Julia Exklusiv 0227
abziehenden Bluterguss an seiner linken Schläfe.
„Geht es Ihnen gut?“, fragte sie schnell.
Er sah sie an. „Sieht man das nicht?“
Seine ausdruckslose Stimme verwunderte sie. Sie fragte sich, ob er von seinem körperlichen Zustand gesprochen hatte.
Vielleicht sagte er die Wahrheit. Mari schluckte und versuchte, den Gedanken zu verdrängen.
Stavros Costanides hatte sie als Kindermädchen für seinen Sohn eingestellt. Seinen kleinen Sohn! Sie hatte ein Foto von ihm auf der Kommode in Stavros’ Büro gesehen.
„Ist das Nikos?“, hatte sie ihn gefragt.
Stavros hatte stolz gelächelt und das Bild zur Hand genommen. „Das ist mein Sohn.“
Nikos, hatte Mari angenommen.
Aber Stavros hatte nicht gesagt: „Das ist mein Sohn Nikos.“
Und dieser verflixt attraktive Mann, der vor ihr saß, war …
„Sie sind Nikos?“, fragte sie leise. „Das ist kein Witz?“
Er sah sie eindringlich an und schüttelte langsam den Kopf. „Kein Witz.“
„Aber das ergibt keinen Sinn. Warum sollte er …“ Sie verstummte. „Ich hatte den Eindruck, dass es sich um einen Vierjährigen handelt. Ich habe ein Foto von ihm gesehen!“ Sie sah Nikos vorwurfsvoll an.
„Er hat einen vierjährigen Sohn. Mein Halbbruder Alexander.“
„Dann muss es sich um einen Irrtum handeln.“
„Um keinen Irrtum.“
„Aber …“
„Mein Vater möchte mir eine Lektion erteilen. Er ist der Meinung, dass ich mein Leben vergeude. Angeblich bin ich nicht in der Lage, die Verantwortung für sein verdammtes Imperium zu übernehmen und als ältester Sohn in die Fußstapfen meines Vaters zu treten.“ Nikos klang sehr verbittert, und seine dunklen Augen blitzten. Mari gab sich alle Mühe, unter seinem Blick nicht zusammenzuzucken.
Als Kindermädchen wusste sie allerdings, dass selbst das leiseste Anzeichen von Schwäche ihr Untergang sein konnte. Sich niemals einschüchtern zu lassen war die goldene Regel im Umgang mit ihren Schützlingen.
Ihren Schützlingen?
Es war sicher ein Scherz, dass sie das Kindermädchen dieses Mannes sein sollte, oder?
Stavros Costanides würde bestimmt jeden Moment hereinkommen und verkünden, dass sein Sohn die Lektion gelernt habe, und sie würden alle herzlich lachen. Dann würde sie, Mari, endlich ihre Stelle als Kindermädchen für den kleinen Alexander antreten.
Hoffentlich! Sie war auf diese Stelle angewiesen. Sie konnte es sich nicht leisten, arbeitslos zu sein.
Tante Emmaline und Tante Betty würden obdachlos werden, wenn sie diesen Job nicht behielt. Stavros Costanides’ Anruf war ein Geschenk des Himmels gewesen.
„Ich habe in einer Zeitschrift über Sie gelesen“, hatte er gesagt. „Sie sind die Frau, die selbst schwierige Kinder in kleine Engel verwandeln kann.“
Mari lachte verlegen. „Die Verfasserin hat ein wenig übertrieben“, gestand sie. Der Artikel war in der letzten Ausgabe eines Eltern-Magazins erschienen. Sie erinnerte sich noch genau an den Titel: Mari ist nicht Mary. Aber dieses Kindermädchen stellt selbst die Poppins in den Schatten! Der Bericht hatte Maris Begabung im Umgang mit Problemkindern gelobt. „Ich habe ihren Neffen zwei Jahre lang betreut.“
„War er ein schwieriges Kind?“
„Allerdings.“
„Das ist mein Sohn auch.“
Sie nahm an, dass er damit seinen vierjährigen Sohn meinte.
Stavros hatte ihr einen Zuschuss zum Gehalt angeboten, als sie sich mit ihm getroffen hatte. Er schilderte die Dickköpfigkeit seines Sohnes und sprach von dessen Weigerung, die väterliche Autorität anzuerkennen.
„Ich dachte, ich könnte die Sache selbst in Ordnung bringen“, sagte er resigniert. „Das war mir leider unmöglich. Wenn Sie es schaffen, ihn innerhalb von sechs Monaten zu erziehen, bekommen Sie hunderttausend Dollar.“
Mari blickte ihn fassungslos an.
Stavros stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch. „Falls Sie vorher aufgeben, schulden Sie mir zehn.“
„Zehn?“
„… tausend Dollar.“
Stavros Costanides bedeutete die Summe nichts. In Maris angespannter finanzieller Situation bedeutete sie einen riesigen Schuldenberg.
Aber soweit würde sie es nicht kommen lassen. Sie würde nicht aufgeben!
„In Ordnung“, hatte sie gesagt.
„Ihr Vater muss sich einen Scherz erlaubt haben“, sagte sie jetzt zu Nikos, der sie beobachtet hatte, während ihr all diese Gedanken durch den Kopf gegangen waren.
„Nein.“
„Aber …“
„Er hat Sie eingestellt, damit Sie mich erziehen.“
Mari wollte protestieren, hatte aber allmählich das
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