Julia Bestseller Band 145
keine andere Wahl hatten? Khalil war ihr Kronprinz. Eines Tages würde er ihr Sultan sein.
Und sie seine Frau.
Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken.
Machte sie sich bloß etwas vor, wenn sie sich einredete, in Al Ankhara leben zu können? Sie hatte doch bereits am eigenen Leib erfahren, wie die politische Struktur des Landes funktionierte. Konnte man auf die Loyalität der Einwohner bauen, wenn ihr zukünftiger Herrscher eine Frau heiratete, die aus einer völlig fremden Kultur stammte?
„Mylady.“
Layla blinzelte. Jal lächelte sie an.
„Wie ich hörte, sind Sie Studentin der Archäologie?“
Versuchte er etwa, eine Brücke zu bauen? Hatte sie ihn womöglich falsch beurteilt?
„Ja, das ist richtig“, entgegnete sie mit einem freundlichen Lächeln.
„Ah. Dann werden Sie die Geschichte des Palastes zu schätzen wissen. Dieser Raum hier stammt beispielsweise aus dem 12. Jahrhundert. Würden Sie mir die Freude erweisen, dass ich Sie auf einige der interessanteren Gegenstände aufmerksam mache?“
Sie warf einen raschen Blick zu Khalil hinüber. Er war in ein Gespräch mit zwei Ministern vertieft. Jal, der immer noch lächelte, deutete mit der Hand in Richtung des Kabinetts. Am liebsten hätte Layla ihn ignoriert, da sie sich in seiner Gegenwart unwohl fühlte. Allerdings würde man von Khalils zukünftiger Frau etwas mehr Diplomatie erwarten. Hier war die Gelegenheit, sie zu praktizieren.
Also lächelte sie höflich. „Das ist sehr nett von Ihnen, vielen Dank.“
Gemeinsam überquerten sie den großen Seidenteppich. Jal zeigte ihr einige wunderschöne Jadearbeiten, ein Porträt und eine filigrane Porzellandose, ehe sie vor dem Kabinett stehen blieben.
„Sehen Sie sie, Mylady?“
Layla betrachtete die Regale. Sie enthielten antike Bücher und eine Sammlung kunstvoller Schnitzereien.
„Was soll ich sehen?“, fragte sie.
„Die Zukunft“, entgegnete er kalt.
Verwirrt starrte sie ihn an.
„Die Zukunft des Prinzen, um genau zu sein. Wenn Sie möchten, dass er lebt, dann tun Sie genau das, was ich Ihnen auftrage.“
Sag etwas, ermahnte sie sich, doch sie war sprachlos. Jal lächelte noch immer – niemand würde vermuten, dass er ihr soeben gedroht hatte.
„Überzeugen Sie ihn davon, dieses lächerliche Spiel zu beenden, ehe es noch einen Schritt weitergeht. Haben Sie mich verstanden?“
Layla wollte antworten, aber sie brachte keinen Ton heraus.
„Hören Sie mir zu, Miss Addison. Wenn Ihnen der Prinz auch nur im Geringsten am Herzen liegt, dann werden Sie ihm raten, das Ganze zu stoppen, ehe die Dinge außer Kontrolle geraten und Menschen sterben müssen.“
Endlich fand sie die Sprache wieder, auch wenn ihre Stimme zitterte.
„Sie sind verrückt“, wisperte sie. „Wie können Sie solche Dinge zu mir sagen? Wenn ich es dem Prinzen weitererzähle …“
„Aber das werden Sie nicht tun, denn wenn Sie es täten, würden Sie damit Ihrer beider Todesurteil besiegeln.“
Alles im Raum drehte sich. Layla taumelte und griff panisch nach der Kante des Regals.
„Sein Leben“, zischte Jal, „liegt in Ihren Händen.“
„Layla?“ Sie spürte Khalils Arm um ihre Taille. Verzweifelt lehnte sie sich an ihn und suchte seine Stärke. „Was ist hier los?“, fragte er.
„Die Lady fühlte sich schwindlig, Mylord“, entgegnete Jal betont besorgt. „Vielleicht hat sie sich noch nicht an die Hitze gewöhnt?“
„Layla?“
Sie schaute zu dem Mann auf, den sie liebte. Sein Arm stützte sie, doch sein Blick lag auf Jal.
„Ja“, bestätigte sie mit einem zittrigen Lächeln, „genauso war es. Mir wurde … schwindlig, aber jetzt geht es mir wieder gut.“
Jal runzelte scheinheilig die Stirn. „Vielleicht braucht die Lady einen Schluck Wasser.“
Khalil warf ihm einen verächtlichen Blick zu. „Ich weiß, was die Lady braucht“, knurrte er.
Rasch hob er sie auf seine Arme und trug sie aus dem Raum. Layla legte ihren Kopf auf seine Schulter. Sie hörte das aufgeregte Getuschel hinter ihnen und vermutete, dass es nicht zur Tradition von Al Ankhara gehörte, dass der Prinz eine Frau davontrug.
Ob ein Attentat dazugehörte?
Khalil trug sie in seine Suite, legte sie sanft auf dem Bett ab und brachte ihr ein Glas eisgekühltes Wasser.
„Du musst nicht so ein Theater machen“, wehrte Layla ab.
Er lächelte. „Nein, das muss ich nicht, aber ich mache es trotzdem gerne.“ Sein Lächeln verschwand. „Hat Jal etwas gesagt, womit er dich verletzt hat?“
„Nein. Nein,
Weitere Kostenlose Bücher