Julia Ärzte zum Verlieben Band 47
ihm auch erklären, warum. „Nach dem Studium wollte ich ein bisschen in der Welt herumreisen, aber als ich fertig war, wurde bei Dad Multiple Sklerose diagnostiziert. Meine Mum war gestorben, als wir noch Kinder waren. Meine Schwester hatte es in ihrer Ehe nicht leicht, und außerdem lebte sie mit ihrem Mann in Perth. Sie konnte nicht helfen. Wenn ich nicht bei Dad geblieben wäre, hätte er seine Tierarztpraxis verkaufen müssen, und das hätte ihm das Herz gebrochen.“ Sie schwieg einen Moment, ehe sie fortfuhr: „Aber vielleicht würde er dann noch leben …“
„He, Tori, nicht.“ Er lächelt sie aufmunternd an. „Du darfst dir keine Vorwürfe machen. Und du bist jetzt hier. Dein erster Auslandsaufenthalt. Du solltest länger bleiben.“
Der Gedanke machte ihr Angst. „Nein.“
„Nicht unbedingt bei mir.“
„Ich würde dein Leben durcheinanderbringen.“ Unwillkürlich warf sie einen Blick auf die leere Bettseite.
„Es gibt keine andere.“
„So meinte ich es nicht.“
„Okay, du hast es nicht so gemeint, aber ich sage es dir trotzdem. Wenn du für den nächsten Monat in meinem Bett schlafen möchtest …“
„Nein!“
„Nein?“
„Nein“, wiederholte sie, und es hörte sich ziemlich verzweifelt an, aber sie konnte es einfach nicht verbergen. „Ich muss jetzt aufstehen.“
„Wenn du noch Schlaf brauchst, dann schlaf weiter.“
„Ich habe nur einen Tag in New York, den verschlafe ich doch nicht.“
„Könntest du aber, wenn du noch eine Weile bleibst.“
„Ausgeschlossen.“
„Tori …“
„Ich bin nicht hergekommen, um mich in dein Leben einzumischen. Ich wollte dir nur von dem Baby erzählen und wieder zurückfliegen.“
„Ich glaube nicht, dass ich dich schon wieder gehen lassen kann.“
„Dir wird nichts anderes übrig bleiben.“ Sie gab sich Mühe, fest und entschlossen zu klingen. „Ich ziehe mich jetzt an, und dann kannst du mir zeigen, wie ich zur Freiheitsstatue komme.“
„Die willst du dir tatsächlich ansehen?“
„Ja, und auch das Empire State Building, den Central Park und Tiffany’s.“
„Tiffany’s?“, fragte er verdutzt nach.
„Frühstück bei Tiffany’s ist mein Lieblingsfilm. Findest du Audrey Hepburn nicht auch wundervoll?“
„Absolut“, erwiderte er trocken.
Tori lachte und biss von ihrem Toastbrot ab. Es wird schon gut gehen, dachte sie. Ich sehe mir ein bisschen die Stadt an, und heute Abend treffen wir uns vielleicht zum Essen, um die Formalien zu besprechen. Wie oft er das Kind sehen will und so weiter. Und dann würde sie nach Australien zurückfliegen und ihr Leben weiterleben.
„Gut, dann ziehe ich mir meine Wanderschuhe an“, meinte er.
„Du musst nicht mitkommen“, protestierte sie. „Die Freiheitsstatue kennst du doch sicher schon.“
„Ja, das ist richtig, aber sie ist durchaus einen zweiten Besuch wert. Und um ehrlich zu sein, bei Tiffany’s bin ich noch nie gewesen.“
10. KAPITEL
Zwei Stunden standen sie am Empire State Building an, aber die spektakuläre Aussicht über die Stadt entschädigte sie für die lange Wartezeit. Tori machte die gleichen Fotos wie alle anderen Touristen auf der Plattform, und dann wollte sie unbedingt noch Jake aufnehmen.
„Jake mit der Freiheitsstatue im Hintergrund, das ist doch sehenswert! Es ist schließlich deine Stadt.“
Ein deutscher Urlauber bot an, sie beide zu fotografieren, und Tori bedankte sich freudestrahlend. „Das ist schön für später“, verkündete sie und reichte dem Mann die Kamera.
„Später?“ Jake legte den Arm um sie. Er hatte noch nicht vergessen, wie sich ihr schlanker, biegsamer Körper anfühlte, und er genoss es.
„Na ja, Bilder von Mummy und Daddy für Babys erstes Fotoalbum“, antwortete sie.
Hatte er gerade noch männliches Verlangen verspürt, so breitete sich jetzt ein unbekanntes warmes Gefühl in seinem Herzen aus.
Diese hinreißende, bezaubernde Frau trug sein Kind in sich.
Und sie würde nur noch bis morgen hier sein.
Ich kann sie nicht gehen lassen, dachte er, während sie zum Fahrstuhl gingen.
Das Klingeln des Handys riss ihn aus seinen Gedanken.
„Dr. Hunter?“
„Am Apparat.“ Tori war neben ihm. Mehr Menschen strömten in die Kabine, und dann setzte sich der Lift in Bewegung.
„Bei Jancey Ian ist der intrathekale Katheter dicht.“
Jake fluchte unterdrückt. Jancey Ian war Mitte siebzig, eine zierliche Afroamerikanerin mit Knochenkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Wegen der unerträglichen Schmerzen bekam sie
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