Julia Collection Band 57
er ihren enttäuschten Gesichtsausdruck sah, hätte er sich am liebsten auf die Zunge gebissen. „Aber trotzdem ist das Ganze natürlich ein tolles Ereignis“, fügte er schnell hinzu, „und das Konzert ist meistens besonders gut.“ Er sah sie fragend an. „Wer hat dich eingeladen?“
Sie strich sich das Haar zurück und sah ihn forschend an. „Du?“
„Das ist nicht nötig, Liebste. Als meine Begleiterin brauchst du keine Einladung. Hier hat dich wohl jemand in eine ganz bestimmte Loge eingeladen.“
„Aber wer würde das tun?“ Sie wühlte in dem Poststapel und suchte den passenden Umschlag. „Gefunden!“ Sie las den Absender und wurde plötzlich ganz still. Sie ließ den cremefarbenen Umschlag sinken und flüsterte: „Die Einladung kommt von Letitia Rivers, deiner Großmutter.“
Jericho lachte leise. „Ihr Glück.“
Maria sah ihn misstrauisch an. „Hast du das veranlasst? Hast du ihr gesagt, sie sollte mich einladen?“
„Sie sollte dich einladen? Pah!“ Er rollte mit den Augen. „Wenn du sie besser kennst, wirst du sehr schnell begreifen, dass man Letitia nie zu etwas zwingen kann.“
„Vielleicht hast du sie darum gebeten.“
Jericho schüttelte heftig den Kopf. „So etwas würde ich nie wagen. Noch nicht einmal für dich.“
„Aber warum macht sie so was?“ Maria nahm die Einladung wieder in die Hand und las sie noch einmal. Sie konnte es einfach nicht glauben.
„Gibt es irgendwelche Vorschriften, dass ein altes Mädchen eine junge Frau nicht einladen darf? Vielleicht möchte sie mit dir während des Konzerts zusammen sein.“
„Nein, das kann ich nicht.“ Maria schüttelte heftig den Kopf. „Den Mut habe ich nicht.“
Jericho umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und sah sie ernst an. „Seit wann hat denn Maria Elena Delacroix Rivers vor irgendetwas Angst?“
Maria machte sich mit einer leichten Bewegung frei. „Seit Letitia Rivers mich eingeladen hat.“
„Die Große Dame der High Society von Belle Terre. Oder besser gesagt, der Drachen der High Society, so wird sie nämlich insgeheim genannt. Und ich weiß, sie kann unmöglich sein, wenn ihr danach ist.“ Plötzlich lachte er laut los und setzte sich neben Maria. „Und ich sollte es wissen, denn ich habe mit dieser Last mein ganzes Leben gelebt.“
„Last? Du liebst sie doch.“
„Von ganzem Herzen.“ Und jetzt mehr denn je, dachte Jericho. Diese unerwartete Geste war mehr als bloße Freundlichkeit. Letitia Rivers hatte Maria mit dieser persönlichen Einladung förmlich anerkannt. Kaum einer würde wagen, in Zukunft etwas gegen Maria zu sagen, wenn sie die Rückendeckung von der einflussreichen Letitia Rivers hatte.
Er nahm sie in die Arme. „Letitia Rivers ist die klügste Person, die ich kenne. Dicht gefolgt von Leah Rivers natürlich.“
„Natürlich.“ Maria schmiegte sich fest an ihn. In diesem Augenblick waren Gefahr, Vorurteile und starre Traditionen vergessen. Es gab nur noch Jericho für sie.
„Du wirst sie mögen, genauso wie meine Mutter.“
Maria fuhr leicht zusammen und verkrampfte sich wieder. „Die Frage ist nur, werden sie mich auch mögen?“
„Das ist doch bereits klar. Wenn nicht, hätten sie dir nicht diese Einladung geschickt.“
„Aber sie können doch gar nicht wissen, ob sie mich mögen. Sie kennen mich doch gar nicht. Vielleicht wollen sie nur die Frau unter die Lupe nehmen, mit der ihr Sohn und Enkel schläft.“
Jericho sah sie überrascht an. „Erst einmal, mit wem ich schlafe oder nicht schlafe, ist allein meine Angelegenheit und geht sie gar nichts an. Dieses Thema haben wir schon früher erledigt. Zweitens, falls sie dich nur unter die Lupe nehmen wollten, hätten sie dich zu sich nach Hause eingeladen. Nein, diese offizielle Einladung ist wie ein Ritterschlag. Außerdem will Grandmère damit ganz bewusst die alten Familien provozieren.“
Maria blickte ihm forschend ins Gesicht. Wollte er sie nur beruhigen? „Ein Ritterschlag für jemanden, den sie nicht kennen?“, flüsterte sie. „Das ergibt doch keinen Sinn.“
„Du bist ihnen doch nicht fremd. Weder Großmutter noch Mutter.“
Das Holz knackte, und die Flammen zischten leise. Alles wirkte so friedlich, und Maria sehnte sich danach, Jericho zu glauben. „Woher weißt du das?“
Jericho strich ihr sanft über den Arm, dann legte er ihr die Hand leicht in den Nacken. „Als wir noch Kinder waren, hatte ich mal ein Gespräch mit Grandmère.“
„Über mich?“
Er nickte. „Sie wusste schon damals
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