JULIA EXTRA Band 0276
bedeutet.“
„Woher hast du den Anhänger?“
„Es ist genau, wie ich sagte. Es ist ein Familienerbstück. Ich habe schon als Kind damit gespielt.“
„Du lügst!“, wetterte Angelo. „Er ist mir von einer Frau gestohlen worden, die mich in eine Ehe zwingen wollte, nur weil ich mit ihr im Bett war!“
„Diese Frau“, informierte sie ihn wütend, „war meine Großmutter Elizabeth Beecher. Und wenn ich gewusst hätte, woher dieses Ding stammt, hätte ich meine Haut niemals damit beschmutzt.“
Angelo öffnete den Mund, schloss ihn aber sogleich wieder.
„Der Name ist dir also bekannt“, folgerte Gina kalt. „Zu schade, dass du das Kind nicht anerkannt hast, das sie allein zur Welt gebracht und aufgezogen hat. Und das zu einer Zeit, zu der alleinerziehende Mütter als gesellschaftlich aussätzig betrachtet wurden.“ Sie machte eine kurze Pause und holte tief Luft. „Und weißt du was? Ich bin heute hier, um dich dafür bezahlen zu lassen.“
„Was redest du da?“ Mikos’ Stimme klang brüchig.
„Das war ja wohl deutlich genug“, sagte Angelo. „Sie ist mit dieser lächerlichen Geschichte hergekommen in der Hoffnung, sich ihr Schweigen bezahlen zu lassen. Dabei hat sie aber nicht erwartet, dass ich sie bloßstelle, bevor sie ihren Plan umsetzen kann. Aber jetzt ist alles raus, und ich bin gespannt, wie hoch sie pokern will. Gib es zu, du Weib! Du bist hinter meinem Geld her.“
„Ja“, entgegnete sie schlicht. „Hinter einer Menge davon.“
Sprachlos vor Entsetzen sprang Mikos von seinem Stuhl auf und verschwand im Haus. Es gelang ihm nicht, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Er wusste nur eines: Gina hatte ihn von Anfang an getäuscht, um einen persönlichen Racheplan in die Tat umzusetzen.
Wenige Minuten später kehrte Mikos zurück. Sein wütender Gesichtsausdruck ließ Gina zusammenzucken. Dabei hatte sie immer geglaubt, sie könne Angelo Tyros mit der Wahrheit überfallen, wann es ihr passte. Stattdessen hatte er sie überrascht und damit ein paar unliebsame Erinnerungen aus ihrer Kindheit ans Tageslicht gezogen.
„Du solltest Gina damit nicht spielen lassen“, hatte ihre Mutter immer zu ihrer Großmutter gesagt. „Es ist zu wertvoll.“
„Lass sie nur!“ Ihre Großmutter hatte eine wegwerfende Handbewegung gemacht. „Es ist moralisch sowieso nichts wert. Sollte mir nur das Gefühl geben, ihm etwas genommen zu haben, das ihm wichtig ist. So wichtig wie ich ihm nie war.“
„Damit ich das richtig verstehe“, begann Mikos leise und stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch auf. „Du hast dich mir vorgestellt, maskiert als irgendeine Journalistin, und gibst jetzt offen zu, dass du es nur auf Angelos Geld abgesehen hast?“
„Ich war nicht maskiert“, protestierte sie. „Ich hatte wirklich einen Arbeitsauftrag.“
„Du bist eine Opportunistin, schlicht und ergreifend“, fuhr Mikos sie an. „Wenn du keinen Presseausweis bekommen hättest, dann wäre dir etwas anderes eingefallen, wie du an Angelo herankommst. Denn darauf hattest du es ja einzig und allein abgesehen.“
„Ganz so war es nicht“, versuchte sie sich zu verteidigen.
„Wie war es denn dann genau? Erkläre es mir bitte, da ich offenbar zu dumm bin, um es selbst zu begreifen. Und bevor du deinen Mund aufmachst, solltest du wissen, dass ich nichts als die absolute Wahrheit von dir erwarte. Also, schieß los, Gina!“ Sein Gesicht war wie aus Granit. „Jetzt sofort!“
„Krieg dich wieder ein!“, schoss Gina zurück. Es erschreckte sie, wie fremd sie sich plötzlich waren. „Ich schulde dir nichts weiter als das Geld, das du mir geliehen hast. Und das werde ich dir so bald wie möglich zurückzahlen.“
Er starrte sie an, als würde er sie in diesem Augenblick zum ersten Mal wirklich sehen. „Ist Geld das Einzige, an das du denken kannst?“
„Nein“, wisperte sie und sackte in sich zusammen. „Ich denke an meine Mutter und auch an dich. Und du verstehst mich überhaupt nicht.“
„Dann bitte ich dich noch einmal, mir alles zu erklären. Und bevor du damit anfängst …“
„Lass sie reden, Mikolas!“, schaltete Angelo sich ein. „Raus damit, mein Mädchen! Fang ganz von vorn an und lass dir Zeit dabei! Wir haben die ganze Nacht.“
Sie seufzte tief und berichtete dann vom Zustand ihrer Mutter und dem Versprechen, das sie ihr gegeben hatte. „Aber all das änderte sich an dem Tag, als sie verschwand“, fuhr sie fort. „Zwei Tage und zwei Nächte war sie fort.“
Der Schreck
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