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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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antworteten sie, »und für den Augenblick noch nicht zur Hand. Es hängt das mit dem Handelsgeschäft zusammen und mit den Launen des Mannes da ...«
    »Habt ihr etwa meinen Sohn für Korn verkauft?« fragte er.
    »Keineswegs. Aber Korn bringen wir, wie unser Herr sieht, reichliches Korn, reichlich jedenfalls für eine Weile und sehr gutes Korn, Weizen und prima Gerste von Unterägypten, und du wirst Opfersemmeln haben. Das ist das Erste, das wir dir melden.«
    »Und das Zweite?«
    »Das Zweite mag etwas wunderlich klingen, man könnte auch ›wunderbar‹ sagen und es, wenn du willst, sogar abnorm nennen. Aber wir dachten doch, daß es dir Freude machen würde. Wir haben das gute Korn umsonst bekommen. Will sagen, nicht gleich umsonst; wir haben gezahlt dafür, und heilig stand ein unser Geld gegen das Gewicht des Landes. Aber da wir erstmals rasteten, fand Issakhar sein Bezahltes wieder in seinem Futtersack und siehe, wir alle fanden’s wieder, so daß wir das Gut bringen und das Geld obendrein, wofür wir auf deinen Beifall rechnen.«
    »Nur meinen Sohn Schimeon bringt ihr nicht wieder. Es ist so gut wie klar, daß ihr ihn für gemeine Speise eingetauscht habt.«
    »Wo denkt unser Herr hin, schon zum zweiten Mal! Wir sind nicht die Männer für solche Geschäfte. Wollen wir uns nicht niederlassen hier mit dir, daß wir dich in Ruhe über unsern Bruder beruhigen, dir aber zuvor ein wenig goldne Frucht in die Hand rinnen lassen zur Probe und dir das Geld zeigen, wie Gold und Silber zugleich vorhanden sind?«
    »Ich wünsche sofort über meinen Sohn Schimeon unterrichtet zu werden«, sagte er.
    Sie saßen nieder mit ihm in einem Kreise, nebst Benjamin, und gaben Rechenschaft: Wie man sie abgesondert am Eingang des Landes und nach Mempi verwiesen habe, einer Stadt voll Getümmels. Wie man sie durch Reihen lagernder Menschentiere eingeführt habe in den großen Geschäftspalast, in einen Saal von erdrückender Schönheit und vor den Stuhl des Mannes, der da Herr sei im Lande und gleich wie Pharao, nämlich des Markthalters, zu dem die Welt komme, eines sonderartigen Mannes, verwöhnt von Größe, lieblich und schrullenhaft. Wie sie sich geneigt und gebeugt hätten vor dem Manne, Pharao’s Freund, dem Ernährer, und ihn ersucht hätten um ein Geschäft, er aber habe sich doppelt erwiesen, freundlich und grimm, habe teils warmherzig mit ihnen geredet, teils plötzlich sehr hart, und habe behauptet, was man kaum wiederholen möge, nämlich sie seien Späher, die des Landes geheime Blöße ausspitzeln wollten, – sie, die zehn Biedermänner! Wie da das Herz sie gestoßen habe, daß sie ihm dargetan hätten, wer sie denn doch schließlich seien: alle feierlich eines Mannes Söhne, eines Gottesfreundes, im Lande Kanaan und eigentlich nicht nur zehn, sondern zwölf, feierlicherweise; einer sei nur eben von früh auf nicht mehr vorhanden, der Jüngste aber zu Haus an des Vaters Hand. Wie der Mann da, der Herr im Lande, nicht habe glauben wollen, daß ihr Vater noch lebe, bloß weil sie selber nicht mehr die Jüngsten, – zweimal habe er sich dessen versichern lassen, denn in Ägyptenland kenne man solche Lebensdauer wohl nicht, wie ihr lieber Herr sie betätige, man gehe dort wohl gewöhnlich rasch an äffischer Ausschweifung zugrunde.
    »Genug davon«, sagte er. »Wo ist mein Sohn Schimeon?«
    Auf den kämen sie nun, antworteten sie, oder doch sehr bald. Denn erst müßten sie wohl oder übel noch auf einen anderen kommen, und es sei nur zu beklagen, daß der nicht gleich, ihrem Wunsch und Vorschlag gemäß, mit ihnen gezogen sei auf der Fahrt; in diesem Fall wären sie heute aller Wahrscheinlichkeit nach vollzählig wieder zurück; sie würden den Zeugen gleich bei sich gehabt haben, nach dem der Mann in seinem Argwohn verlangt habe. Denn von der Schrulle, sie seien Spähbuben, habe er nun einmal nicht gelassen, noch ihnen aufs bloße Wort Glauben geschenkt, was ihre feierliche Herkunft betreffe, sondern zum Beweis ihrer Unschuld verlangt, daß sie den Jüngsten vor ihn stellten, – wo nicht, so seien sie Spähbuben.
    Benjamin lachte.
    »Führt mich zu ihm!« sagte er. »Ich bin neugierig auf den neugierigen Mann.«
    »Du schweigst, Benoni«, verwies ihn Jaakob mit Strenge, »und lallst nicht länger kindisch daher! Mischt wohl ein Knirps, wie du, sich in solchen Rat? – Ich habe immer noch nichts gehört von meinem Sohne Schimeon.«
    »Doch, du hast«, sagten sie; »wenn du wolltest, Herr, und uns nicht zwängest,

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