Haupt mit dem deinen, so daß du es gut hast!«
    »Um des Verborgenen willen, Meh!« flüsterte Mut, sich verhüllend. »Sprich nicht gar so unmittelbar, denn du weißt nicht, was du sagst, und es sprengt mir die Seele!«
    Sie glaubte dem dummen Ding nicht zürnen zu dürfen, weil sie sie mit einer Art von Neid rein und frei wußte von Liebe und süchtiger Schuld und ihr das Recht beimaß des guten Gewissens, vergnügt von Füßen und Häuptern zu reden, wenn es sie auch unerträglich verwirrte. Darum fuhr sie fort:
    »Man sieht wohl, du warst niemals in solchen Umständen, Kind, und nie hat es dich ereilt und ergriffen, sondern hast immer nur genascht und geschnattert mit den Schwestern in Peteprê's Frauenhaus. Du würdest sonst nicht von meiner Braue sagen, daß

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