Julia Exklusiv 0227
Gefühl, dass Nikos die Wahrheit sagte.
„Ich kann doch nicht …“
„Selbstverständlich nicht“, unterbrach er sie barsch. „Deshalb sollten Sie jetzt zum Haupthaus gehen und meinem Vater sagen, dass Sie mit seinem Plan nichts zu tun haben wollen und es für Sie keinen Grund gibt, hier zu bleiben.“
Doch den gab es. Mari dachte an das riesige alte Haus ihrer Tanten. Es war ihr ganzer Stolz, das Vermächtnis ihres leichtsinnigen Vaters. Es war ein Fass ohne Boden, aber sie würden es niemals aufgeben.
Mari hörte im Geist ihre Tante Em mit ängstlicher Stimme fragen: „Wo sollen wir denn hin, Kind? Wir haben unser ganzes Leben hier verbracht.“
„Ich kann mit Em nicht in ein Altersheim ziehen“, sagte Tante Betty immer wieder. „Das würde sie nicht überleben.“
Vermutlich nicht, dachte Mari. Tante Em hatte ein schwaches Herz. Sie durfte auf keinen Fall erfahren, dass Tante Betty erfolglos versucht hatte, die Haushaltskasse durch Pferdewetten aufzubessern.
Wahrscheinlich würde es beide umbringen, ihr Haus verlassen zu müssen. Sie, Mari, musste also dafür sorgen, dass es nicht dazu kam. Mit Stavros Costanides’ Zuschuss könnte sie die Wettschulden bezahlen und das Dach reparieren lassen.
„Nein“, sagte sie jetzt, „das geht nicht.“
Nikos sah sie aufgebracht an. „Und warum nicht?“
„Ich brauche diesen Job.“
„Wie viel Geld hat er Ihnen geboten?“
Mari sah ihn irritiert an. „Wie bitte?“
„Offenbar eine beträchtliche Summe“, sagte Nikos ungeduldig. „Ich zahle Ihnen mehr, wenn Sie verschwinden.“
Ein verlockendes Angebot. Mari hätte es am liebsten angenommen. Aber …
Sie schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht tun.“
„Was soll das heißen?“
„Ich muss an meinen Ruf denken.“
„Woran?“ Nikos wirkte plötzlich sehr zornig.
„Ich habe mir in meinem Beruf einen Namen gemacht.“ Mari spürte, dass sie errötete. Er würde ihre fadenscheinige Ausrede sicher sofort durchschauen. „Nicht in dem Beruf, an den Sie vorhin dachten.“
Nikos biss die Zähne zusammen. Er sah Mari wütend an, aber sie hielt dem Blick stand.
„Sie müssen nichts weiter tun, als sich zusammenzureißen“, sagte sie leise.
„Vergessen Sie es. Ich werde mich meinem Vater garantiert nicht unterwerfen!“
Mari atmete tief durch und zuckte die Schultern. „Dann eben nicht.“
Nikos fuhr sich ungeduldig durchs Haar und kniff dann die Augen zusammen. „Wollen Sie damit sagen, dass Sie bleiben, Miss Lewis?“
Sag Nein, befahl sie sich. Vergiss deinen Ruf, die Tanten und die hunderttausend Dollar! Sei vernünftig.
Als Nikos Costanides sie geküsst hatte, war etwas mit ihr geschehen. Dabei war es nun wirklich nicht ihr erster Kuss gewesen. Schließlich hatte sie schon einmal einen Verlobten gehabt. Doch Wards Küsse hatten nie einen bleibenden Eindruck bei ihr hinterlassen.
Sie glaubte, Nikos’ Lippen noch immer auf ihren zu spüren. Er hatte eine verborgene Saite in ihr zum Klingen gebracht.
Und sie, Mari, hatte nicht geahnt, dass sie so überhaupt reagieren könnte. Sie sehnte sich danach, mehr darüber herauszufinden.
Dennoch war es verrückt, das Kindermädchen dieses erwachsenen Mannes zu werden, egal, aus welchem Grund oder zu welchem Preis.
Sie war eine vernünftige Frau, die mit beiden Beinen auf der Erde stand.
„Menschen, die mit beiden Beinen auf der Erde stehen, sind noch nie geflogen“, hatte ihr Onkel Arthur, der Lebenskünstler, immer gesagt, Mari dabei zugezwinkert und sie herausfordernd angesehen.
Mari atmete tief durch und sagte: „Ja.“
2. KAPITEL
Sie hatte den Verstand verloren.
Eine neunundzwanzigjährige Jungfrau, die noch nie den leisesten Anflug von Erregung gespürt hatte, nicht einmal, wenn sie den Mann geküsst hatte, mit dem sie drei Jahre lang verlobt gewesen war. Es war völlig ausgeschlossen, dass sie bei einem Mann blieb, der vermutlich Nonnen zum Frühstück verspeiste.
Aber sie hatte sich festgelegt.
Mari sah keine Möglichkeit, aus der Sache herauszukommen.
Sie hatte Stavros Costanides ihr Wort gegeben, auch wenn er nicht ganz ehrlich gewesen war. Außerdem ging es um ihren Stolz und ihre Berufsehre.
Doch das war nicht alles. In letzter Zeit fühlte sie sich irgendwie unzulänglich.
Zumindest hatte Ward sie dafür gehalten.
„Willst du wissen, warum ich Schluss mache?“, hatte ihr Verlobter Ward Bishop letzten Monat gefragt, als er Mari eröffnet hatte, dass er sie nicht mehr heiraten wolle.
„Du bist gefühllos,
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