JULIA EXTRA Band 0286
noch nichts fühlen. Du lebst nicht, du existierst bloß.“
„Ich kann es nicht ertragen, in Miguels Nähe zu sein.“
„Bitte, Amber … sprich mit ihm. Wenn du danach immer noch möchtest, dass Dad und Sandor ihn aus dem Haus werfen, werden sie es tun. Aber bitte, sprich mit ihm. Tu es für mich.“
„Warum?“
„Weil ich glaube, dass er dir helfen kann.“
„Er kann mir nicht zurückgeben, was ich verloren habe.“
„Nein, aber vielleicht kann er dir stattdessen etwas anderes geben. Vielleicht auch nicht. Vielleicht hasst du ihn wirklich. Aber zumindest fühlst du zum ersten Mal seit Monaten etwas. Sprich mit ihm … und wenn auch nur, um ihm zu sagen, dass er ein egoistischer Mistkerl ist, der dich nicht verdient.“
„Das weiß ich bereits“, erklärte Miguel zerknirscht. Das war zu viel für Amber. In diesem Moment durchbrachen ihre Gefühle die Barriere um ihr Herz.
„So ist das gar nicht. Bitte, ich …“ Doch ihre Stimme versagte. Sie musste sich sehr konzentrieren, um die nächsten Worte auszusprechen. „Unter vier Augen …“ Sie schluckte trocken und fragte sich, warum ihr das Atmen auf einmal so schwerfiel. „Wenn wir reden, dann unter vier Augen.“
11. KAPITEL
Ellie drückte Ambers Hand. „Gut. Aber zuerst bringen wir euch etwas zu essen. Ihr seht beide so aus, als könntet ihr es gebrauchen.“
„Ich bin nicht hungrig“, sagte Miguel.
Amber funkelte ihn wütend an. „Wenn ich essen muss, musst du es auch.“ Ihm Befehle zu erteilen, verschaffte ihr eine kleine Befriedigung.
Ihr Vater lachte sogar. Es war ein schönes Geräusch, das sie – wie ihr erst jetzt auffiel – in den letzten Monaten viel zu selten gehört hatte. „Sie sollten besser auf sie hören.“
„Ich tue alles.“ Die verschiedensten Gefühle spiegelten sich in Miguels Gesicht. „Wenn es dich glücklich macht.“
Machte es sie glücklich, wenn er aß? Wahrscheinlich nicht, aber dennoch … dennoch … „Ich wäre zufrieden“, nickte sie.
„Dann esse ich.“
Schweigend warteten sie, bis Helen mit einem Tablett zurückkehrte, auf dem zwei Teller, zwei Gläser und eine Kanne Saft standen. „Erst wird gegessen, dann geredet“, forderte sie und ging.
Amber und Miguel gehorchten.
Nach dem Imbiss stellte Miguel das Tablett auf den Boden. Dann wandte er sich mit aufgewühlter Miene wieder an die Frau im Bett. „Deine Schwester hat gesagt, du wärst fast gestorben … weil du nicht mehr gegessen hast?“
Sie nickte.
„Warum?“, flüsterte er.
In diesem Moment durchflutete sie panische Angst. Niemand hatte ihr bislang diese Frage gestellt. Schließlich hatten alle angenommen, die Antwort zu kennen. Und Amber hatte sie in dem Glauben gelassen. Auf diese Weise musste sie nicht lügen. Konnte sie ihn anlügen?
Er war der Vater des Babys. Er hatte ein Recht, es zu erfahren. Oder nicht?
Miguel wartete, ohne ein Wort zu sagen. Er wirkte, als wäre er bereit, notfalls auch die ganze Nacht an ihrem Bett zu sitzen, während sie versuchte, die Gedanken in ihrem Kopf zu ordnen. Nur in seinen Augen schimmerte eine Botschaft, die von so vielen Gefühlen sprach, dass Amber sich am liebsten davor versteckt hätte.
Er besaß genug Gefühle für sie beide, und Amber verstand nicht, wie das anging. Er war es doch gewesen, der ihrer Beziehung keine Chance geben wollte. Und nun wirkte er so unglücklich, als hätte sie ihm die Liebe verweigert.
Sie befeuchtete ihre Lippen. „Ein paar Wochen nach meiner Rückkehr aus Spanien war mir ständig übel. Mein Agent hat mich gebeten, ein paar Pfund für einen Werbespot abzunehmen. Das fiel mir ganz leicht, da mir vom Essen sowieso immer nur schlecht wurde. Und geschlafen habe ich auch nicht. Die Träume … sie setzten mir zu.“
„Es tut mir so leid.“ Miguel gab einen erstickten Laut von sich. Die Hände hatte er so fest zu Fäusten geballt, dass die Knöchel weiß hervortraten.
„Miguel?“
Er schüttelte den Kopf, als versuchte er mit aller Kraft, sich zusammenzureißen. „Du wärst fast gestorben. Und ich bin daran schuld.“
Sein Tonfall klang, als würde ihn dieses Wissen umbringen. Dabei stimmte es gar nicht.
„Nein. Mittlerweile ist mir klar geworden, dass du mich kein einziges Mal angelogen hast. Ich dachte einfach, dass es, weil es für mich etwas so Besonderes war, für dich auch gelten müsste.“
„Es war etwas Besonderes.“
Sie hätte widersprechen können, doch das spielte keine Rolle mehr. Dieser Teil ihres Lebens war vorüber. Sie
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