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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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ersten Casting rausgeflogen. Mit 1 Meter 80 besaß sie zwar Laufstegmaße, aber leider nur, was die erforderliche Größe anging. Sie hatte eine zu weibliche Figur und eine zu große Nase. Dachten Männer dabei auch an eine Ingwerwurzel?, erschreckte sie sich und betastete unauffällig ihre Gesichtsmitte. Quatsch, so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Konzentrier dich lieber wieder auf den Prozess, Pia.
    »Als Mr. Canelli die Haustür aufschloss, rief er nach seiner Frau.« Stein bestätigte immer noch die Sicht der Staatsanwaltschaft, was im Grunde vollkommen überflüssig war. Pia wunderte sich, wann ihr Chef endlich auf den Punkt kommen würde.
    »Aber sie antwortet nicht«, fuhr er fort. »Canelli ging in die Küche, goss sich ein Glas Rotwein ein und nahm die Treppe hinunter zum Schlafzimmer, wo er seine Frau vermutete. Er rief ihren Namen: ›Maria, Schatz, bist du da?‹ Immer wieder rief er ihren Namen. Als er immer noch keine Antwort bekam, betrat er durch die geöffnete Terrassentür den Poolbereich. Dann der Schock. Er sieht seine Frau auf dem Boden liegen in einer Lache aus Blut. Er stürzt zu ihr, beugt sich über sie, nimmt ihren Kopf in die Arme. Ungläubig, wie betäubt. Er ruft weiter ihren Namen, obwohl er weiß, dass es sinnlos ist. Das Loch in ihrem Kopf lässt kaum einen Zweifel zu. Er sieht sich um, da liegt eine Pistole. Er nimmt sie in die Hand, immer noch ungläubig vor Trauer und Entsetzen. Seine geliebte Frau ist tot. Die Nachbarn hatten einen Schuss gehört und die Polizei gerufen. Lieutenant Foudy war in der Nähe, und so ist er es, der ebendiese Szene mit gezogener Waffe betritt. Natürlich ist er auf der Hut, wer wäre das nicht? Schließlich hatte jemand geschossen. Lieutenant Foudy nähert sich also mit gezogener Waffe dem Pool.«
    Stein veränderte seine Position, er adressierte jetzt nicht mehr die Geschworenen, sondern den Zeugen der Anklage: »Hat es sich so abgespielt, Lieutenant?«
    Der dickliche Polizist räusperte sich, es war eindeutig, dass er es gewohnt war, im Zeugenstand zu sitzen. Er wusste, was die Staatsanwaltschaft von ihm erwartete, er redete klar und deutlich: »Das glaube ich nicht, Herr Verteidiger.«
    »Das ist interessant, Herr Foudy. Sie glauben das also nicht …« Stein runzelte die Stirn und drehte sich wieder zu den Geschworenen. Er gestikulierte mit seinem Gehstock, das Licht der Deckenlampen spiegelte sich auf dem silbernen Knauf. »Das ist wichtig, bitte prägen Sie sich das genau ein: Lieutenant Foudy glaubt nicht, dass es sich so abgespielt hat.«
    Der Beamte wollte protestieren, aber Stein schnitt ihm das Wort ab: »Denn genau darum geht es heute in Wirklichkeit. Wir müssen uns heute nicht entscheiden, ob wir Lieutenant Foudy blind unsere Kinder anvertrauen. Er ist ein ehrbarer Polizist, über jeden Zweifel erhaben, da sind wir uns alle einig. Aber heute, meine Damen und Herren, geht es um die Frage, ob ein ehrbarer Mann das glauben kann, was wirklich geschehen ist. Und ich muss zugeben, ich kann Lieutenant Foudy verstehen. Stellen Sie sich vor, Sie kommen an einen Tatort, Nachbarn haben Schüsse gehört. Sie bewegen sich also mit gezogener Waffe durch ein unbekanntes Haus, befürchten, jeden Moment niedergeschossen zu werden. Und als Sie den Pool erreichen, sitzt da ein Mann mit einer Waffe in der Hand, seinen Kopf über eine Leiche gebeugt. Was denken Sie?«
    Er blickte die Geschworenen an. Dann stakste er langsam zu Pia zurück, nahm einen Schluck Wasser. Mit dem Trinken gibt er ihnen Zeit zum Nachdenken, und zwar auf eine Art, die den Geschworenen vermittelt, nicht etwa sie, sondern er selbst bräuchte eine Denkpause, bemerkte sie. Deshalb auch der Wasserglasparagraph. Der Alte war wirklich ein Fuchs.
    Er trank halb aus, erst dann wandte er sich wieder an die Geschworenen und lächelte: »Natürlich denken Sie das. Jeder hätte das gedacht. Da sitzt der Täter mit der Waffe in der Hand. Natürlich. Jeder Mensch, der seine fünf Sinne beisammen hat, wäre sofort davon überzeugt. Deshalb glaubt Lieutenant Foudy ja auch nicht, dass es sich anders abgespielt haben könnte. Aber heute, meine Damen und Herren, ist es Ihre Pflicht herauszufinden, ob es tatsächlich und zwangsläufig der Ablauf der Ereignisse war. Oder könnte Mr. Canellis Version doch zutreffen? Denn wenn Sie auch nur einen kleinen Zweifel haben, ob es nicht doch anders gewesen sein könnte, darf Herr Canelli auch morgen und übermorgen seine Spaghetti in Freiheit genießen. Nur,

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