Julia Extra Band 0293
sein Verlangen zurückzuhalten. Hätte er nicht die Rückkehr seiner Tochter erwartet, hätten ihn keine zehn Pferde aus dem Bett gebracht.
Während er die Kontur von Caitlins sanft geschwungener Hüfte nachfuhr, wünschte er, sie möge rechtzeitig aufwachen, damit er sie wenigstens noch einmal lieben konnte, bevor er wirklich aufstehen musste, um Sorcha bei Bridie abzuholen …
Nachdem Caitlin mit Flynn geschlafen hatte, spürte sie Hoffnung in sich aufkeimen und war richtig gut gelaunt. Draußen war das trübe Wetter einem strahlenden Sonnenschein gewichen, und der Schnee, der die Landschaft wochenlang mit seinem weißen Kleid bedeckt hatte, war beinah überall geschmolzen. Nun ließ sich endlich das erste Grün blicken.
Am frühen Nachmittag wollte Flynn in Ruhe telefonieren, und Caitlin folgte ihrer Tochter die große geschwungene, mit Teppich bespannte Treppen hinunter. Während Sorcha fröhlich vor ihr herhüpfte, passte Caitlin gut auf, damit die Kleine nicht stolperte und sich wehtat. Sie waren auf dem Weg in Bridies große Landhausküche, da die Haushälterin versprochen hatte, mit der Kleinen zu backen, damit ihre Mutter Flynn bei der Arbeit helfen konnte.
Als sie am Fuß der Treppe ankamen, wurde die doppelflügelige Haustür am Ende der Halle geöffnet, und eine Gestalt erschien, die Caitlin durchaus bekannt war und sie regelrecht zurückschrecken ließ. Es war Estelle MacCormac, Flynns Mutter. Aber warum hatte Flynn nicht erwähnt, dass seine Mutter heute kommen würde? Dann wäre sie auf die Begegnung zumindest vorbereitet gewesen. Trotz des Schocks, der Caitlin für einen Moment das Blut in den Adern gefrieren ließ, war sie entschlossen, sich ihre gute Laune nicht verderben zu lassen.
Unter Estelle MacCormacs kritischem Blick waren Mutter und Tochter zunächst wie erstarrt. Caitlin hatte beschützend die Hand auf die schmale Schulter ihrer Tochter gelegt und sie dabei beruhigend an sich gedrückt – die einzige Bewegung, zu der Caitlin noch fähig gewesen war.
Mrs. MacCormac war wie immer sehr elegant gekleidet und trug einen schwarzen Mantel über einem smaragdgrünen Ensemble und einer cremefarbenen Seidenbluse, dazu eine Perlenkette aus Familienbesitz. Sofort wurde sich Caitlin ihres eigenen, wenig edlen Aufzugs bewusst: schwarzer Pulli und Jeans – praktisch eben.
„Hallo, Mrs. MacCormac.“ Sie musste sich die Worte regelrecht abringen, auch wenn sie sich geschworen hatte, optimistisch zu bleiben. „Es ist lange her, dass wir uns zuletzt gesehen haben.“
„Da haben Sie recht, Miss Burns.“ Estelle MacCormac kam über den Steinboden der Eingangshalle auf sie zu wie eine Primaballerina, wobei sie sich die eleganten schwarzen Lederhandschuhe auszog. „Ist Flynn da? Ich habe Bridie gesagt, sie solle ihm ausrichten, dass ich heute komme. Ich schätze mal, er war beschäftigt, als ich heute Mittag angerufen habe.“ Das klang, als hätte Caitlin etwas damit zu tun gehabt, und sie errötete unwillkürlich.
„Ich kann ihm sagen, dass Sie da sind, wenn Sie möchten, Mrs. MacCormac.“
„Nein, warten Sie. Ich glaube, ich würde lieber die Gelegenheit nutzen, um vorher ein paar Worte mit Ihnen allein zu wechseln. Wenn ich darf?“
„In Ordnung.“ Caitlin zuckte die Schultern, unfähig, sich eine Ausrede einfallen zu lassen, um Mrs. MacCormacs Vorschlag abzulehnen. Außerdem dachte sie, dass es nun endlich an der Zeit wäre, nicht mehr davonzulaufen, sondern sich ihren Ängsten vor dieser Frau zu stellen. Vielleicht ließen sich dabei ja auch einige Missverständnisse aus der Welt räumen.
„Und das ist Ihre Tochter?“, fragte Mrs. MacCormac, und Caitlin glaubte herauszuhören, dass es zweifelhaft sei, dass Sorcha auch Flynns Tochter sein könnte.
„Ja, sie heißt Sorcha.“
„Hübsches, kleines Ding … schöne Augen. Hallo, meine Liebe!“ Estelle MacCormac beugte sich vor, um das Kind direkt anzusprechen. Doch Sorcha drängte sich nur noch dichter an ihre Mutter und sagte nichts. „Bisschen schüchtern, die Kleine, hm? Wir sollten in den Salon gehen. Bestimmt hat Bridie dort ein gemütliches Feuer im Kamin gemacht.“
Caitlin traute der freundlichen Art von Mrs. MacCormac nicht und bereitete sich gedanklich schon einmal auf die Unterhaltung vor, die ihr bevorstehen mochte.
„Ich will zu Bridie!“ Bevor Caitlin ihre Tochter hätte aufhalten können, riss sie sich los und rannte die Eingangshalle entlang in Richtung Küche. Irgendwie war Caitlin darüber froh, denn sie
Weitere Kostenlose Bücher