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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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elterlichen Kiosk stand. Gerda machte Mittagspause, Jürgen stand unterdessen seinen Büdchenregenten wie das Kind im Dreck, eingerahmt von allen Süßigkeiten der Welt. Softdrinks, Kühltruhe, alles was man braucht. Mohrenköpfe. Gummibärchen. Er bediente und versuchte, Mädels charmant anzubaggern. Es blieb beim Versuch. Während er den Dämchen intelligente Fragen des Kalibers: „Äh, wie heißt denn du?“ stellte, bimmelte seine Zirbeldrüse Alarm und seine Vorstellungskraft fuhr mit ihm Helter Skelter … „Mensch, Mädel! Ich Jürgen, du Jane … Lass uns beide, du und ich, jetzt sofort auf die Kirmes gehen. Wir könnten Riesenrad fahren, ich würde selbstverständlich alle anfallenden Unkosten übernehmen. Wir könnten dann oben, ganz oben in 30 Meter Höhe eventuell Händchen halten. Nur du und ich in dieser quietschgelben Gondel, bis sich alles dreht. Das hat garantiert noch nie jemand vor uns gemacht. Wenn wir wieder unten sind, rauchen wir schön ein Zigarettchen und ich geb’ dir ne Cola aus. Wahnsinn. Ich bin ein wildes Tier! Ich, Jürgen Zöller, der Herr über
Bunte, Bravo, Quick, Ernte 23, Peter Stuyvesant,
Flachmann
Asbach
und Flaschbier
Binding Export!
Ich schieß dir auch ’nen Plüschteddybären!“ Wilde Träume, weiter nichts. Immerhin, rauchen konnte er schon, während der Kommunionszeit hatte man bereits die Sechserpäckchen
HB
aus dem Automaten entdeckt, die wurden zügig von den Jungkatholiken im Wald weggeraucht. Protestanten waren da einfach später dran. Als er 15 war, bot ihm Gerda eine Zigarette an und meinte ganz selbstverständlich: „Du wirst ja sowieso rauchen.“ Mutterliebe hatte doch so etwas Herzerwärmendes. Dann rauchte er eben jetzt offiziell. Diese Lizenz hatte er schon mal sicher. 1962 kam er von der Schule an den Kiosk und erklärte seiner Mutter: „Wir haben jetzt eine Woche schulfrei wegen Heizölkrise – es ist saukalt, und die kriegen die Bude nicht mehr warm.“
    Und überhaupt: auch als es wieder warm wurde, konnte Jürgen sich nicht mehr für die Schule erwärmen. Rudi schlug vor, eine Lehrstelle in Frankfurt für ihn zu suchen. Eine Firma, die mit Rauchwaren handelt, suchte einen Lehrling. Zigarren und Zigaretten? Nein. Pelze, ach so! Na gut, dachte sich Jürgen, warum nicht? Nicht mehr auf die Schule zu gehen, einfach mal was anderes zu machen, der Gedanke war alles andere als unsympathisch. Obwohl, das Hofheimer Gymnasium war nicht sooo unsympathisch gewesen. Ein Unterschied wie Himmel und Hölle zur Mittelschule in Rheinland-Pfalz. Der Unterschied, den damals die Bildungspolitik in einem SPD-regierten Land wie Hessen ausmachte. Um Jahre voraus. Mittelalter und Space Age. Aber der Sog der Metropole Frankfurt, der, so rechnete sich Jürgen aus, ihn gleich um Lichtjahre vorauswerfen würde! Ein Hyperraumsprung stand zur Bewältigung an.
    Rudi fing in der gleichen Firma als Lagerist an, und abends stand er noch mit seiner Frau bis zehn, halb elf im Bahnhofskiosk in Bad Soden. Den hatten die beiden jetzt von Onkel Fred übernommen. Gerda gab die Mutter der Kompanie. Bei ihr am „Tresen“ standen die, die immer dort standen, und sie war die große Heilige der Quartalssäufer. Sie kannte die Gesichter und die Geschichten. Mein Gott, was der Mann alles macht, und was dieser Herr da alles tut … Jürgen kreuzte derweil durch seinen neuen Kiez und rollte stinkende Rohfelle durch die Gegend. Niddastraße, Moselstraße, das berühmte Frankfurter Bahnhofsviertel. Da saß er an einem frühen Montagmorgen, eher nicht so wach und wartete auf seine Pelze.
    Auftritt Gerhard Straßburger. Der war schon Geselle und deutlich wacher. Er sang, mehr laut als schön: „Well shake it up Baby now, twist and shout … come on come on c’mon c’mon baby now …“ Der Geselle steigerte sich in seinen Sangeskrampf, bis der Lehrling anfing aufzumucken „Was ist denn das?“ schrie Jürgen enthusiasmiert dazwischen. „Das sind die Beatles, Mensch!“ äffte der Geselle bil-dungsbürgerisch. „Die Beatles?“ „Genau die. Das sind so die Songs, die spielen sie im
Storyville!“
Ach, immer diese Peinlichkeit. Mitten im Auge des Sturms arbeiten und nichts vom Sturm selbst mitzukriegen. „Und was ist das
Storyville?“
hakte er möglichst unpeinlich nach. „Das ist so’n Club, da musst du unbedingt mal hinkommen, da geh ich immer hin. Das ist der schärfste Laden.“ Klar, selbstverständlich. Puh. Einfach fragen, auch wenn es peinlich sein könnte, da kannte Jürgen schon

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