Jürgen Klopp: Echte Liebe
aus Interview in der Süddeutschen Zeitung, online abrufbar seit dem 19. November 2010
49 Die Kalligrafie beschäftigt sich mit der Kunst des Schönschreibens.
Ausblick:
Karriereperspektiven
Über zehn Jahre ist Jürgen Klopp inzwischen Trainer. Mit Mainz 05 und Borussia Dortmund hat er seither erst zwei Vereine betreut – angesichts der heute teils abenteuerlichen Fluktuation unter Trainern eine beeindruckende Zwischenbilanz. Doch eines Tages wird für Klopp auch das Kapitel Borussia Dortmund beendet sein. Was folgt dann? Wo könnten neue Herausforderungen für ihn liegen?
Dem Vorbild von Ottmar Hitzfeld folgen und nach Erfolgen mit dem BVB anschließend Trainer beim FC Bayern werden? Einen Spitzenklub aus England, Spanien oder Italien übernehmen? Oder Bundestrainer werden? Oder prägt Klopp eine Ära beim BVB, wie heute Thomas Schaaf bei Werder Bremen, der die Grün-Weißen bereits seit 1999 und somit seit mehr als einem Jahrzehnt betreut? Denkmodelle gibt es viele.
Klopps aktueller Vertrag in Dortmund läuft noch bis 2014. Im November 2010 war er ebenso wie die Kontrakte der beiden Co-Trainer Zeljko Buvac und Peter Krawietz um zwei weitere Jahre ausgedehnt worden. »Weil man nicht trennen soll, was zusammen gehört, haben wir den Vertrag mit unserem Cheftrainer verlängert. Es ist eigentlich müßig, noch viel über das, was Jürgen ausmacht, zu sagen. Fakt ist, dass er ein herausragender Trainer ist und seine Fähigkeiten (…) verbunden mit seinen (…) menschlichen Eigenschaften ihn zum idealen Trainer für Borussia Dortmund machen«, verkündete ein stolzer Hans-Joachim Watzke nach der Einigung.
Neben dem Vorsitzenden der Geschäftsführung äußerte sich auch Sportdirektor Michael Zorc erfreut über die weitere Zusammenarbeit: »Jürgen steht für die Weiterentwicklung dieser Mannschaft, nicht erst in dieser Saison.« Das Lob fiel nicht überraschend aus, war die Borussia auf ihrem Weg zur siebten Deutschen Meisterschaft doch bereits zu diesem Zeitpunkt im November 2010 Tabellenführer. Doch dass der BVB unabhängig vom Tabellenstand Vertrauen in das Trainerteam um Klopp & Co. besitzt, hatte er bereit eineinhalb Jahre zuvor bewiesen.
Vertrauensbeweis unabhängig
vom Tabellenstand
Denn bereits im März 2009 waren die Arbeitspapiere von Klopp und seinem Trainerstab vorzeitig bis 2012 verlängert worden. Damals hatte die Borussia gerade eine Serie von sieben sieglosen Spielen hinter sich gebracht, sodass die Verlängerung als deutliches Zeichen der Dortmunder Vereinsführung gewertet werden konnte: »Wir bauen auf diesen Trainer.« In der Mentalität des Ruhrgebiets wird auch eine schwächere Phase akzeptiert, wenn ehrliche Arbeit abgeliefert wird und die Richtung stimmt.
Warum aber dann 2010 bereits die nächste Verlängerung trotz noch länger gültigen Kontrakts? Medial wurde spekuliert, dass der BVB Sorge vor einem Abwerbeversuch des FC Bayern gehabt haben könnte. Schließlich kursierten immer mal wieder Gerüchte über eine mögliche Trennung der Münchener von ihrem Coach Louis van Gaal – und schließlich war der Rekordmeister bereits an Klopp interessiert gewesen, als 2008 die Wahl letztlich auf Jürgen Klinsmann fiel. Tatsächlich wurde die Zusammenarbeit zwischen van Gaal und dem FC Bayern noch während der Saison 2010/11 beendet.
»Wir (Anm.: als Trainerteam) hätten fast alles unterschrieben«, meinte Klopp mit seinem jugendlichen Schmunzeln zur neuerlichen Vertragsverlängerung 2010 und dokumentierte damit die enge Beziehung zum Verein, die seit Amtsantritt 2008 erwachsen ist. »Wir haben wirklich vom ersten Tag an das Gefühl gehabt, dass hier etwas entsteht und wollen das weiterentwickeln.«
Mit seiner Überzeugung, dass Erfolg erarbeitet und erkämpft werden muss, passt Klopp bestens nach Dortmund. Denn in der Malocherstadt ist der Arbeiter im defensiven Mittelfeld mindestens genauso wichtig wie der Künstler auf der 10er Position. Hier werden Kämpfertypen wie einst ein Günter Kutowski oder Murdo MacLeod, Spielerlegenden aus den 1980er und 1990er Jahren, von den BVB-Fans traditionell besonders wertgeschätzt. Wer dazu noch ein offenes Wort spricht, ist umso herzlicher willkommen.
Sollte Klopp dem BVB tatsächlich bis 2014 treu bleiben, säße er mit dann sechs Jahren genauso lange auf dem schwarz-gelben Trainerstuhl wie einst Ottmar Hitzfeld – zweifellos einer der größten Trainer der BVB-Historie. Hitzfeld lenkte die Geschicke der Westfalen von 1991 bis 1997; in diese Zeit
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