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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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vorläufige Einteilung. Aber von Seth, zum Ersatz für Habel geboren, kamen auch viele Geschlechter bis hin zu Noah, dem Hochgescheiten: dem gab es Gott, sich selbst hintergehend und seinen vertilgenden Zorn, die Schöpfung zu retten, daß er die Flut überstand mit seinen Söhnen Sem, Ham und Japheth, nach welchen die Welt sich einteilte aufs neue, denn zahllose Geschlechter sandte ein jeder der Dreie aus; und Jaakob kannte sie alle – die Namen der Völkerschaften und ihrer Siedelungen auf Erden entströmten nur so seinem kündenden Munde vor Thamars Ohren; weit war der Überblick über die wimmelnde Zucht und ihre Landschaften – und zog sich auf einmal ins Ausgesucht-Familiäre zusammen. Denn Sem zeugte Eber im dritten Gliede, der aber im fünften den Thara, und so kam’s zu Abram, einem von Dreien, aber er war’s!
    Denn ihm gab Gott die Unruhe ins Herz um seinetwillen, daß er unermüdlich arbeite an Gott, ihn hervordenke und ihm einen Namen mache, zum Wohltäter schuf er sich ihn und erwiderte dem Geschöpf, das den Schöpfer erschuf im Geiste, die Wohltat mit ungeheuren Verheißungen. Einen Bund schloß er mit ihm zu wechselseitiger Förderung, daß einer immer heiliger werden sollte im andern, und verlieh ihm das Recht der Erberwählung, Segens- und Fluchgewalt, daß er segne das Gesegnete und Fluch spreche dem Verfluchten. Weite Zukünfte riß er auf vor ihm, worin die Völker wogten, und ihnen allen sollte sein Name ein Segen sein. Und verhieß ihm unermeßliches Vatertum, da doch Abram unfruchtbar war in Sarai bis in sein sechsundachtzigstes Jahr.
    Da nahm er die ägyptische Magd und zeugte mit ihr einen Sohn und nannte ihn Ismael. War aber ein abwegig Erzeugnis, nicht auf der Heilsbahn, der Wüste gehörig, und Urvater glaubte nicht Gottes Versicherungen, daß er auch noch einen Sohn haben solle von der Rechten, Isaak geheißen, sondern fiel aufs Gesicht vor Lachen über Gottes Wort, denn bereits war er hundert, und Sara ging es schon nicht mehr nach der Weiber Weise. Dennoch aber ward ihr dieses Lachen zugerichtet, daß Jizchak erschien, das verwehrte Opfer, über den es hieß von oben, daß er solle zwölf Fürsten zeugen, was nicht ganz richtig war. Gott versprach sich zuweilen und meinte es nicht genau, wie er sagte. Nicht Isaak zeugte die Zwölfe, oder nur mittelbar. Eigentlich tat erst er selbst es, der feierlich Kündende, an dessen Lippen das Landeskind hing, Jaakob, des Roten Bruder: mit vier Weibern zeugte er sie als des Teufels Dienstmann, Labans zu Sinear.
    Denn abermals erfuhr Thamar von den feindlichen Brüdern, dem roten Jäger, dem sanften Hirten; sie vernahm vom richtigstellenden Segensbetrug und von des Diebes Flucht, – wo es denn wegen Eliphas, des Untertretenen Sohn, und der Begegnung mit ihm unterwegs um der Würde willen nur zu einem schonenden Vortrag kam. Hier und noch in anderer Sache ging Jaakobs Rede etwas schonend und abmindernd, nämlich auch noch wegen Rahels Lieblichkeit und seiner Liebe zu ihr. In Ansehung des Eliphas schonte er sich selbst und stellte seine Erniedrigung vor dem Knaben aus Schönheitsgründen nicht just in den stärksten Farben dar. Die Vielgeliebte betreffend aber schonte er Thamar; denn er war etwas verliebt in sie und hatte es im Gefühl, daß man vor einer Frau nicht allzu frei die Lieblichkeit einer anderen preisen soll.
    Dagegen vom großen Leiter-Traum, den der Segensdieb träumte zu Lus, erfuhr seine Schülerin in aller Pracht und Größe, mochte auch eine so herrliche Haupterhebung nicht ganz erklärlich sein ohne die tiefe Erniedrigung, die vorausgegangen. Den Erben hörte sie künden davon und sah ihn an dabei, ganz Aug und Ohr, der den Segen Abrahams trug und Macht hatte, ihn weiter zu spenden an Einen, der Herr sein sollte über seine Brüder und dem seiner Mutter Kinder würden müssen zu Füßen fallen. Und wieder vernahm sie das Wort: »Durch dich und deinen Samen sollen gesegnet sein alle Geschlechter auf Erden.« Und rührte sich nicht.
    Ja, wievieles vernahm sie in diesen Stunden, ausdrucksvoll vorgetragen, – alle Geschichten! Die vierzehn Dienstjahre dehnten sich ihr im Lande des Kotes und Goldes nebst ihren Über-Jahren, daß es auf fünfundzwanzig kam und sich dank der Falschen, der Rechten und ihren Mägden die Elfe versammelten, einschließlich des Reizenden. Von ihrer aller Flucht hörte sie, von Labans Verfolgung und seinem Suchen. Vom Ringkampfe mit dem Rindsäugigen bis zum Morgenrot, wovon Jaakob hinkte sein Leben lang

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