JULIA EXTRA Band 0276
gestohlen. Er hat ihrer Mutter Geld gegeben, damit sie mir nichts von ihrer Existenz sagt, nur um einen Skandal zu vermeiden.“
„Er hat es gut gemeint. Du hattest gerade Ivy geheiratet, und er war so stolz auf dich …“ Robert schüttelte den Kopf. „Er war immer stolz auf dich. Den guten Sohn, mit einer anständigen Ehefrau aus guten Verhältnissen …“
„Ich habe aus Liebe geheiratet.“
„Und den Rest als Bonus bekommen?“
Louise befürchtete, jetzt würde ihr Vater seinen Bruder wirklich schlagen.
Einen Augenblick rührte John sich nicht. Dann trat er einen Schritt zurück und löste seinen Griff. „Ivy …“ Sein Gesicht entspannte sich. „Sie hat mich zum glücklichsten Ehemann der Welt gemacht.“
„Und du sie zur glücklichsten Ehefrau. Und gerade weil ihr so glücklich wart, wollte Dad kein Risiko eingehen. Deine Söhne standen nicht mit leeren Händen da. Er hat für sie gesorgt.“
„Aber ich …“, widersprach John. „Ich habe nicht für sie gesorgt.“
Max zog Louise an sich.
„Wenn jemand die Schuld trägt, dann ihre Mutter. Sie wollte dich nicht an ihrem Leben beteiligen und hat dir eure Söhne verschwiegen. Ganz ehrlich, John, wäre ihre Gesangskarriere nicht den Bach runtergegangen, hätte sie sich nie bei William gemeldet. Sie wollte nur Geld.“
„Sie saß in der Klemme und hatte ein Recht auf meine Hilfe. Er hätte es mir sagen müssen, Robert.“ John ließ die Hände sinken. „Aber er kannte mich nicht richtig, hatte auch gar kein Interesse daran, mich kennenzulernen. Du warst sein Augenstern, der Sohn, der in seine Fußstapfen trat. Die Wahrheit ist, dass er mir gegenüber Schuldgefühle hatte.“
Johns Schultern sackten resigniert nach unten. Louise’ Herz schmerzte vor Mitgefühl für den Jungen von früher und den Mann von heute. Immer Teil der Familie, hatte er doch stets im Abseits gestanden. Wie Max. Und genau wie Max brauchte er immer Kontrolle über alles. Sie sah, wie Max’ Blick von seinem Vater zu seinem Onkel schweifte, und sie las Verzweiflung darin.
„Ich will ihn ja gar nicht verteidigen“, wandte Robert ein.
„Es hörte sich aber ganz so an.“ John funkelte ihn zornig an.
„Vielleicht ein bisschen. In manchen Dingen hast du recht. Er fühlte sich in deiner Nähe unwohl, und ich kann verstehen, warum du mich nicht mochtest. Aber was dir und deiner Mutter in der Vergangenheit angetan worden ist, kannst du mir nicht zum Vorwurf machen.“
„Du hattest es immer so leicht, warst so verdammt verwöhnt …“
„Vielleicht bin ich deshalb ja nicht so wie du geworden, John.“
John hörte nicht auf ihn. „Meine Mutter hat so gelitten. Ich musste zusehen, wie sie starb, und konnte nichts tun.“
„Es ist schrecklich, wenn ein Kind so etwas erleben muss.“
Es sah aus, als wollte Robert den Arm um seinen Bruder legen.
„Ja“, flüsterte Louise, wie um ihn zu ermutigen, und Max zog sie noch enger an sich.
Aber John und Robert waren nicht die Einzigen, die einander vergeben mussten. Louise fühlte immer noch das volle Ausmaß des Schmerzes. Ihre Eltern hatten sie belogen. Doch John liebte sie, warum sollte er sonst so wütend auf Max sein? John und Ivy liebten sie. Und nur das zählte …
Robert rang sich durch und legte eine Hand auf Johns Schulter. „Eine schreckliche Sache“, sagte er. „Aber niemand trägt die Schuld daran, dass deine Mutter gestorben ist, John. Lebensmittel waren knapp, es gab kein Penicillin. Selbst wenn William nicht an der Front gewesen wäre, hätte er sie nicht retten können. Das weißt du doch selbst.“
„Aber er hätte nicht aufhören dürfen, sie zu lieben.“ John sah verzweifelt aus.
„Menschen können ihre Gefühle nicht beeinflussen“, warf Robert milde ein und sah dabei zu Max.
„Sie war seine Frau!“ John schüttelte Roberts Hand ab. „Aber was verstehst du schon von Treue?“ Dann wandte er sich an Louise. „Siehst du nicht, Louise? So sind die Valentine-Männer. William und Robert, beide mit einer ganzen Latte von Ehefrauen, Max mit seinen wechselnden Freundinnen.“ Er ließ den Kopf hängen. „Und ich bin auch nicht besser.“
„Nein, Dad …“ Es tat ihr in der Seele weh, ihn so leiden zu sehen.
„Ich hatte eine Affäre und bin weitergezogen, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Vierzig Jahre habe ich keinen Gedanken mehr an das Mädchen verschwendet. Ich hatte zwei Söhne, um die ich mich nicht gekümmert habe …“
„So war es nicht. Du wusstest doch gar nichts von
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