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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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lange nichts mehr. Wieder was gelernt.
    Das müssen die Kumpels im Bad Sodener Schwimmbad erfahren, das ist eine Botschaft aus einer anderen Welt. Da müssen die hin, da drehen die ab, aber erst muss ich das testen, dachte sich Jürgen. Klaus, Hajo, Holli. Die und ein paar Mädels lagen da immer auf dem Rasen hinter ein paar neu gepflanzten kleinen Fichten. Und wenn sie nicht lagen, dann tanzten sie die neuen Tänze. Den Twist, den Slop. Einer brachte einen transportablen Plattenspieler mit, so ein kleines Ding wie ein Toaster, in das man die 45er-Scheibe reinschieben konnte. Der Unterschied zum Toastbrot war, dass die Scheibe schon beim Reinschieben heiß war. Und Holli wusste sowieso genau, wie man die Jungs und Mädels in Schwung brachte. Damit da keine Missverständnisse entstehen, die Sache war klar geregelt: Man tanzte nicht miteinander. Die Jungs tanzten vor und versuchten, dabei so gut auszusehen wie es irgend ging. Holli kannte schon ein paar Clubs von innen und führte stolz vor, was man so tanzte als Mann von Welt. Manche Mädels waren mutig und tanzten mit. Aber Jürgen konnte bald mit einer von ihm zur Durchführung gebrachten Exkursion punkten. Er folgte im Sommer ’63 dem Propheten Straßburger und sah das Licht. Es war dem Licht auch Ton beigemischt, sehr laut im übrigen, und es hörte auf den erleuchteten Namen „Johnny, Mike and the Shades“. Volle Breitseite, Jürgen fühlte sich torpediert. Das waren richtige englische Profis, die auch „bekannt durch Funk und Fernsehen“ waren. Im Jahr zuvor waren sie von Bath nach London gezogen, um weltberühmt zu werden. Zappel-Skala 5,0, aber mindestens. Offenen Mundes versuchte Jürgen sich zu sortieren und wusste doch stundenlang nicht mehr, wohin mit sich selbst vor lauter Glück.
    Tags drauf war er wieder im Schwimmbad und predigte seiner Clique hinter den Fichten praktische Anwendungsmöglichkeiten des gerade Gelernten: „Hey, da müsst ihr mal mitfahren.“ Und sie folgten ihm. Trafen sich wieder und wieder in Neuenhain oben an der Bushaltestelle und fuhren nach Frankfurt zur sonntäglichen Matinee. Mittags von drei bis fünf spielte die Band ihre ersten Runden, die Abendkonzerte waren noch tabu für den „Fichtel Club“, wie sie sich ab jetzt schwer großstädtisch nannten. Ein bisschen Zeit blieb immerhin noch nach der Live-Musik im
Storyville,
also ging man ins
Oldtimer,
eine der ersten Frankfurter Discos. Damit hatte man schon mal ein Bermuda-Zweieck abgesteckt. Und an jedem verfluchten Sonntag Abend unter der sengenden Hitze der untergehenden Sonne ritten die einsamen Cowboys vom Fichtel Club im harten Sattel des letzten Busses zurück in die Prärie, nach Bad Soden City.
    Alle dachten es, einer sprach es plötzlich aus. Ganz plötzlich stand der Satz im Raum, wie in Granit gemeißelt. „Wir machen das jetzt auch. Jungs, ich sag euch was: Wir machen eine Band auf.“ Ende der Debatte. „Klar machen wir das. Ich spiel’ Gitarre“, sagte Jürgen sich und den anderen. Mensch, Gitarristen, das sind die, denen die Mädels immer an den Lippen hängen, die könnten zehn an jedem Finger, jeder Saite, könnten die, das ist Urgesetz. Das war bei Mike Wayne von „Johnny, Mike and the Shades“ so, das war bei den anderen danach so. Ich steh dann vorne und zieh’ die große Show ab. So. Und schon war die Bestellung unterwegs: eine Gitarre vom Otto-Versand, schön mit fünfpoligen Steckern, Überspielkabel rein ins Radio und dann abgerockt wie Sau. Äh, nein. Mit Verlaub. Klassischer Fall von „als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet“. Jürgen probierte „Peter Gunn“: Dn dn, dn dn, dn dn, dn dn … Ein scheußliches Schrappen und Schlürren. Das klang doch nicht so wie das Original. Kein Raumklang. Überhaupt kein Klang. Und Anklang würde das schon gar nicht finden bei der ins Auge gefassten weiblichen Zuhörerschaft. Was tun? Sollte der Zeiger auf der nach oben offenen Zappel-Skala plötzlich und unerwartet fallen? Konnte das verhindert werden? Jürgen marschierte in den Proberaum der geplanten Band. Der geplante Schlagzeuger war nicht anwesend, aber da stand ein Schlagzeug. Ein glänzendes glitzerndes Ding mit Bass Drum, Snare, Toms, Becken, alles was es braucht. Es winkt mit einem Stick.: „Setz dich, hau mich, drisch mich zu Klump. Ich will jedwedem Aufschwung deiner Eingebung unverzüglich folgen, oh Musizist du!“ Jetzt aber! Zack, wie eingeschaltet beginnt der Mann, den sie ab jetzt Trommler werden nennen müssen, zu

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