Julia Extra 0357
was von ihm gehört?“, fragte Thomas ungläubig.
„Nein. Jedenfalls nicht persönlich.“
„Das tut mir sehr leid.“ Mitfühlend sah Nana Jo sie an.
Thomas, der sich schuldbewusst fühlte, weil er sie praktisch zu dieser Erklärung gezwungen hatte, griff nach ihrer freien Hand und verschränkte die Finger mit seinen. Impulsiv zog er ihre Hand ans Herz. „Ich hatte ja keine Ahnung, Elizabeth“, raunte er bedauernd.
Behutsam entwand sie ihm ihre Hand und schob sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Woher auch? Ich rede ja nicht darüber.“
„Aber du denkst jeden Tag an ihn“, vermutete Nana Jo.
„Ja.“
„So geht es Tommy mit seinem Vater.“
Mit dieser Behauptung erwischte sie Thomas auf dem falschen Fuß. „Mir ist völlig egal, wo er ist und was er macht, solange er nicht bei mir auftaucht, weil er seinen Deckel nicht bezahlen kann“, stieß er in scharfem Tonfall hervor.
„Thomas Jonathan Waverly!“
Wie ein gescholtenes Kind ließ er den Kopf hängen. „Entschuldigung.“ Dann entschuldigte er sich auch bei Elizabeth.
„Schon vergessen.“ Sie lächelte ihm beruhigend zu.
In diesem Moment fegte eine Windbö die Papierservietten vom Tisch. Thomas und Elizabeth sprangen auf, um sie wieder einzufangen, bevor sie über die Brüstung gewirbelt werden konnten. Dabei fuhr eine Brise durch Elizabeths Haar. „Oje, ich muss ja schrecklich aussehen“, rief sie aus.
„Ganz im Gegenteil. Ich liebe es, wenn dein Haar verwuschelt ist“, raunte Thomas, und gab der Versuchung nach, ihr zärtlich eine Strähne hinters Ohr zu schieben. „Es erinnert mich an den Abend, an dem ich meine Hände durch dein wunderschönes seidiges Haar geschoben habe.“ Er nutzte die Gunst der Stunde und gab Elizabeth einen flüchtigen Kuss. Um Nana Jo zu beeindrucken? Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Beide Frauen seufzten hingerissen.
„Ach, es ist so schön, verliebt zu sein“, sagte Nana Jo wehmütig.
Verliebt? Thomas hatte plötzlich ein ganz seltsames Gefühl. Bevor er es analysieren konnte, rief Nana Jo entsetzt: „Um Himmels willen, Beth! Wo ist dein Verlobungsring?“
Siedend heiß fiel dem armen Mann ein, wo der Ring steckte. Im Fischgrätensakko in Elizabeths Küche!
„Ich … ich …“ Hilfe suchend sah Elizabeth ihren „Verlobten“ an.
„Er ist ihr zu groß und muss kleiner gemacht werden“, erklärte Thomas aus dem Stegreif und drückte Elizabeth einen Kuss auf den nackten Ringfinger der linken Hand.
„Ach so.“ Nana Jo musterte ihn misstrauisch. Schon als Kind hatte er ihr nichts vormachen können. „Dann beschreib ihn mir wenigstens, Beth, wenn ich ihn schon nicht mit eigenen Augen bewundern kann.“
Elizabeth wurde kreidebleich. Erneut musste Thomas in die Bresche springen.
„Du kennst ihn, Nana Jo. Es ist Moms Ring.“
„Das ist ja wundervoll!“ Sie lächelte gerührt. „Ich freue mich sehr für dich, Beth. Es ist ein sehr hübscher Ring.“
Ja, dachte Thomas, aber irgendwie doch nicht passend für Elizabeth. Bevor er diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, hob seine Großmutter ihr Glas.
„Herzlichen Glückwunsch zur Verlobung. Ich trinke auf euren Start in ein wunderschönes gemeinsames Leben.“
Lächelnd stießen sie darauf an. Alles wie geplant, dachte Thomas. Und doch fühlte es sich nicht richtig an.
9. KAPITEL
Der Rest des ersten Tages verlief ohne weitere Zwischenfälle. Zum Abendessen gab es von Thomas auf dem Balkon gegrillte Hamburger, zu denen Coleslaw und Kartoffelsalat gereicht wurden. Statt anschließend auszugehen, wie Nana Jo verständnisvoll vorgeschlagen hatte, beschlossen sie, auch den Abend mit ihr zu verbringen. Allerdings schwante Thomas Böses, als seine Großmutter die alten Fotoalben auf den Wohnzimmertisch legte.
„Wehe du zeigst ihr das Bild, auf dem ich …“, rief er warnend.
„Zu spät.“ Nana Jo lächelte schadenfroh. „Sieh mal! Tommy beim Rasieren, als er zwölf war.“
„Mit zwölf!“ Elizabeth kicherte ungläubig.
Thomas stöhnte laut auf, als Nana Jo umblätterte. Das nächste Foto zeigte ihn mit vierzehn – im Anzug mit einem gleichaltrigen Mädchen. Hannah, wenn er sich richtig erinnerte. Sie überragte ihn, weil ihr Haar zu einer Hochfrisur aufgetürmt war.
„Tolle Frisur“, fand Elizabeth.
„So eine hattest du in dem Alter bestimmt auch.“
„Ich doch nicht“, widersprach sie lachend. „War sie deine erste Freundin?“
„Nein! Sie ist die Enkelin von einer Freundin von Nana Jo.“
„Er nimmt es mir
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