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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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überhaupt gedacht
hatte zu besitzen, und richtete sich wieder auf. Sie erwiderte den
durchdringenden Blick der älteren Frau und sagte liebenswürdig: »Ich freue
mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu ma chen, Ma'am, ich meine Euer Gnaden.« Dann
wandte sie sich zu Stephen um und wartete darauf, daß er sie seiner Schwägerin
vorstellte, einer gutaussehenden Brünetten, die er mit Whitney anredete, und
deren grüne Augen Sherry mit kaum verhüllter Verwirrung musterten. Noch eine
Herzogin! dachte Sherry entsetzt. Sie war älter als sie, aber nicht viel.
Knicksen oder nicht knicksen? Als ob die andere Frau ihre Unsicherheit spürte,
streckte sie die Hand aus und sagte mit zögerndem Lächeln:
    »Sehr erfreut, Miss Lancaster.«
    Sherry dankte ihr innerlich für den
Hinweis, und nachdem sie der jungen Frau die Hand geschüttelt hatte, wandte
sie sich dem Herzog zu, um ihm vorgestellt zu werden. Er war ein großer,
dunkelhaariger Mann, der ihrem Verlobten hinsichtlich des Gesichts, der Größe
und seiner breitschultrigen Erscheinung sehr ähnlich sah. »Euer Gnaden«, murmelte
sie und knickste noch einmal.
    Das vierte Mitglied der Gruppe, ein
gutaussehender Mann Mitte dreißig namens Nicholas DuVille, drückte einen
galanten Kuß auf ihren Handrücken und sagte, er sei »entzückt«, sie
kennenzulernen. Dabei lächelte er sie so herzlich an, daß sie sich vorkam, als
hätte er ihr gerade ein riesengroßes Kompliment gemacht.
    Als die Vorstellung beendet war,
wartete sie darauf, daß Stephens Verwandte sie in der Familie willkommen heißen
oder sie zumindest beglückwünschen würden, aber anscheinend brachte niemand
ein Wort heraus. »Miss Lancaster ist krank gewesen«, sagte ihr Verlobter und
drei Augenpaare richteten sich auf sie, als fürchteten sie, sie könne in Ohnmacht
fallen, was sie in der Tat am liebsten getan hätte.
    »Nicht eigentlich krank«,
korrigierte Sherry. »Es war ein Unfall – ein Schlag auf den Kopf.«
    »Warum setzen wir uns eigentlich
nicht?« schlug Stephen vor. Er verfluchte das Schicksal, das aus einer ohnehin
schwierigen Situation eine noch schlimmere machte. Sherry wußte offensichtlich
nicht, was seine Familie dachte, aber dafür wußte Stephen es umso besser. Als
sie hereingekommen waren, hatte er sich gerade in seinem Haus mit einer Frau
ohne Anstandsdame unterhalten, was ihre Moral äußerst fragwürdig erscheinen
ließ. Ganz zu schweigen von seiner eigenen Moral: Schließlich hatte er eine
solche Frau in sein Haus gebracht, und das zu einer Uhrzeit, zu der Besucher
eintreffen konnten. Und da es sich anscheinend bei ihr um ein leichtes Mädchen
handelte, mit dem er herumschäkerte, hatte er einen unverzeihlichen Fauxpas
begangen, indem er sie seinen weiblichen Verwandten vorstellte. Allerdings
glaubten sie wohl nicht, daß er etwas Derartiges tun würde, deshalb warteten
sie nun geduldig auf eine Erklärung, wer sie war ... oder wo ihre Anstandsdame
steckte ... oder was er sich dabei gedacht hatte.
    Um Zeit zu gewinnen, stand Stephen
auf, als der Butler mit einem Tablett voller Gläser und Karaffen hereinkam.
»Ah, da ist ja Colfax«, sagte er mit grimmiger Verzweiflung. »Mutter, was
möchtest du trinken?«
    Sein Tonfall trug ihm einen
erstaunten Blick seiner Mutter ein, aber sie spürte wohl, daß er auf ihre
bedingungslose Unterstützung hoffte, und ging sofort darauf ein. Mit höflichem
Lächeln schüttelte sie den Kopf angesichts des Tabletts, das der Butler auf den
Tisch vor das Sofa gestellt hatte, und blickte statt dessen zu dem Tablett, das
Stephen bereits dort abgestellt hatte. »Rieche ich da heiße Schokolade?« fragte
sie heiter, und ohne die Antwort abzuwarten, wies sie den Butler an: »Ich
glaube, ich ziehe die Schokolade vor, Colfax.«
    »An deiner Stelle nähme ich Sherry«,
riet ihr Stephen nachdrücklich.
    »Nein, ich möchte lieber
Schokolade«, beharrte seine Mutter. Dann demonstrierte sie ihre legendäre
Gewandtheit in schwierigen Situationen und zog Sherry ins Gespräch. »Mir ist
aufgefallen, daß Sie einen amerikanischen Akzent haben, Miss Lancaster«, sagte
sie höflich. »Wie lange sind Sie schon in England?«
    »Ein bißchen länger als eine Woche«,
erwiderte Sherry, deren Stimme vor Verwirrung und Unsicherheit angespannt
klang. Niemand in diesem Zimmer schien etwas von ihr zu wissen, obwohl sie mit
einem Mitglied der Familie verlobt war. Irgend etwas Seltsames – erschreckend
Seltsames – ging vor.
    »Ist das Ihr erster Besuch hier?«
    »Ja«, preßte Sherry

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