Julia Ärzte zum Verlieben Band 47
bestätigt, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Manche mochten es vielleicht als Schuldeingeständnis ansehen, aber er hatte es für seine Tochter getan.
Gedankenverloren wartete er auf die Röntgenaufnahmen von Janine. Was sollte er tun? Alice um ein Gespräch unter vier Augen bitten, seine Karten offen auf den Tisch legen und sie um Hilfe bitten?
Aber warum sollte sie ihm helfen wollen? Seinetwegen hatte sie nicht nur ihren Job verloren, sondern auch ihr Haus verkaufen müssen. Gerüchte besagten, die Bank hätte sie dazu gezwungen. Andrew hatte sich entschuldigen wollen, aber sie war spurlos verschwunden gewesen. Und dann hatten seine eigenen Schwierigkeiten begonnen, und darüber hatte er alles andere vergessen – es ging ums Überleben. Um Emmys Sicherheit.
Und was sollte er Alice jetzt auch sagen? Eine Entschuldigung, weil er ihren Beteuerungen nicht geglaubt hatte, reichte bestimmt nicht aus. Er könnte es ihr nicht verdenken, wenn sie sich jetzt an ihm rächen würde.
Es passte allerdings nicht zu dem Bild, das er sich vor fünf Jahren von Alice Palmer gemacht hatte – der attraktiven, kompetenten Krankenschwester in der Notaufnahme. Sie gehörte zu den Schwestern, denen jeder einzelne Patient am Herzen lag, die sich freundlich und aufmerksam um jeden kümmerten, der ihnen anvertraut war. Alice war auch auf seiner Hochzeit gewesen, weil Mel sie eingeladen hatte.
Als es dann so aussah, als hätte sie Morphin und andere Betäubungsmittel gestohlen, war er schockiert gewesen und hatte es anfangs nicht glauben wollen. Aber wer kannte sich schon mit den Frauen aus? Melissa war das beste Beispiel …
Andrew fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Nein, er wollte nicht an Mel denken. Auch nicht an London.
Janines Röntgenbilder bauten sich auf dem breiten Computerbildschirm an der Wand auf und lenkten ihn von seinen tristen Gedanken ab. Wie es aussah, mussten der Wangenknochen verdrahtet und die Armfraktur operativ gerichtet werden. Die Orthopäden waren bereits unterwegs, und es fehlte nur noch jemand von der plastischen Chirurgie, der sich im OP mit dem lädierten Gesicht befasste. Andrew machte sich auf den Weg zurück zum Traumaraum.
Alice würde sicherlich auch dort sein. Sollte er seine Dienste tauschen, damit er Alice so wenig wie möglich sah, bis er sich entschieden hatte, was er tun sollte?
Nein, wie kam er dazu? Schließlich war er einer der Chefärzte der Abteilung und Alice Krankenschwester. Er konnte es sich nicht leisten, diesen Vorteil aus der Hand zu geben. Wichtig war, weiterhin die Kontrolle zu behalten.
Nachdem Janine in den OP gebracht worden war, war es eine Zeit lang verhältnismäßig ruhig auf der Station. Genauer gesagt, langweilig. Alice kümmerte sich um einen Epileptiker, der nach einem schweren Anfall nun schlief, dann um eine Diabetes-Patientin aus einem Pflegeheim, die neu eingestellt werden musste, und eine ältere Frau mit Magenproblemen.
Als der Krankenwagen einen vierzig Jahre alten Mann mit stark erhöhter Herzfrequenz einlieferte, übernahm Alice den Patienten nur zu gern.
„Das ist Roger“, informierte sie der Sanitäter. „Tachykard, Herzfrequenz bei 196. Sauerstoffsättigung neunundachtzig Prozent. Keine kardiale Vorgeschichte.“
Roger war blass und hatte offensichtlich Angst, aber die EKG-Werte waren nicht lebensbedrohlich. Kardiologie hatte schon immer zu Alice’ Lieblingsfächern gehört. Ein 12-Kanal-EKG konnte sie besser interpretieren als die meisten Assistenzärzte.
„Haben Sie Schmerzen in der Brust?“, fragte sie den Patienten.
Er schüttelte den Kopf. „Ich bin ein wenig kurzatmig, das ist alles. Und mein Herz rast.“
„Hatten Sie so etwas schon einmal?“
„Nein.“
Alice half den Sanitätern, Roger in ein Bett in Schockraum 2 zu bringen. Sie stellte das Kopfteil so ein, dass der Patient halb aufrecht sitzen konnte, um seine Atmung zu unterstützen. Jo kam herein und stöpselte den Sauerstoffschlauch in den Wandanschluss.
„SV-Tachykardie“, informierte Alice sie über die Herzrhythmusstörungen. „Ist Peter in der Nähe?“
„Nein.“ Andrew kam in dem Moment herein, als die Sanitäter mit der Trage hinausgingen. „Ich übernehme den Fall.“ Er hielt den Bericht in der Hand, an den der rosafarbene EKG-Ausdruck angeheftet war.
Dann stellte er sich dem Patienten vor, der immer noch ziemlich besorgt wirkte.
„Habe ich einen Herzinfarkt?“, fragte Roger.
„Das ist eine der Möglichkeiten, die wir gerade
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