Julia Extra Band 0325
auch nicht“, fügte er trocken hinzu. „Was folgt danach?“
„Das Dinner. Mit zweihundert geladenen Gästen. Ihr Bruder wird Ihnen eine kurze Dankesrede widmen, da Sie die Feier ausgerichtet haben. Dann kommt das Feuerwerk, und danach …“
„Halt.“ Sein harscher Befehl ließ sie abrupt verstummen, und er wunderte sich über das seltsam bleierne Gefühl in seinem Herzen. „Vor meinem Bruder möchte ich eine Ansprache halten.“
Alarmiert setzte Melissa sich aufrechter hin. „Aber Hoheit …“
Seine Augen blitzten warnend. „Was?“
Er konnte unmöglich in letzter Minute den Zeitplan umwerfen, wenn doch all die Honoratioren aus Übersee und der gesamte Hochadel Europas anwesend waren. Der Zeitplan war so oder so schon eng genug. „Der Ablauf ist bis auf die letzte Sekunde detailliert ausgearbeitet …“
„Dann arbeiten Sie ihn um“, knurrte er harsch. „Werden Sie dafür nicht bezahlt?“
Seine unfreundlichen Worte versetzten ihr einen schmerzhaften Stich, was sie sich jedoch nicht anmerken ließ. „Sehr wohl, Hoheit. Wenn Sie mich nur wissen lassen könnten, wie viel Zeit Sie für Ihre Rede benötigen …?“
Während sie sprach, suchte ihr Blick ein allerletztes Mal in seiner Miene nach irgendeinem Zeichen des Erkennens. Erinnere dich an mich , flehten ihre Augen, erinnere dich an die Zeit, die wir zusammen verbracht haben …
Cristiano runzelte die Stirn. Irgendetwas schien von ihr auszugehen und auf ihn zuzukommen. Ihre grünen Augen waren plötzlich dunkler geworden, ihre Lippen hatten sich leicht geöffnet. Als wären sie zum Küssen geschaffen … Auch wehte ihr Parfüm an seine Nase, ein dezenter Fliederduft, und für einen Moment verharrte er verdutzt.
Dieser Duft … In den Tiefen seines Gedächtnisses regte sich etwas, doch er bekam es nicht zu fassen. Still fluchte er, als sich ein eindeutiges Ziehen in seinen Lenden meldete. Einen verrückten Moment lang verspürte er das überwältigende Bedürfnis, sie in seine Arme zu ziehen, seine Finger in das glänzende braune Haar zu schieben und diese rosigen Lippen mit seinem Mund zu bedecken.
Verärgert schüttelte er den Kopf. Was war nur mit ihm los?! Vor ihm saß eine kleine Bedienstete und keine atemberaubende Frau. Sicher, es war Ewigkeiten her, seit er sich in körperlichen Freuden verloren hatte, noch lange vor dem Reitunfall, da war er aus irgendeinem Grund sicher. Aber war er tatsächlich so frustriert, dass sein Urteilsvermögen darunter litt? Er konnte doch jede Frau haben, die er wollte. Schon bald würde er das auch ausnutzen, wie er sich schwor.
Anfangen würde er damit heute Abend auf dem Ball. Alle Frauen würden um seine Aufmerksamkeit buhlen, die meisten davon aus adeligen Familien und somit durchaus passende Ehefrauen. Aber er suchte nicht nach einer Ehefrau, er brauchte nur eine Geliebte. Eine Geliebte, die sich mit dem zufrieden gab, was er ihr bot.
Es wurde Zeit, die selbst auferlegte Enthaltsamkeit zu beenden. Wenn er in die Welt des sinnlichen Vergnügens eintauchte, dann mit einer Frau, die seine Zuneigung wesentlich eher verdiente als diese große Engländerin mit dem seltsam intensiven Gehabe.
Ihm wurde bewusst, dass sie noch immer dort saß und ihn anstarrte. „Wir haben dann wohl alles besprochen“, sagte er.
Damit war sie entlassen. Und nur für den Fall, dass Melissa es nicht verstanden haben sollte, wurden genau in diesem Augenblick die Türen aufgezogen. Entweder er hatte eine versteckte Klingel gedrückt, oder sie hatte einfach ihre Zeit aufgebraucht.
Es war keiner der Diener, sondern der engste Mitarbeiter des Fürsten erschien mit hartem Gesicht auf der Schwelle.
„Ah, Orso“, wandte Cristiano das Wort an den Mann. „Bitte begleiten Sie Signorina Maguire hinaus.“
„Sehr wohl, Hoheit.“ Mit einer leichten Verbeugung bedeutete Orso Melissa, das Zimmer zu verlassen.
Der Fürst saß schon wieder hinter seinem Schreibtisch und widmete sich seinen Papieren, so als hätte er ihre Anwesenheit bereits vergessen.
In Gedanken schalt Melissa sich dafür, dass sie sich die Chance hatte entgehen lassen, Cristiano von seinem Sohn zu erzählen. Und fragte sich, ob sie je eine zweite erhalten würde.
2. KAPITEL
Nachdem die Engländerin gegangen war, blieb Cristiano einen Moment lang reglos sitzen, bevor er das Blatt aufnahm, auf dem er die wichtigste Rede seines Lebens niedergeschrieben hatte. Nicht einmal Orso, seit Jahren sein engster Vertrauter, wusste von dem Inhalt.
Es war die Rede, mit
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