Julia Extra Band 0300
vielen Missverständnissen und gegenseitigen Fehleinschätzungen kämpfen müssen. Nun aber war alles anders. Orlando Rossi, der zuvor zu keinerlei Gefühlsregung fähig war, hatte sich gewandelt.
„Du hast mich verändert“, flüsterte er, als könne er ihre Gedanken lesen.
Sie küssten sich voller Leidenschaft. Keiner von beiden konnte und wollte es mehr leugnen.
„Warte!“, rief Charlie lachend, als er sie für einen Augenblick freigab. „Sollen wir uns etwa hier lieben?“
„Kannst du denn noch warten?“
Diese Frage war überflüssig, denn inzwischen hatte Charlie begonnen, sich ihrer Kleidung zu entledigen, und fing nun auch an, Orlandos Hemd aufzuknöpfen.
Völlig unbekleidet, gab es kein Halten mehr. Die Zeit reichte gerade noch, um die Tür zu verschließen. Dann trug Orlando Charlie zu dem schmalen Sofa hinüber, das er extra für sie hatte aufstellen lassen, damit sie in den Arbeitspausen entspannen konnte. Eng aneinander gekuschelt erforschten sie den Körper des anderen. Orlando war sich seiner Gefühle für Charlie sicher, und sie spürte es genau.
Als sie nach einem erregenden Liebespiel die Entspannung genossen, fiel ihm plötzlich etwas ein. „Ich möchte, dass du gemeinsam mit mir im Rahmen einer feierlichen Zeremonie das Gemälde in meinem Hotel enthüllst.“
Orlando war sicher, sie würde sich über dieses Angebot freuen. Charlie aber setzte sich empört auf.
„Das glaube ich einfach nicht!“
Die zärtliche, harmonische Stimmung war mit einem Mal verschwunden. Mit hektischen Bewegungen zog Charlie sich an.
„Dieses Kunstwerk ist so wertvoll und wichtig, es sollte allen zugänglich sein, nicht nur einigen privilegierten Menschen. Es muss in einem Museum hängen!“
„Das ist völlig undenkbar! Ich habe dafür ein halbes Vermögen bezahlt!“
„Wie bitte?“ Charlie klang entsetzt. „Das kann nicht dein Ernst sein, Orlando!“
„Nie in meinem Leben war ich ernsthafter.“
Das Blut wich aus ihrem Gesicht. „Du sagtest, ich hätte dich verändert. Aber das stimmt nicht!“ Enttäuscht stand sie auf und ging zur Tür.
„Wohin gehst du?“
„Zurück nach London. Meine Arbeit hier ist beendet!“
Charlie glaubte an die romantische Seite der Liebe, so wie sie Künstler auf der Leinwand darstellten. Leider war die Realität oft anders, musste sie sich eingestehen, während das Flugzeug sie von Venedig zurück nach London brachte.
Sie hatte ihr Herz an Orlando Rossi verloren, aber der reiche und mächtige Mann und sie lebten in so unterschiedlichen Welten, dass keine gemeinsame Zukunft möglich war.
Und obwohl sie im Bösen auseinandergegangen waren, würde sie ihn für immer lieben, dessen war sich Charlie sicher.
Niemand lässt mich einfach so im Stich! Orlando konnte es einfach nicht fassen, dass Charlie ihn derart abgefertigt hatte. Er musste etwas tun! Ein Anruf am Flughafen war der erste Schritt.
Orlando betrat den Hörsaal, verborgen in der Masse der Studenten. Stolz erfüllte ihn, weil Charlie in der Lage war, so viele junge Leute für Kunst zu interessieren. Gespannt lauschte er ihrem mitreißenden Vortrag. Ihre Begeisterung war ansteckend, das konnte man deutlich an den Gesichtern der Studenten ablesen, als sie den Saal verließen.
Wie befriedigend musste es sein, solch positive Gefühle in Menschen zu erwecken. Wenn die reichen und mächtigen Gäste seines Hotels sich an ihn wandten, dann nur, weil sie Beschwerden der unterschiedlichsten Art und Weise äußern wollten.
„Du warst wunderbar“, sagte er zu Charlie, nachdem es ihm gelungen war, zu ihr vorzudringen.
„Orlando …“ Bei seinem Anblick wurde sie blass.
Die Welt um sie herum schien zu versinken. Diskret verließen auch die letzten Studenten den Raum, so als spürten sie, welch starken Empfindungen diese beiden Menschen erfüllten.
„Können wir irgendwo anders hingehen?“, fragte Orlando leise.
„Natürlich.“
Sie nahm ihn mit in einen winzigen Raum, der offensichtlich als Büro diente.
„Warum bist du hier?“
„Deinetwegen“, entgegnete er schlicht. Als sie protestieren wollte, legte er ihr beschwichtigend einen Finger auf die Lippen.
Charlie aber zog seine Hand fort. „Fall du einen weiteren Auftrag für mich haben solltest, muss ich dir sagen, dass ich nicht daran interessiert bin, Orlando!“ Kampflustig sah sie ihm in die Augen.
Welch eine Qual! Sie begehrte ihn mehr als je zuvor. Aber Orlando war ihr nur nach England gefolgt, weil er nicht gewohnt war, eine Niederlage
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