Julia Ärzte zum Verlieben Band 53
die die Schneidwerkzeuge mit Strom versorgten. Auf dem Boden war eine Decke ausgebreitet, darauf lagen ein offener Notfallkoffer neben Defibrillator und Sauerstoffgerät.
Eine Sanitäterin hielt eine Beatmungsmaske über das Gesicht der schwer verletzten Fahrerin, eine Polizistin den Infusionsbeutel, von dem ein dünner Schlauch durch das zerbrochene Fenster führte. Also wurde die Patientin schon intravenös mit Flüssigkeit versorgt.
„Wie sieht’s aus?“, fragte Zoe.
„Sauerstoffsättigung bei 95 Prozent, Blutdruck fallend. Aber wir müssten sie gleich bergen können.“
Zoe nickte knapp. „Ich werde sie intubieren, sobald sie draußen ist.“ Sie wandte sich an Teo. „Bleiben Sie hier. Ich brauche ein paar Sekunden, bis ich bei dem Kind bin. Wenn es lebt, holen wir es heraus, dann übernehmen Sie es. Ich muss mich um die Fahrerin kümmern. Status 1.“
Er wusste, was das bedeutete: Das Unfallopfer befand sich in einem lebensbedrohlichen Zustand. Die Mutter des Kindes? Und war das Kind genauso schwer verletzt? Sonst sah Teo seine Patienten auf der Kinderstation oder manchmal in der Notaufnahme, aber hier herrschten ganz andere Arbeitsbedingungen. Die Anspannung aller war körperlich spürbar, verstärkt durch die vielen Menschen, den Lärm, den Geruch nach Kraftstoff und heißem Metall. Wie konnte man sich in diesem Chaos konzentrieren?
Die rothaarige Sanitäterin sprach kurz mit einem der Feuerwehrmänner und stülpte sich einen Schutzhelm auf den Kopf, bevor sie sich auf den Boden legte und sich unter den eingedrückten Wagen schob.
Unwillkürlich stieß er einen leisen Pfiff der Bewunderung aus. Was für eine Frau! Sie behielt den Überblick, tat in jedem Moment das Richtige, und jetzt riskierte sie auch noch, selbst verletzt zu werden.
Warum beeindruckte ihn das so sehr? Weil sie mit ihren schimmernden roten Haaren, der hellen Haut und den Sommersprossen so jung wirkte? So empfindsam?
Nein, das Wort passte nicht zu der Frau, die hier alles unter Kontrolle hatte. Und doch ließ es ihn nicht los, während er auf ihre mit Stahlkappen besetzten schwarzen Stiefel blickte, das Einzige, was von ihr noch zu sehen war.
Sekunden später hörte er ihre gedämpfte Stimme, als sie mit den Feuerwehrleuten sprach. Die positionierten das Schneidwerkzeug neu, durchtrennten einen Holm, und das Metall wurden aufgeschnitten wie der Deckel einer Konservendose. Räder und Einsatzkräfte versperrten Teo die Sicht, dann ertönten wieder Kommandos, der verbeulte Wagen bewegte sich, und – keine Minute, nachdem Zoe darunter verschwunden war – wurde der Kindersitz befreit. Behutsam weitergereicht von einem Helfer zum nächsten kam er schließlich bei Teo an.
Und plötzlich war es überhaupt kein Problem, sich zu konzentrieren. Ein Patient brauchte ihn, das war das Entscheidende. Im Sitz saß ein kleiner Junge, nicht älter als ein Jahr. Er lebte und war bei vollem Bewusstsein. Mit großen, ängstlichen Augen blickte er Teo an.
„Stellt ihn hier ab“, sagte Teo und ging vor dem Kind in die Hocke, um den Sicherheitsgurt zu lösen. „Hallo, mein Kleiner …“
Als Nächstes wurde die Fahrerin aus dem Wrack geschnitten.
Was für ein Glück, dass wir einen Kinderarzt vor Ort haben. Zoe wäre zwar auch damit fertig geworden, sie hatte die nötigen Qualifikationen. Aber sie war froh, sich nicht um ein Baby kümmern zu müssen. Das hätte die wichtige Grenze zwischen ihrem Privat- und ihrem Berufsleben unangenehm verwischt.
Geübt und professionell versorgte sie die Verletzte. Schlüsselbeinbruch, zerschmetterte Rippen und infolgedessen eine schwere Lungenverletzung lautete die erste Diagnose. Zoe musste intubieren und mit einer Kanüle den Druck aus dem Brustraum nehmen, bevor es zum Atemstillstand kam.
Aber auch danach war sie mit der Atmung der jungen Frau nicht zufrieden. Ihr Blutdruck sank immer noch, ein Zeichen für weitere innere Verletzungen.
„Ich möchte mitfliegen“, erklärte sie Tom, der ihr half, die Patientin für den Transport zu stabilisieren. „Wenn die Kollegen von der Luftrettung nichts dagegen haben, überwache ich diesen Hämatothorax gern selbst.“
„Haben wir nicht“, sagte einer der Angesprochenen grinsend über die Schulter. „Willkommen an Bord, Rotschopf, jederzeit.“
Sie hatte diesen Spitznamen noch nie gemocht, aber er war vertraut und bestätigte ihr, was sie sich am meisten wünschte: Sie gehörte dazu, selbst nach dieser langen, unfreiwilligen Pause.
Dennoch musste sie
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