Julia Extra 260
Morgen war angebrochen, und sie lag allein in dem riesigen Bett. Schlaftrunken stand sie auf und rief erneut nach Theo – vergeblich.
Die Yacht musste abgelegt haben, denn bei einem Blick aus dem großen Bullauge sah Miranda weit und breit nur das Meer. Dabei hatte Theo doch gesagt, sie würden die Flitterwochen auf Kalmos verbringen.
Sie duschte, hüllte sich in einen Bademantel und hob lächelnd das noch am Boden liegende Hochzeitskleid und die anderen Kleidungsstücke auf. Was für eine Nacht, dachte sie verträumt und erhoffte sich bald eine Wiederholung. Dass die Liebe so viel Spaß machen konnte …
Ungeduldig machte Miranda sich auf die Suche nach ihrem abtrünnigen Ehemann.
Er saß an dem Tisch, der gestern Abend so festlich gedeckt gewesen war. Nun befanden sich nur eine Tasse Kaffee, ein Stapel Papiere und Theos Satellitentelefon auf dem Tisch.
Theo bemerkte sie erst, als sie ihn von hinten umarmte und ihn auf den Nacken küsste. „Guten Morgen, Liebster. Warum hast du mich nicht geweckt?“
Er löste sich aus ihrer Umarmung und sagte: „Entschuldige, ich muss das hier lesen. Warum frühstückst du nicht inzwischen?“
Enttäuscht über die kühle Begrüßung wich sie zurück.
„Ich habe da drüben für dich decken lassen.“
Am anderen Ende des Tisches! So weit entfernt wie möglich von Theo und seinen Papieren. Ob Theo ein Morgenmuffel war? Oder wieso verhielt er sich plötzlich so abweisend?
Als ein Steward mit einer Karaffe Orangensaft an den Tisch kam und nach ihren Wünschen fürs Frühstück fragte, bat sie ihn, näher bei Theo zu decken und ihr dort den Stuhl hinzustellen.
„Entschuldige, dass ich hier im Bademantel auftauche“, sagte sie dann zu Theo, „aber ich habe keine Kleidung dabei. Ich wusste ja nicht, dass wir in See stechen, sonst hätte ich meinen Koffer gepackt.“
Keine Reaktion.
Sie wartete, bis der Steward wieder verschwunden war. „Was ist los, Theo?“
„Nichts, ich muss nur diese Unterlagen lesen.“
„Am Morgen nach unserer Hochzeitsnacht?“
„Tut mir leid, aber das hier duldet keinen Aufschub.“
„Trotzdem wird es warten müssen.“ Sie nahm ihm die Papiere aus der Hand. „Hör mal, ich habe nichts anzuziehen, und ich weiß nicht, wohin wir fahren. Du könntest dir wenigstens die Zeit nehmen, mir zu erklären, was los ist.“
„Begreif doch bitte, dass du nicht mit dem Jungen von nebenan verheiratet bist, Miranda. Ich muss mich jeden Tag um komplizierte Geschäftsangelegenheiten kümmern.“
„Dann wirst du dich daran gewöhnen müssen, mich in deinen Tag mit einzuplanen. Sonst können wir diese Ehe gleich vergessen.“ Sie war aufgestanden.
„Sag nicht so was!“
Jetzt hatte sie seine volle Aufmerksamkeit. „Du hast versprochen, dir Zeit für mich zu nehmen, damit wir einander besser kennenlernen. Und bereits am ersten Morgen unserer Ehe brichst du dein Versprechen. Du musst dich entscheiden, Theo: Entweder bist du mit deinem Unternehmen verheiratet oder mit mir. Beides geht nicht.“
9. KAPITEL
Zehn Minuten später bebte Miranda noch immer vor Wut und Enttäuschung. Ihre Hoffnung, Theo würde ihr in die Suite folgen, hatte sich nicht erfüllt.
War das Märchen schon zu Ende, bevor es richtig begonnen hatte? Verzweifelt überlegte sie hin und her, was sie tun sollte.Sie befanden sich mitten in der Ägäis, an Land schwimmen konnte sie nicht, und Theo würde ihr wahrscheinlich nicht gerade seinen Hubschrauber zur Verfügung stellen, damit sie ihn verlassen konnte.
Es gab nur eine Möglichkeit: Sie musste noch einmal versuchen, mit Theo zu reden.
„Kyrios Savakis telefoniert in seinem Büro“, teilte der Steward ihr mit, als sie an den Frühstückstisch zurückkehrte.
Aha. Er scherte sich also nicht den Deut um seine Frau! Sie folgte der Wegbeschreibung des Stewards und stand wenig später vor der richtigen Tür.
Entschlossen zog sie den Gürtel des Bademantels etwas enger, klopfte und betrat das Büro.
„Komm doch herein, Miranda.“
Geflissentlich überhörte sie die Ironie in seinem Tonfall und machte die Tür hinter sich zu. „Ich würde gern fünf Minuten deiner kostbaren Zeit beanspruchen.“
Theo saß an einem riesigen Schreibtisch im abgedunkelten Büro. „Willst du dich nicht setzen?“
„Danke, ich stehe lieber. Kann ich die Jalousien hochziehen?“
Er nickte.
Nachdem das erledigt war, öffnete Miranda auch noch das Fenster, um frische Luft hereinzulassen, bevor sie sagte: „Ich hatte dich gebeten, eine
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