JULIA EXTRA BAND 0262
mir auch Ihren Namen?“
„Lysander …“, überlegte Eleni laut. „Hat das nicht irgendwas mit den Spartanern zu tun?“
Dieser Kommentar kam so überraschend, dass er lauthals auflachte.
„Er war ein spartanischer General. Nicht besonders beliebt bei den Athenern, seit er sie schlug, um den Krieg auf dem Peloponnes zu beenden. Woher wissen Sie so etwas?“
„Ich interessiere mich einfach für Geschichte.“ Wieder wurde sie vor Verlegenheit rot, und Lysander musterte sie noch eindringlicher als zuvor.
„Ein faszinierendes Thema, darin gebe ich Ihnen Recht, trotzdem würde ich gern Ihren Namen wissen.“
Will ich überhaupt mit diesem gut aussehenden Fremden essen gehen?, fragte Eleni sich. Er war zwar sehr anziehend und charmant, aber konnte sie ihm auch vertrauen? Sie war ganz allein hier auf der Insel. Niemand kannte sie und würde ihr im Zweifelsfall zu Hilfe kommen.
Mach dich nicht lächerlich!, meldete sich eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. Nichts wird dir passieren, außer dass du ein paar angenehme Stunden verbringst. Um Himmels willen, Eleni, entspann dich endlich mal ein bisschen!
Entspannung. Dazu hatte Polly – ihre liebevolle, mitfühlende und manchmal ziemlich aufgebrachte Freundin – ihr immer wieder geraten. Besonders wenn Eleni wieder einmal Ausflüchte suchte, um einer Einladung oder irgendeinem gesellschaftlichen Event zu entgehen. Oder wenn sie ein Ereignis, das eigentlich vergnüglich sein sollte, im schwärzesten Licht vor sich sah. Aber die ständigen Ängste und Ermahnungen ihrer Eltern, bloß vorsichtig zu sein, waren eine nachhaltig harte Schule gewesen.
Rasch erinnerte Eleni sich selbst daran, was sie sich für ihr neues Leben vorgenommen hatte: jede Gelegenheit, Spaß zu haben, zu ergreifen. Und jetzt war sie hier, weit weg von allem, und vor ihr stand ein unverschämt attraktiver Mann, der sie zum Essen ausführen wollte.
„Mein Name ist Eleni.“ Sie beschränkte sich auf den Vornamen, wie er es auch getan hatte. Da sie ihn nach dem Essen wahrscheinlich niemals wiedersehen würde, erschien ihr das auch ausreichend. Irgendwie hatte es sogar einen gewissen Reiz, anonym zu bleiben … eine andere Eleni zu sein, die sich nicht an Verbote und Regeln hielt!
„Aber das ist doch ein griechischer Name!“, rief er erstaunt aus.
„Ja“, gab sie fast schuldbewusst zurück, unfähig ihm zu erklären, dass sie momentan quasi auf den Spuren ihrer Vergangenheit wandelte. Denn bisher hatte Eleni keine Ahnung, wie und ob es ihr gelingen würde, ihre griechischen Wurzeln aufzuspüren.
„Kommen Sie.“ Lysander trat zur Seite und berührte leicht ihre Hand, wobei er den erstaunten, aber nicht abgeneigten Ausdruck in Elenis dunklen Augen sehr wohl registrierte. „Lassen Sie uns essen gehen. Dabei können wir uns weiter unterhalten.“
2. KAPITEL
„Wie finden Sie eigentlich die Motive für Ihre Fotografien?“, fragte Eleni, während sie eine Olive aus dem traditionellen griechischen Salat fischte, der ihnen in farbenfrohen Keramikschalen serviert wurde. Sie saßen auf der Terrasse einer rustikalen Taverne, oben auf dem Hügel, mit einem reizvollen Ausblick aufs Meer.
Lysander schien in Gedanken verloren, seine Augen verborgen hinter einer dunklen Sonnenbrille. Doch auch so fühlte Eleni seinen beunruhigenden Blick mit einer Eindringlichkeit und Intensität auf sich gerichtet, als bombardiere er sie wortlos mit den intimsten Fragen, die ein Mann einer Frau nur stellen konnte …
„Die alte Frau auf der Fotografie ist mir ganz zufällig vor die Linse gekommen“, erklärte er achselzuckend und brach ein Stück von dem frisch gebackenen Brot ab, das mit dem Salat serviert worden war. Wie hypnotisiert schaute Eleni auf seine schlanken bronzefarbenen Finger. Es waren definitiv Künstlerhände, denen zupackende Arbeit aber offensichtlich nicht fremd war.
„Ich habe einige der umliegenden kleineren Inseln erkundet, natürlich mit meiner Kamera, und als ich nach einem ausgiebigen Streifzug die Orientierung verloren hatte, hielt ich bei einem kleinen Haus an, um nach dem Weg zu fragen. Es war Iphigenias Haus, so heißt die alte Frau auf dem Foto. Obwohl sie selbst kaum etwas hatte, lud sie mich ein, mit ihr zu essen, und während der Mahlzeit vertraute sie mir die Geschichte ihres Lebens an. Später fragte sie mich neugierig nach meinem Fotoapparat und ob ich Lust hätte, sie zu fotografieren. Natürlich habe ich Ja gesagt. Das Resultat hängt jetzt in der Galerie.“
Die
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