Julia Collection Band 28
konnte es ihr nicht verdenken.
„Du hast ein Mädchen geschwängert?“, fragte sie. „Und du weißt nicht einmal, was sie mit dem Kind gemacht hat?“
Er nickte. Damals hatte Olivia behauptet, Kinder seien ein Segen. Er hatte ihr das nicht geglaubt, bis Chad auf die Welt kam. Bei der Geburt seines Sohnes hatte er plötzlich an jenes andere Kind gedacht und daran, dass er Olivia eine Abtreibung vorgeschlagen hatte.
Seither plagte ihn das Gewissen. Als er später Dannis Hand bei den beiden weiteren Geburten hielt, dachte er wieder und wieder an das gesichtslose Neugeborene. Lebte es? Oder hatte Olivia sich seinem Wunsch gebeugt und es abgetrieben? Warum hatte er Olivia nicht schon früher gesucht?
Jared führte eine eigene Anwaltskanzlei für Wirtschaftsrecht mit erfolgreichen Filialen in mehreren Staaten. Vor Kurzem war er mit seiner Familie wieder nach Portland gezogen, wo er geboren worden war. Von hier aus wollte er eine Filiale für Oregon einrichten.
Bei der Gelegenheit hatte er tatsächlich überlegt, Olivia ausfindig zu machen und sie nach dem Kind zu fragen. Vielleicht war das ja auch der eigentliche Grund gewesen, aus dem er sich höchstpersönlich um den Aufbau eines Büros in Oregon kümmern wollte. Schließlich hätte er auch einen Partner herschicken können. Bisher hatte er allerdings mit der Suche nach Olivia nicht begonnen. Noch nicht.
„Als Olivia mir sagte, sie sei schwanger, bot ich ihr Geld für eine Abtreibung an. Sie hat abgelehnt, weil sie das Kind behalten wollte.“ Jared stützte sich auf den Schreibtisch. „Sobald ich mich an der Universität in Phoenix eingerichtet hatte, rief ich sie mehrmals an. Sie überlegte damals, ob sie das Kind austragen und zur Adoption freigeben sollte.“
„Und wie hat sie sich letztlich entschieden?“, fragte Danielle.
„Das weiß ich nicht. Ich habe sie dann noch ein Mal angerufen und gefragt, wie es ihr geht. Ich habe ihr auch Geld angeboten.“ Jared strich sich seufzend durchs Haar. „Damals habe ich nicht gearbeitet, aber ich hatte etwas gespart. Ich habe sie zur Adoption gedrängt, weil das meiner Meinung nach die beste Lösung war. Sie wurde wütend und sagte, sie würde meine Hilfe nicht brauchen. Dann hat sie aufgelegt.“
„Das ist das Ende der Geschichte?“
„Nein. Am nächsten Tag habe ich wieder angerufen. Ihre Mutter war am Apparat, aber Olivia hat mich nicht zurückgerufen.“
„Du hast es dabei belassen?“
„Nein. Das Baby sollte im Frühling auf die Welt kommen. Da habe ich wieder angerufen, aber der Anschluss existierte nicht mehr.“
„Und wie finden wir sie jetzt?“, fragte Danni, weil die Sorge um Mark stärker war als der Zorn auf ihren Mann.
„Das wird sicher sehr schwierig“, meinte Jared, „ich werde einen Privatdetektiv darauf ansetzen. Wir finden Olivia und das Kind.“
Hoffentlich noch rechtzeitig …
Das Essen bei den Cartwrights verlief in einer höchst angenehmen Atmosphäre. Sullivan war froh, das Angebot seines Klienten angenommen zu haben.
Es gab gegrilltes Steak, einen bunten Salat mit köstlichem Dressing, Kartoffeln und frisch gebackenes Brot, nach dem das ganze Haus duftete.
Donna Cartwright mochte auf die sechzig zugehen oder sogar schon darüber sein, war jedoch eine attraktive Frau mit schulterlangem rötlich blondem Haar. Außerdem war sie eine ausgezeichnete Köchin.
„Woher kommen Sie?“, erkundigte sich Donna freundlich.
„Ursprünglich aus Charleston, aber ich wohne seit fünf Jahren in Portland.“
„Ach ja?“, meinte sie äußerst interessiert. „Lebt Ihre Familie noch immer in Charleston?“
„Ja, allerdings.“ Seine Eltern wohnten in getrennten Häusern im selben feinen Stadtteil. Eigentlich wollten sie einander so weit wie möglich aus dem Weg gehen, konnten – oder wollten – jedoch nicht wegziehen. Dafür hatten sie zu viel investiert.
„Wie nett“, meinte Donna. „Wieso sind Sie nach Oregon gezogen?“
Wollte sie bloß plaudern, oder interessierte sie sich dafür, ob er verheiratet war? Schließlich war sie eine Mutter mit einer unverheirateten Tochter.
„Ich bin aus beruflichen Gründen nach Portland gekommen“, erwiderte er zurückhaltend. Und die anderen Gründe gingen außer ihm niemanden etwas an.
Er hatte es schlicht nicht ertragen, seine Exfrau am Arm von Gregory Atwater zu sehen. Wären sie auch nur noch ein einziges Mal bei einer gesellschaftlichen Veranstaltung zusammengetroffen, hätte Sullivan wahrscheinlich die Beherrschung verloren.
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