Julia Extra Band 0328
sich lautstark dagegen wehrte, zwischen seiner Mutter und Antonio eingeklemmt zu werden.
Antonio wandte sich betont langsam um. „Vater … du musst entschuldigen, aber wir befinden uns immer noch im Honeymoon …“
„Ihr seid auf Hochzeitsreise?“, fragte Luc Cavelli, der offenbar kein Problem mit der englischen Sprache hatte.
„Ja, so ist es. Darf ich dir deine Schwiegertochter vorstellen …“ Er wandte sich um und zog Victoria an seine Seite. „Das ist Victoria … und dein Enkelsohn.“
Die letzten Worte hatte Antonio in seiner Muttersprache gesagt und fuhr auch auf Italienisch fort: „Kein Blutsverwandter, befürchte ich, aber das hast du ja auch nicht explizit verlangt, nicht wahr?“
Bis zu diesem Moment hatte Luc Cavelli Nathan noch gar nicht bewusst wahrgenommen. Umso größer war sein Schock, als er jetzt auf den dunklen Lockenkopf des Kindes starrte, das sich immer noch weinend an seiner Mutter festklammerte.
Victoria sah, wie sich sein Gesichtsausdruck von Verblüffung zu kalter Wut wandelte, und drückte Nathan nur noch fester an sich, während sie sich meilenweit weg wünschte. Sie verstand nichts von dem, was gerade um sie herum vor sich ging.
In der nächsten Sekunde wandte sich Antonios Vater brüsk von ihnen ab, stürmte aus dem Zimmer und knallte die schwere Doppelflügeltür hinter sich zu.
„Tja, das lief ja wirklich perfekt“, resümierte Antonio.
„Aber … es ist doch wohl offensichtlich, dass … dass dein Vater mich hasst!“, stammelte Victoria. „Und was, zur Hölle, hatte dieser Kuss zu bedeuten?“, fügte sie mit wachsender Erbitterung hinzu.
„Das weißt du doch genau!“, gab er grob zurück. „Hattest du nicht Angst, mein Vater könne unsere Eheschließung nicht ernst nehmen?“
Victoria senkte den Blick. „Du hattest kein Recht, mich auf diese Weise …“
„Werde jetzt bloß nicht hysterisch.“
„Ich habe dich nicht gebeten, mich zu küssen.“
Antonio stieß einen heftigen Fluch auf Italienisch aus.
„Würdest du bitte Englisch mit mir reden?“, verlangte Victoria spitz.
„Lass uns endlich nach Hause gehen“, brummte er ungnädig.
Als Antonio am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe die Küche betrat, fuhr Victoria, die sich gerade eine Tasse Kaffee einschenkte, wie von der Tarantel gestochen herum.
„Was machst du hier?“, fragte sie mit viel zu hoher Stimme.
„Ich bin auf dem Weg zur Arbeit und will noch schnell einen Kaffee trinken. Und was ist deine Entschuldigung?“
„Ich konnte nicht schlafen.“
„Wahrscheinlich noch der Jetlag“, brummte er. „Geht mir nicht anders.“
„Mag sein …“
Ihre Blicke trafen sich und beide verharrten für einen Moment gedankenverloren. Victoria war die Erste, die sich losriss und sich abwandte. „Am besten, ich gehe hoch, um mich anzuziehen.“
„Apropos …“, hielt Antonio sie zurück. „Was gedenkst du eigentlich zu unseren nächsten Terminen anzuziehen?“
„Was für Termine?“, fragte sie alarmiert.
„Na, die ganz normalen Events – Partys, Dinnereinladungen, Lunchverabredungen …“
„Davon steht nichts in unserem Vertrag!“
„Das muss es auch nicht. Es sind gesellschaftliche Verpflichtungen, die du als meine Frau zu absolvieren hast.“
„Aber ich …“
„Und die erste findet gleich morgen Abend in Venedig statt. Ein Wohltätigkeitsball, zu dem Abendgarderobe gefragt ist. Wie steht es damit bei dir?“
Victoria fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. „Was ist mit Nathan? Ich kann ihn doch nicht …“
„Um den wird sich Sarah kümmern. Sie hat drei eigene Kinder und zwei Enkel. Ich kenne niemanden, der besser mit kleinen Kindern umgehen kann. Was ist mit deiner Garderobe?“
„Ich würde sagen, das meiste davon kennst du bereits“, erwiderte sie schnippisch.
Antonio musterte sie einige Sekunden scharf, dann griff er in die Anzugjacke und zog seine Brieftasche hervor. Er holte eine Scheckkarte heraus und hielt sie Victoria hin. „Hier, und jetzt zieh dich schnell an. Ich nehme dich mit nach Verona, damit du dich neu einkleiden kannst.“
„Aber ich muss mich doch um Nathan kümmern.“
„Das erledigt Sarah. Also … beeil dich. Ich habe nicht alle Zeit der Welt. Ich fahre dich direkt ins Boutiquenviertel, und wir treffen uns dann zum Lunch in dem Café, vor dem ich dich absetze.“
Victoria nickte stumm.
Sie kam fünfzehn Minuten zu spät.
Antonio saß in der warmen Mittagssonne und studierte ungeduldig die Speisekarte. Er war es nicht
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