Julia Collection Band 51
und eine Welle heißen Verlangens überkam ihn, ohne dass er es hätte verhindern können.
Er küsste sie noch mal, doch dieses Mal dachte er nicht ans Üben oder an seinen Job. Nein, dieses Mal dachte er dabei nur an das Vergnügen, das es ihm bereitete, Patricia zu küssen. Sein Kuss wurde leidenschaftlicher, fordernder …
Und dann gab er sie frei und trat einen Schritt zurück.
„Entschuldige“, murmelte er seltsam atemlos. „Das ging über den Rahmen des Notwendigen hinaus. Wahrscheinlich werde ich erst noch herausfinden müssen, was angebracht und was unpassend ist. Solange wir Kollegen waren, hatte ich damit keine Probleme. Aber das hier“, er zuckte hilflos die Schultern, „ist etwas komplizierter.“
„Nein nein, ist schon in Ordnung“, erwiderte sie und legte die Stirn an seine Brust. „Es ist meine Schuld, ich war einfach nicht bei der Sache.“
„Nein“, widersprach er ruhig, „wenn überhaupt von Schuld geredet werden kann, dann ist es meine Schuld. Wir haben uns geküsst, und ich habe es etwas zu sehr genossen. Aber es war eben nur ein Kuss, nicht wahr?“
Sie hob den Kopf und bemühte sich um Unbeschwertheit. „Richtig. Nur ein Kuss.“
„Jetzt wissen wir, wie es geht, und zumindest werden wir nicht unsere Nasen aneinanderstoßen, falls wir es wiederholen müssen.“
Sie nickte und legte die Hand auf das Dach ihres Wagens. „Ich sollte jetzt wohl besser nach Hause fahren. Es ist schon recht spät.“
Er wollte sie nicht gehen lassen, aber er wusste auch, dass er sich nicht würde zurückhalten können und sie noch einmal küssen würde, wenn sie noch länger hier standen.
„Weißt du, es ist nicht deine Stelle, die auf dem Spiel steht“, meinte er leise.
Sie sah ihn mit undurchdringlicher Miene an. „Ich weiß.“
„Wenn du einen Rückzieher machen willst, kann ich das gut verstehen.“
„Wir sind Freunde, weißt du noch? Ich tue dir nur einen Gefallen.“
„Also gehen wir morgen Nachmittag zusammen auf unseren Einkaufsbummel?“
„Sicher.“ Sie ließ sich auf den Fahrersitz ihres Wagens gleiten. „Du rufst diesen Gascon an und machst für mich einen Termin aus, einverstanden?“
„Ja.“ Er lehnte sich auf die Wagentür. „Patricia, ich … Danke. Wirklich, vielen Dank.“
Sie nickte nur, und er drückte die Tür ins Schloss. Ohne sich noch einmal nach ihm umzusehen, fuhr sie davon.
Was erwartete sie von ihm?
Auf der Fahrt nach Hause stellte sich Sam immer wieder diese eine Frage. Er dachte so angestrengt darüber nach, dass er sogar seine Ausfahrt von der Stadtautobahn verpasste und einen Umweg fahren musste.
Er hatte Patricia immer als relativ unschuldig und keusch, vielleicht sogar ein wenig jungfernhaft angesehen. Eines stand fest: Während der letzten sechs Monate hatte er so eine Art Beschützerinstinkt für sie entwickelt. So, als wäre sie die jüngere Schwester, die er nie gehabt hatte.
Ja, das war sie für ihn – eine Schwester. Ihre Beziehung zueinander war durch gegenseitige Sympathie und den unbeschwerten Umgang miteinander gekennzeichnet. Auf jeden Fall wäre ihm nie der Gedanke gekommen, sie als geheimnisvoll oder gar kompliziert zu bezeichnen.
Doch jetzt kamen ihm Zweifel, ob unter diesen gestärkten weißen Blusen und den strengen Kostümen nicht doch eine weltgewandte Frau mit Erfahrung steckte.
Und außerdem – bei den Erfahrungen, die er in seinem eigenen Leben gemacht hatte, bat er andere nur äußerst ungern um einen Gefallen. Kein Mensch tat etwas für einen anderen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Was wollte sie von ihm? Was erwartete sie als Gegenleistung, dass sie bei dieser verrückten Farce mitmachte? Geld? Eine Beförderung? Eine Versetzung?
Was immer es auch sein mochte, Sam schwor sich, dass er es ihr geben würde.
6. KAPITEL
Patricia schlug die „Vogue“ auf und deutete auf die Seite, die sie sich markiert hatte.
„Hier. Genau so möchte ich aussehen. Ohne dieses Piercing natürlich, aber ansonsten genau so.“
Gascon sah auf das Foto, schnüffelte leise und schüttelte dann den Kopf. „Diese Frau da hat keine Augenbrauen. Das mag auf dem Laufsteg wirken, aber im wahren Leben sieht es scheußlich aus. Außerdem habe ich gehört, dass sie sie bleibend hat entfernen lassen.“
„Uh!“ Patricia schüttelte sich leicht. „Na schön, hier ist noch ein Foto.“ Sie blätterte auf eine andere Seite. „Dann will ich so aussehen. Nur den schwarzen Lippenstift natürlich nicht.“
Gascon studierte das Bild
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