Julia Extra 0357
wollte.
Derselbe junge Mann erschien wieder mit einem neuen Glas. Als er Raja sah, fiel er jedoch auf die Knie und verbeugte sich, wobei er fast das Tablett fallen gelassen hätte.
„Was hatte er denn?“, flüsterte Ruby, nachdem Raja das Glas genommen und der Steward die Maschine wieder verlassen hatte.
„Er hat mich erst im letzten Moment erkannt. Als ich an Bord ging, dachte er anscheinend, ich wäre einer deiner Leibwächter.“
Inzwischen liefen die Motoren, und das Flugzeug wendete.
„Ich habe jetzt Leibwächter?“
„Ja, natürlich. Ich schätze, sie sitzen vorn beim Piloten.“ Auch Raja leerte das Glas in wenigen Schlucken und verzog bei dem bitteren Nachgeschmack das Gesicht.
Plötzlich wurde ihr schwindelig, und Ruby blinzelte und atmete tief durch, um einen klaren Kopf zu bekommen. „Ich bin furchtbar nervös. Ich mag keine kleinen Flugzeuge.“
„Es wird nichts passieren“, versicherte er.
Sobald die Maschine abhob, umklammerte Ruby krampfhaft die Armlehnen und schloss die Augen.
„Steht dir der Sinn nicht nach einer Hochzeitsnacht?“, zog Raja sie auf, um sie auf andere Gedanken zu bringen.
Daraufhin öffnete sie die Lider und wandte sich zu ihm um. Erst jetzt stellte er fest, dass ihre Pupillen geweitet waren. „Hast du irgendwelche Tabletten genommen?“, fragte er.
„Nein“, erwiderte sie mit schwerer Zunge. „Warum?“
Jetzt merkte Raja, wie ihm auch schwindlig wurde. „Sie müssen uns etwas in das Getränk gemischt haben!“, rief er und sprang auf.
„Was … meinst … du?“ Ihr Kopf sank nach vorn.
Im Gang hätte Raja beinah das Gleichgewicht verloren. Er wollte die Tür zum Cockpit öffnen, doch diese war verschlossen. Wütend hämmerte er dagegen und ließ den Arm dann sinken. Im nächsten Moment gaben seine Beine unter ihm nach, und er sank auf die Knie. Mit einem Blick in ihre Richtung stellte er fest, dass Ruby bewusstlos auf ihrem Sitz zusammengesunken war. Und er war nicht in der Lage, sie zu beschützen.
Als Ruby das Bewusstsein wiedererlangte, war es dunkel, und fremde Geräusche drangen an ihr Ohr. Der Geruch von Leder und der schwache Duft von Kaffee stiegen ihr in die Nase. Sie war völlig durcheinander und fühlte sich entsetzlich, weil sie starke Kopfschmerzen hatte und fror. Langsam setzte sie sich auf. Alles tat ihr weh. Sie trug noch immer das Kostüm, aber keine Schuhe mehr, und der Boden unter ihr war hart.
„Wo bin ich?“, brachte sie hervor.
„Ruby?“ Das war Rajas Stimme, und Ruby verspannte sich nervös, als sie eine Bewegung und ein Rascheln vernahm.
Im nächsten Moment wurde ein Streichholz entzündet, und eine Öllampe verbreitete schwaches Licht. Verblüfft stellte Ruby fest, dass sie sich in einem Zelt befand und ein Mann vor ihr stand. Sie war unendlich erleichtert, als sie Raja erkannte. Anders als sie war er fast nackt und trug lediglich Boxershorts.
„Was ist passiert?“, fragte sie in einem Anflug von Panik und schauderte vor Kälte. „Was machen wir in einem Zelt?“
Raja hockte sich vor sie. Der Anblick seiner markanten, perfekten Züge zog sie für eine Weile völlig in seinen Bann.
„Man hat uns gekidnappt und mitten in der Wüste von Ashuri ausgesetzt. Wir haben weder ein Telefon noch sonst etwas, womit wir Kontakt zur Außenwelt aufnehmen können …“
„Gekidnappt?“, brachte sie hervor. „Warum, in aller Welt, sollte uns jemand entführen?“
„Um unsere Hochzeit zu verhindern.“
„Aber wir sind schon …“
„Verheiratet“, ergänzte er ausdruckslos und presste dann die Lippen zusammen, als hätte ihm nichts Schlimmeres passieren können als das. „Offenbar sind die Entführer davon ausgegangen, dass die Hochzeit übermorgen in der Moschee von Simis stattfinden würde. Ich glaube, man hat für den Nachmittag eine Trauzeremonie und Friedensfeier geplant.“
„Oh nein!“ Verzweifelt versuchte sie, einen klaren Gedanken zu fassen. „Aber wenn wir in der Wüste sind, warum ist es dann so kalt?“
„Nachts sinken die Temperaturen in der Wüste sehr stark ab.“ Raja hob die Decke auf, die zu ihren Füßen lag, und hängte sie ihr um die Schultern.
„Du frierst nicht“, bemerkte Ruby beinah trotzig, während sie sich in die Decke wickelte.
„Nein“, bestätigte er.
„Mit einer Entführung hatte ich nicht gerechnet“, sagte sie mit bebender Stimme.
„Es ist vielleicht kein Trost, aber ich bin mir sicher, dass niemand dir Schaden zufügen wollte. Eigentlich sollte ich nicht bei dir
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