Julia Ärzte zum Verlieben Band 47
sie ihm zuwarf, verriet Misstrauen.
„Es ist für uns beide eine neue Situation“, murmelte sie. „Sie macht uns Angst.“
„Es ist eine ganz normale Situation.“
„Nicht für mich. Nicht für uns.“ Dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich weiß, die Neuigkeit war ein ziemlicher Schock für dich. Es ist schon nach Mitternacht, sicher bist du erschöpft. Ich bleibe bis morgen, wenn du also noch mal darüber reden möchtest …“
„Du fliegst schon zurück?“
„Ja, der Flug ist gebucht. Ich hatte zwei Tage geplant, einen, an dem ich es dir erzähle, und den Zweiten, damit du dich an den Gedanken gewöhnen kannst. Zeit genug, mich anzuschreien, dachte ich.“
Hatte sie das wirklich erwartet?
Sicher war er ärgerlich, aber nicht auf sie, sondern auf sich selbst. Sie war verletzlich gewesen. Hätte er nicht die Finger von ihr lassen können?
„Wir können es nicht ungeschehen machen“, sagte sie, sichtlich um Beherrschung bemüht. „Es tut mir leid, dass ich dir diese ungewollte Verantwortung aufhalse, aber du brauchst mich nicht zu bemitleiden. Ich bin ein großes Mädchen, und ich liebe das Kind schon jetzt. Alle in Combadeen werden es lieben, da bin ich mir sicher.“ Sie erhob sich. „Bekomme ich am Krankenhaus ein Taxi?“
„In welchem Hotel übernachtest du?“
Sie nannte ihm den Namen, und er runzelte die Stirn. „Es ist Samstagabend, da geht in dem Viertel die Post ab. Partys, laute Musik, grölende Nachtschwärmer … du wirst nicht viel Schlaf bekommen. Wann bist du gelandet?“
„Gegen vier Uhr nachmittags. Ich bin fast direkt zum Krankenhaus gefahren.“
„Und ich lasse dich warten …“ Jake sah Toris blasses Gesicht und konnte nur daran denken, dass sie sein Kind in sich trug. Und ihr war anzusehen, welche Mühe sie sich gab, tapfer zu wirken. „Weißt du was? In meinem Wohnzimmer steht ein großes Sofa. Mein Apartment ist ruhig gelegen.“
„Ich will nicht bei dir übernachten.“
„Du kannst mir vertrauen, Tori. Wirklich.“
Sie blickte ihn forschend an, und er las in ihren Augen, dass es nicht nur um diese eine Nacht ging, sondern um ihre Zukunft. Und auf einmal verspürte er eine innere Abwehr. Noch konnte er sich so etwas nicht vorstellen. Vielleicht niemals.
„Komm, nehmen wir ein Taxi“, versuchte er sich auf praktische Dinge zu konzentrieren. „Ich bringe dich zum Hotel. Wenn du glaubst, dort in Ruhe schlafen zu können, fahre ich weiter, und wir treffen uns morgen früh. Aber wenn ich recht habe – vertraust du mir dann und übernachtest bei mir? Getrennte Zimmer, Tori. Nichts, was du nicht willst, versprochen.“
„Du lässt mich wieder gehen?“
„Mir bleibt doch keine andere Wahl.“
„Nein, die bleibt dir nicht“, sagte sie langsam.
Jake hatte recht, das Hotel war entsetzlich. Sie fuhren zu seinem Apartment, und er bestand darauf, dass er auf dem Sofa schlief und Tori in seinem Schlafzimmer.
„Ich werde die ganze Nacht herumtigern“, erklärte er, als sie protestierte. „Da ist es doch besser, wenn ich auf dem Balkon herumlaufe. Früher hat ein Mann in so einer Situation ein paar Päckchen Zigaretten weggequalmt. Heute bekommt er Auspuffgase.“
Sie war so erschöpft, dass sie nur müde lächelte.
Doch als sie im Bett lag, konnte sie nicht einschlafen. Es war sehr bequem und ziemlich breit. Genau richtig für Liebesspiele …
Sei nicht albern, schimpfte sie, natürlich hat er Frauen hier gehabt. Sie hatten jedoch keine Spuren hinterlassen. Das Apartment war fast klinisch nüchtern eingerichtet. Nüchtern und grau.
Auch wenn so etwas gerade in Mode war, Tori fand es schrecklich kühl und unpersönlich.
Im Wohnzimmer herrschte Stille. Vielleicht war Jake gar nicht so aufgewühlt, wie er angedeutet hatte, sondern schlief tief und fest. Er hatte die Neuigkeit so locker weggesteckt. Weil es ihm nicht zum ersten Mal passiert war?
Tori mochte nicht darüber nachdenken. Sie bekam ein Kind, und sie wünschte sich so sehr, dass es für Jake genauso wundervoll war wie für sie. Aber das ist unmöglich, dachte sie traurig. Mein Baby und ich leben in Australien, er lebt hier.
Die schwarzen Gedanken wollten nicht aufhören. Wahrscheinlich war der Jetlag schuld … oder Jakes Apartment? An den Wänden hingen Kohlezeichnungen, irgendetwas Avantgardistisches. Fürchterlich. Im Mondlicht konnte sie nur die Umrisse von verzerrten Gestalten erkennen.
Es ist gar nicht der Mondschein, fiel ihr ein. Es waren die Lichter von Millionen Gebäuden, von
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