Julia Bestseller Band 142
nach rechts und links. Furcht mischte sich in ihre Begeisterung über den unberührten Regenwald. Riesige Schlingpflanzen rankten sich dem Licht entgegen, andere bedeckten den Boden. Dazwischen wuchsen riesige Bäume, vereinzelt entdeckte sie bunte Blumen und Farne.
Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr. Grace blieb stehen und entdeckte einen winzigen farbenfrohen Frosch, der sich an einem Baumstamm festklammerte. Plötzlich erklang ein lautes Kreischen, ein rot gefiederter Vogel flog in die Baumkronen hinauf.
Sie konzentrierte sich wieder auf den Weg. Mittlerweile hatten sie den Hauptpfad verlassen und wanderten einen kleinen Nebenpfad entlang. Die Blätter der Bäume und Sträucher streiften ihre Arme und Beine. Aus dem Hintergrund drang ein Geräusch, das immer lauter wurde, je weiter sie gingen.
Plötzlich wurde der Pfad breiter, die Bäume standen weiter entfernt. Vor ihnen lag der Pool. Vor Überraschung und Begeisterung rang Grace nach Atem.
Ein Wasserfall ergoss sich in ein natürliches, von großen Steinen und hohen Farnen umgebenes Bassin. Die untergehende Abendsonne ließ das Wasser wie tausend Juwelen funkeln und glitzern.
„Es ist wunderschön.“ Grace blickte sich um, und Maria nickte.
„Bis die Nacht anbricht, ist es hier sicher. Seien Sie vorsichtig auf dem Rückweg. Gehen Sie an der ersten Gabelung nach links, dann nach rechts.“
Grace schaute auf den Pool. Der Marsch durch den Dschungel und die Enthüllungen über die Machenschaften in ihrer Firma hatten sie erschöpft. Sich auszuziehen und im kühlen Wasser zu entspannen, das war genau das Richtige. Später würde Grace das Abendessen hinter sich bringen. Dann würde sie endlich herausfinden, was genau in ihrer Firma ablief und wie sie Carlos und Filomena helfen konnte.
Rafael eilte mit großen Schritten den Pfad zum Pool entlang. Maria hatte seine Telefonkonferenz unterbrochen und berichtet, dass Grace schwimmen gegangen war.
Warum musste sie ausgerechnet diesen Zeitpunkt wählen? dachte er verärgert. Die Niederlassung in New York bereitete sich auf sehr komplizierte Verhandlungen vor und forderte beständig seine Aufmerksamkeit.
Natürlich hätte er Grace sich selbst überlassen können. Normalerweise suchten die wilden Tiere diesen Pool nicht auf, aber …
Er beschleunigte seine Schritte. Ein Blick zum Himmel verriet ihm, dass es bald dunkel sein würde.
Wie zur Bestätigung flammten nun die Lichter auf, die den Pfad säumten. Pfeilschnelle Libellen kreuzten Rafaels Weg.
Er erreichte die Gabelung und vernahm gleich darauf das Geräusch des Wasserfalls. Hastig legte er die letzten Meter zurück, bis er etwas Rotes sah. Wie ein exotisches Wesen glitt sie durch den Pool, geschmeidig und kräftig, ihr Körper schlank und anmutig, das blonde Haar offen.
Heiße Lust übermannte ihn. Fluchend steckte Rafael die Hände in die Hosentaschen und kämpfte gegen den impulsiven Drang an, sich zu Grace zu gesellen. Denn das würde nur Komplikationen nach sich ziehen, die er ganz und gar nicht gebrauchen konnte.
Was er brauchte, war unkomplizierter Sex – und den würde er von Grace Thacker nicht bekommen. Sie gehörte zur allerschlimmsten Sorte Frauen. Ihre Geldgier störte ihn im Vergleich dazu weniger – an dergleichen war er gewöhnt.
Er war sogar bereit, ihr Spiel bis zu einem gewissen Punkt mitzuspielen. Deshalb kannte Rafael die meisten Top-Juweliere der Welt. Nein, was ihn abhielt, war etwas völlig anderes. Grace war keine Frau, die nur Diamanten erwartete. Darüber hinaus wollte sie auch noch Worte der Liebe und Zuneigung. Sie war der Typ, der alles analysierte. Wenn man nur lange genug danach suchte, fand man auf alles eine Antwort, das war Grace’ Standpunkt. Selbst jetzt, beim Schwimmen im Pool, schien sie intensiv nachzudenken.
Plötzlich öffnete sie die Augen und sah ihn. „Bin ich zu spät zum Abendessen?“ Sie schwamm auf ihn zu. Im Schein der untergehenden Sonne schimmerte ihr Körper warm, die Wassertropfen in ihren Haaren glitzerten wie kleine Kristalle.
Rafael spürte einen so brennenden Hunger in sich aufsteigen, dass er seine persönlichen Verhaltensregeln gegenüber Frauen augenblicklich revidierte.
Also, sie redete zu viel und interessierte sich zu sehr für seine angeblichen seelischen Probleme. Na und? Er musste sie doch nur ein wenig ablenken und ihr beibringen, dass Oberflächlichkeit nichts Schlechtes war.
„Im Dschungel wird es sehr schnell dunkel, und auf den Pfaden kann man sich leicht
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