Julia Extra Band 0313
immer wieder zweideutige Bemerkungen fallen lassen. Dass, wie er auch erwähnte, zu Hause in Hampshire eine Frau und zwei Kinder auf ihn warteten, schien ihn dabei nicht zu stören. Luccy hatte sich jedoch eingebildet, diese Annäherungsversuche diplomatisch pariert zu haben. Die beiden Männer hatten sich nach dem Essen mit dem Versprechen verabschiedet, sich bei ihr zu melden.
Nur dass Paul offensichtlich kehrtgemacht hatte und sie jetzt bedrängte, nachdem sie in dem Restaurant eine Rechnung beglichen hatte, die sie sich überhaupt nicht leisten konnte.
„Hab dich nicht so …“ Er presste sich fester an sie. „Du hast mich doch schon den ganzen Abend angemacht …“ Zuversichtlich lächelnd versuchte er, sie an sich zu pressen.
Am liebsten hätte Luccy ihn mit einer schallenden Ohrfeige in seine Schranken gewiesen. Aber eine hässliche Szene in aller Öffentlichkeit wäre keine gute Werbung für sie gewesen, weshalb sie versuchte, die Situation so schnell und so geräuschlos wie möglich zu beenden.
Mit Mühe rang sie sich ein Lachen ab und schob ihn spielerisch weg. „Paul, ich glaube nicht, dass Ihre Frau damit einverstanden wäre, oder?“
Seine blauen Augen blitzten argwöhnisch auf. „Meine Frau wird nichts davon erfahren … oder?“ Plötzlich packten seine beiden Hände ihre Schultern so fest, dass es wehtat.
Luccy schluckte. „Das kommt darauf an …“
„Worauf?“, fuhr er sie scharf an.
„Entschuldigung …“
Errötend bemerkte Luccy, dass sie und Paul den Flur vor dem Restaurant versperrten. Einer der Gäste aus dem Restaurant wollte vorbei. Luccy warf ihm einen flüchtigen Blick zu. Er war auffallend groß, um die ein Meter neunzig, etwa Mitte dreißig, das dunkle Haar eher lang und die Augen von einem faszinierenden Silbergrau. Der sonnengebräunte Teint und der attraktive amerikanische Akzent verrieten, dass er aus einem wärmeren Klima stammte, als es England in diesem kühlen und nassen Juni bieten konnte. Ein schwarzer, maßgeschneiderter Abendanzug, kombiniert mit einem blütenweißen Seidenhemd, betonte die beeindruckend athletische Figur.
Momentan bedachte er Luccy und Paul mit einem kühlen Blick, der nicht gerade ermutigend war. Doch Luccy sah in ihm die einzige Rettung aus ihrer prekären Lage und zögerte keine Sekunde.
„David! Wie schön, dich wiederzusehen!“ Sie schenkte dem Fremden ihr strahlendstes Lächeln und nutzte Paul Bridgers Verblüffung aus, um sich aus seinem Griff zu winden und sich bei dem großen Amerikaner einzuhaken. „Paul wollte sowieso gerade gehen. Nicht wahr, Paul?“, fügte sie spitz hinzu.
„Ich …“ Grollend blickte er zwischen Luccy und dem imposanten Mann an ihrer Seite hin und her. „Ja, ich wollte gerade gehen“, knurrte er missmutig und stürmte mit einem letzten, bitterbösen Blick auf Luccy zum Ausgang des Hotels.
Sobald Paul fort war, merkte Luccy, wie ihre Knie zitterten. Einen Moment klammerte sie sich an den Arm des Manns … eines Fremden, den sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte!
Und der jetzt spöttisch auf sie herunterblickte.
„David?“, fragte er interessiert.
Sie lächelte entschuldigend. „Das alles ist mir wirklich sehr peinlich. Ein … Arbeitskollege, der sich vergessen hat“, versuchte sie zu erklären. Obwohl Pauls giftiger Abschiedsblick sie nicht darauf hoffen ließ, jemals Arbeit von Wow zu bekommen. „Kennen wir uns vielleicht?“ Aus irgendeinem Grund kam ihr das Gesicht des Mannes bekannt vor.
Sin allerdings zweifelte nicht, dass er dieser Frau noch nie zuvor begegnet war. Ganz sicher hätte er sich an sie erinnert! Als er vorhin in dem Hotelrestaurant allein an seinem Tisch am Fenster gesessen hatte, war sie ihm schon bei ihrem Eintreten aufgefallen. Auf der Schwelle hielt sie kurz inne, um sich in dem voll besetzten Restaurant umzusehen, bevor sie entschlossen auf den Tisch zuging, an dem bereits die beiden Männer saßen. Gereizt registrierte Sin, dass er nicht der einzige männliche Gast war, dessen Blick ihrem anmutigen Hüftschwung bewundernd folgte.
Sie mochte Ende zwanzig sein und maß über einen Meter siebzig. Das sehr lange, seidig glänzende und tiefschwarze Haar fiel ihr in sanften Wellen über die Schultern und weit den Rücken hinab. Dunkelblaue, von schwarzen Wimpern gesäumte Augen strahlten in einem ebenmäßigen Gesicht mit makellosem Alabasterteint. Die Nase war klein und schmal, die sinnlich vollen Lippen in einem leuchtenden Rot geschminkt, das zu der Farbe des
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