JULIA EXTRA Band 0276
uns auf dieser wunderschönen Insel, wo keiner vor dem anderen davonlaufen und sich verstecken kann.“
Sie bildete sich nicht ein, dass er sich ihr gegenüber absichtlich feindselig verhielt. Aber falls er glaubte, sein Geld und sein Einfluss würden sie einschüchtern, hatte er sich getäuscht.
„Dem stimme ich absolut zu“, sagte sie und erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. „Deshalb sollten wir nicht lange um den heißen Brei herumreden, sondern auf das Wesentliche zu sprechen kommen.“
Mikos erkannte Angelos Verhalten. So verhielt er sich immer, wenn er zum tödlichen Schlag auf einen Gegner ausholen wollte.
Meistens akzeptierte Mikos das als normales Geschäftsgebaren, das für einen Mann von Angelos Stand lebensnotwendig war. Aber wieso machte er Gina zu seinem persönlichen Ziel? Das konnte Mikos nicht zulassen.
„Wenn du hergekommen bist, um dich mit jemandem anzulegen, Angelo“, sagte er kalt, „dann tu das mit mir! Gina steht nicht zu deiner Verfügung.“
Angelo steckte ein Stück Brot in den Mund. „Gina“, bemerkte er gelassen, „ist entweder eine Lügnerin oder eine Diebin. Vielleicht sogar beides.“
„Ich habe mich nie mit jemandem angelegt, der halb so groß und doppelt so alt ist wie ich. Aber …“ Mit geballten Fäusten brach er ab und stand auf.
„Seit wann bedeutet eine Geliebte, die du wie alle anderen vor ihr irgendwann ablegen wirst, mehr als der Mann, der dich zu dem gemacht hat, was du heute bist?“, fragte Angelo schneidend. „Hast du plötzlich so wenig Vertrauen in mein Urteilsvermögen, Mikolas? Wie kannst du auch nur für eine Sekunde glauben, ich würde einen derartigen Verdacht äußern, ohne ihn beweisen zu können?“
„Ist schon gut, Mikos“, beruhigte Gina ihn. „Lass ihn ausreden!“ Sie blickte Angelo starr an. „Erkläre ruhig, was ich gestohlen haben soll oder wie meine Lügen aussehen! Und wenn du damit fertig bist, mich zu verunglimpfen, werde ich dich mit ein paar Fakten konfrontieren, denen du dich vor langer Zeit hättest stellen sollen.“
Mikos zögerte einen Moment und sah von einem zum anderen. Er war verwirrt und verstand nicht, worum es sich bei den unausgesprochenen Vorwürfen handeln sollte.
Angelo brach das Schweigen. „Das Schmuckstück, das deine Freundin so unverhohlen um ihren Hals trägt, ist kein Familienerbstück, wie sie sagt. Es gehört mir und ist vor etwa sechzig Jahren aus meinem Haus verschwunden.“
„Du musst dich irren“, widersprach Mikos matt. „Es sieht deinem bestimmt nur ähnlich.“
Der alte Mann griff in seine Tasche. „Leider nicht, mein Lieber. Ich habe hier die passenden Ohrringe dazu, die ich Penelope an unserem Hochzeitstag gegeben habe. Ich habe sie mir von ihr geliehen, weil ich wusste, dass ich dir einen Beweis vorlegen muss.“
Er warf die Ohrringe auf den Tisch. „Sieh dir die Rückseite an und lass dir dann von deiner Geliebten ihren Anhänger zeigen! Auf allen drei Stücken ist mein Familienwappen eingraviert.“
Mikos schob die Schmuckstücke beiseite. „Zufall, so einfach ist das. Ich weigere mich zu glauben, dass ich Gina nicht trauen kann.“
„Bedeutet sie dir so viel?“ Erstaunt hob der Alte die Augenbrauen.
Sie bedeutete ihm alles, das wurde Mikos in dieser Minute klar. Mit jeder einzelnen Stunde veränderte Gina seine Gefühle in Bezug auf Liebe und Heirat. Er hatte geglaubt, er könne sich wieder von ihr trennen und sein Leben einfach weiterführen. Jetzt wusste er, dass dies für ihn unmöglich war. „Ja, tut sie.“
„Und du kennst sie gut genug, um sie derartig zu verteidigen, mein Bester?“
„Da bin ich mir ziemlich sicher.“
„Dann tut es mir leid, dich enttäuschen zu müssen.“
„Ich bezweifle, dass du das könntest, Angelo.“
„Wir werden sehen.“ Sein forschender Blick fiel auf Gina. „Nimmst du die Kette selbst ab, junge Frau, oder soll ich es für dich tun?“
Ohne zu zögern nahm sie ihre Kette ab und hielt Mikos den Anhänger hin.
„Das ist nicht nötig, agape mou “, sagte dieser schnell. „Es handelt sich um ein Missverständnis.“
„Es ist nötig, Mikos.“
Mikos war kein Mann, der sich leicht einschüchtern ließ, aber ihr eiserner Tonfall traf ihn mitten ins Herz. Zögernd nahm er den Anhänger in die Hand und stellte fest, dass Angelo recht hatte. Das Familienwappen war nicht zu übersehen.
Er sah ihr direkt ins Gesicht. „Wusstest du davon, Gina?“
„Ich kenne die Gravur. Aber ich wusste nicht, was sie
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