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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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erkennen, tiefer im Gebüsch wurde es sicher stockfinster.
    Als sie das Ufer erreicht hatte, ließ sie sich auf den Boden fallen und wählte Adrians Mobilfunknummer. Nichts. Panik stieg in ihr auf. Das Display zeigte ihr an, wo das Problem lag: kein Empfang. Sie kämpfte die Panik nieder, aber die Angst blieb. Dreh jetzt bloß nicht durch, Jessica. Hektisch blickte sie sich um. Der Flusslauf wäre bei Tag sicher schön anzuschauen, kurz nach der Stelle, an der sie ihn überquert hatte, bahnte er sich über einen kleinen Wasserfall den Weg ins Tal. Weiter oben erstreckten sich die weitläufigen Berge des Koolau Forest Reservats, dem Regenwald im Osten Mauis.
    Nach oben oder nach unten? Bergab lag die Kleinstadt Paia, ein verschlafenes Surfer-Nest. Wie weit war sie seitdem gefahren? Mindestens neun Meilen. Durch den Dschungel würde sie bis weit in den nächsten Morgen brauchen, um die Zivilisation zu erreichen. Andererseits war es nicht gesagt, dass der Empfang oben in den Bergen besser wäre. Denk nach, denk endlich nach. Sie schaute auf das Display ihres Handys: 19:45. Von ihrem Vorsprung blieben ihr noch knappe zwanzig Minuten.
    Die erfolgversprechendste Alternative lag auf der Hand: Sie musste zurück zu der Stelle, an der der Verrückte sie das letzte Mal erreicht hatte. Dort konnte sie sicher telefonieren. Aber das hieß: zurück in Richtung der Stimme. Zurück in Richtung des Psychopathen, der dort in seinem Wagen auf sie lauerte. Jessica schauderte bei dem bloßen Gedanken daran. Aber war es nicht doch die beste aller Optionen? Sie überlegte fieberhaft. Oder sollte sie sich durch den Dschungel zur Stadt durchschlagen? Nein, entschied Jessica. Sie musste Adrian so schnell wie möglich erreichen, es musste ihr einfach gelingen, das Blatt zu wenden, ihr Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen. Sie warf noch einmal einen Blick auf das Handy: zehn vor acht. Ihr blieben noch fünfzehn Minuten. Und Warten machte die Situation mit Sicherheit nicht besser.
    Aus ihrem Versteck hinter den Bambushalmen spähte sie über den Fluss. Es war gerade noch hell genug, um ohne Verletzungen auf die andere Seite zu gelangen. Also los, Jessica, spornte sie sich an. Sie nahm ihren kostbarsten Schatz, das Handy, in die linke und die schwere Taschenlampe in die rechte Hand. Es war ihre einzige Waffe, und sie war fest entschlossen, sie auch einzusetzen, wenn sie musste.
    Nachdem sie den Fluss ohne Probleme überquert hatte, hielt sie am anderen Ufer kurz inne und lauschte. Sie vernahm das Knacken von berstendem Holz. Wo kam das Geräusch her? Sie konnte es nicht lokalisieren. War er das? Verzweifelt starrte sie gegen die schwarze Wand. Jetzt war es auf einmal wieder still, nur das Plätschern des Bachs war zu hören. Und seine eiskalte, unbeteiligte Stimme in ihrem Kopf: »Ich gebe dir eine halbe Stunde, Jessica.«
    Sie packte die Stablampe fester und begann, sich zwischen den dichten Sträuchern hindurchzuzwängen. Die Blätter und Zweige kratzten bei jeder Bewegung an ihrer Schulter und raschelten beim Zurückschnellen. Das Geräusch kam ihr unwirklich laut vor. Und sie hatte noch ein gutes Stück Weg vor sich, denn sie musste das Auto des Verrückten umgehen, um etwas weiter im Westen zur Straße zu gelangen. Dort würde sie dann endlich telefonieren können. Zur Sicherheit überprüfte Jessica noch einmal den Handyempfang: nichts. Der Boden war mit kräftigen Halmen bewachsen, und bei fast jedem Schritt schnitten die Fasern tief in die Haut ihrer nackten Fußsohlen. Denk nicht dran.
    Sie schlich etwa fünfzig Meter Richtung Straße, immer wieder starrte sie auf die Balken ihres Telefons, aber sie bewegten sich nicht. Zum Glück war der Akku voll aufgeladen. Sie schlug einen großen Bogen und erreichte eine kleine Anhöhe. Von dort aus konnte sie den Asphalt der Straße nur wenige Meter unter sich in der Dämmerung erkennen. Endlich! Und das Display zeigte ihr, dass sich ihr Telefon ins Netz eingewählt hatte. Mit zitternden Fingern drückte sie die Wahlwiederholung. Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis das Freizeichen ertönte. Sie presste den Lautsprecher ans Ohr und lauschte. Endlich klingelte es. Aber da war noch etwas anderes. Sie spürte einen Luftstoß an ihrem Rücken, ganz leicht. Es klingelte immer noch. Geh ran, Adrian, geh doch bitte ran.
    »Ich wusste, dass du zurückkommen würdest«, sagte die kalte Stimme direkt neben ihrem freien Ohr. Sie warf den Kopf herum. Und blickte in eine hässliche schwarze Fratze. Der

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