Julia Extra 0357
dass der Steward, der gerade die Kabine betrat, sich schnell wieder zurückzog. „Wie kannst du mich so im Stich lassen?“
Fassungslos über ihre Ignoranz, betrachtete er Ruby stirnrunzelnd. Offenbar ahnte sie nicht, dass jedem seiner Schritte sorgfältige Planung und schärfste Sicherheitsvorkehrungen vorausgingen und das auch bald auf sie zutreffen würde. Da er wusste, dass der Terminplan eines Herrschers Monate im Voraus feststand, sah er keinen Spielraum für Änderungen. „Inwiefern sollte ich dich im Stich lassen?“
Er vermittelte ihr das Gefühl, dass sie melodramatisch war. Wieder errötete Ruby und verzog den Mund. „Du bist schließlich mein Ehemann.“
Verwundert über ihre Worte, zog Raja eine Braue hoch. „Aber deinen Worten zufolge tun wir nur so, als ob.“
In ihren Augen lag ein vorwurfsvoller Ausdruck. „Ein Ehemann sollte seiner Frau gegenüber loyal sein und sie unterstützen“, erklärte sie aufgebracht. „Ich weiß noch nicht, wie eine Prinzessin sich verhalten muss, und wenn ich etwas falsch mache, brüskiere ich die Leute womöglich. Ist dir der Gedanke noch gar nicht gekommen? Du kannst mich nicht einfach an einem fremden Ort allein lassen. Ich bin auf deine Hilfe angewiesen!“
Raja, der nicht damit gerechnet hatte, dass seine couragierte Braut in Panik geraten könnte, setzte eine strenge Miene auf. „Leider ist vorgesehen, dass wir heute Nachmittag getrennte Wege gehen. Ich kann es jetzt nicht mehr umstoßen. Wir landen gleich in Najar, ich werde zu Hause erwartet, und du fliegst allein nach Ashur.“
Dass sie die Nerven verloren hatte, war ihr plötzlich peinlich. Entschlossen setzte Ruby sich wieder und sagte steif: „Also gut. Mach dir keine Gedanken – ich komme schon zurecht. Schließlich bin ich es gewohnt, allein zu sein.“
Dann verfiel sie in Schweigen. Sie war wütend auf sich selbst, weil sie Raja gezeigt hatte, wie unsicher sie war. Was hatte sie denn von ihm erwartet? Dass er sie unterstützte? Wann hatte sie das bei einem Mann je erlebt? Er hatte andere Prioritäten als sie, und ihre Ehe, ihre Beziehung, war eine Farce. Traurig verzog Ruby den Mund. Wenn sie nicht mit ihm schlief, war sie auf sich allein gestellt, und das war nicht Neues für sie …
4. KAPITEL
Als Ruby die Gangway betrat, schlug ihr feuchte Hitze entgegen, und es schien ihr, als würden ihre Sachen am Körper kleben. In einiger Entfernung schimmerte das Flughafengebäude, eine architektonische Meisterleistung, in der Sonne. Unten wurde sie von einem Mann empfangen, der sich tief verneigte und dann auf ein kleineres, etwa fünfzig Meter entferntes Flugzeug deutete. Nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, folgte sie ihm.
Plötzlich unentschlossen, was völlig untypisch für ihn war, blieb Raja oben auf der Gangway stehen und presste die Lippen zusammen. Er durfte Ruby nicht enttäuschen. Hätte er von ihr nicht auch Rücksichtnahme erwartet? Da ihre Rolle neu für sie war, war selbst eine vorübergehende Trennung keine gute Idee. Natürlich war Ruby verunsichert, und ihm war klar, dass man sie sofort kritisieren würde, wenn sie etwas falsch machte.
Er ging die Treppe hinunter und wandte sich an den Hofbeamten, um diesem mitzuteilen, dass er seine Pläne geändert habe. Ohne dessen bestürzte Reaktion zu beachten, eilte er zu der anderen Maschine, die gleich starten würde. Sein Sicherheitschef lief hinter ihm her, ihm wurde jedoch bedeutet, dass in dem kleinen Flugzeug kein Platz für ihn sei.
Panik überkam sie, als Ruby in der Kabine den Gurt anlegte. Sie war noch nie in einer so kleinen Maschine geflogen und war furchtbar nervös. Als ein junger Mann mit einem Tablett erschien, nahm sie das Glas darauf dankbar entgegen und leerte es mit wenigen Schlucken. Der Inhalt schmeckte wie aromatisiertes Mineralwasser, das allerdings einen bitteren Nachgeschmack hatte. Sie rang sich ein Lächeln ab, als sie das Glas aufs Tablett zurückstellte, und der Steward zog sich wieder zurück.
Wenige Sekunden später hörte sie noch jemanden an Bord gehen, und im nächsten Moment sank Raja auf den Sitz neben ihr. Verblüfft drehte sie sich zu ihm. „Hast du es dir anders überlegt? Kommst du mit?“
Raja nickte. Ihr strahlendes Lächeln wärmte ihm das Herz.
Ruby musste an die bevorstehende Hochzeitsnacht und seine Frage denken, ob ihre Worte ein Angebot seien. Aber war das nicht albern? Ein attraktiver Mann wie er wäre kaum so verzweifelt, eine Frau zu begehren, die ihn nicht
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