Julia Collection Band 22
einmal passieren würde. Was er nicht so ganz verstand, war sein Wunsch, gern dabei zu sein.
Sie deutete auf einen Lederstuhl vor ihrem Schreibtisch. „Bitte nehmen Sie Platz, Mr. Walker.“
Caleb setzte sich und beobachtete, wie sie um den Schreibtisch herumging und sich in ihren Chefsessel setzte. „Da wir zusammenarbeiten werden, können wir doch auf die Formalitäten verzichten, oder?“, fragte er und überlegte, was in A.J. Merrick wohl vorging. „Nennen Sie mich Caleb.“
„Das möchte ich lieber nicht, Mr. Walker“, antwortete sie und schob einige Papiere auf dem Schreibtisch hin und her.
„Warum nicht?“ Es überraschte ihn nicht, dass sie sein Angebot ablehnte. Ärgern tat ihn nur seine eigene Beharrlichkeit. Warum war ihm so viel daran gelegen, sie aus der Reserve zu locken?
Sie hob den Blick. „Es würde die Dinge nur verkomplizieren, wenn es an der Zeit ist, dass Sie mich loswerden wollen.“
Was sollte das denn? Er hatte ihr doch noch gar keinen Grund gegeben, sich bedroht zu fühlen oder zu glauben, er wollte sie oder irgendjemand anderen feuern. Doch sie verhielt sich so, als wäre das eine abgemachte Sache.
Er beugte sich vor. „Woher haben Sie die aberwitzige Idee, dass ich Sie loswerden will?“
„Jedes Mal, wenn es in der Führungsetage einen Personalwechsel gibt, ist es dasselbe. Der neue Präsident oder Geschäftsführer bringt eigene Leute mit, die die Leitungsposten bekleiden sollen, und die alte Führungsriege ist Geschichte.“ Sie zuckte mit den Schultern, während sie Caleb direkt ansah. „Da ich die Geschäftsführerin bin, wird mein Kopf zuerst rollen.“
Caleb glaubte, ein leichtes Zittern in ihrer Stimme zu vernehmen. Doch da sie fortfuhr, ihn mit kühlem Blick zu mustern, entschied er, dass er es sich nur eingebildet hatte. A.J. Merrick war viel zu sehr Profi, als dass sie sich Gefühle geleistet hätte. Was ihn mehr schockierte als ihre eiserne Kontrolle, war sein plötzlicher Wunsch, herauszufinden, was sich hinter der kühlen Fassade verbarg und was sie so offensichtlich zu verstecken suchte.
„Ich kann Sie hier und jetzt beruhigen. Ich werde weder Sie noch sonst jemanden entlassen“, erklärte er. Sie konnte ja nicht wissen – und er hatte auch nicht vor, ihr davon zu erzählen –, dass er keine Ahnung hatte, wie man eine Finanzberatungsfirma leitete. Er war auf ihre Erfahrung angewiesen und musste sich auf sie verlassen, um nicht auf die Nase zu fallen. „Ihr Job ist genauso sicher wie vor der Übernahme durch Emerald Inc.“
Sie schob ihre Brille hoch. „Das sagen Sie jetzt, aber es ist eine bekannte Tatsache, dass es innerhalb von sechs Monaten nach einer Übernahme immer zu einer Umstrukturierung kommt.“
„Das mag bei einer feindlichen Übernahme der Fall sein, aber Emerald Larson hat diese Firma mit dem Segen von Frank Skerritt und Martin Crowe übernommen. Die beiden wollten sich zur Ruhe setzen, und keiner von ihnen hat Angehörige, die die Firma hätten leiten können.“
Während Caleb sie beobachtete, wie sie an ihrer Unterlippe nagte und seine Worte überdachte, überlegte er, ob ihre perfekt geformten Lippen wohl genauso weich und süß waren, wie sie aussahen. Er musste schlucken und entschied, dass er sich lieber auf das Geschäftliche konzentrieren sollte und nicht darauf, dass Miss Merricks Mund zum Küssen einlud.
„Ich werde …“, er räusperte sich, bevor er fortfuhr, „… einige kleinere Änderungen hier und dort vornehmen. Aber solange kein Angestellter kommt und mir selbst seine Kündigung auf den Tisch legt, wird niemand seinen Arbeitsplatz verlieren.“
„Wir werden sehen“, sagte sie leise.
Ihre Miene war völlig ausdruckslos und verriet nichts darüber, was sie dachte. Aber Caleb wusste, dass sie ihm kein Wort glaubte.
Nachdem er beschlossen hatte, dass es wohl einfacher wäre, ein Rudel Wölfe davon zu überzeugen, Vegetarier zu werden, als A.J. Merrick dazu zu bringen, zu glauben, dass ihr Job sicher war, atmete Caleb tief durch und stand auf. „Ich denke, ich werde mal herumgehen und mich einigen unserer Leute vorstellen.“
„Aber was ist mit unserer Besprechung morgen früh um zehn, Mr. Walker?“, fragte sie und stand ebenfalls auf.
Entdeckte er da einen Anflug von Panik in ihren schönen Augen?
Interessant. Es schien, als würde ein Traditions- oder Regelbruch A.J. Merrick aus der Bahn werfen. Das musste er sich merken.
„Ich heiße Caleb.“ Er zuckte mit den Schultern. „Es bleibt bei der
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