Julia Extra Band 0328
entgegen.
„Nun, wie war es in meinem Bett?“, konnte er sich nicht verkneifen zu fragen. „Hast du gut geschlafen?“
„Ja, danke. Nathan und ich haben es sehr bequem gehabt.“
In diesem Moment vernahm sie die Stimme des Piloten, und Victoria setzte sich auf ihren Platz, ohne die italienische Durchsage jedoch wirklich verstanden zu haben. Zunächst schnallte sie ihren Sohn auf dem Sitz neben sich fest, dann schloss sie ihren Gurt und konzentrierte sich auf die Aussicht während des Landeanflugs.
Antonio begegnete zufällig Nathans Blick, und als der Kleine ihn gewinnend anlächelte, spürte er ein seltsames Ziehen im Magen. Wirklich ein niedlicher, freundlicher Bengel, dachte er.
Die Maschine ging tiefer und setzte zur Landung an. Victoria wandte sich ihrem Sohn zu, um sicherzugehen, dass er sich nicht vor den seltsamen Geräuschen fürchtete, doch der Kleine schaute voller Begeisterung um sich und schien jede einzelne Sekunde zu genießen.
„Ich glaube, dein Sohn wird Pilot, wenn er einmal erwachsen ist“, stellte Antonio schmunzelnd fest. „Er scheint das Fliegen zu lieben.“
Victoria lachte. „Er liebt alles, was sich bewegt und möglichst schnell ist.“
„Tatsächlich …“ Antonio beugte sich vor und strich dem Jungen übers Haar. „Na, dann passt du ja ausgezeichnet in meine Heimat, bambino .“
Es war das erste Mal, dass Antonio echtes Interesse an Nathan zu haben schien, und das rührte unversehens Victorias Herz.
6. KAPITEL
Während der Fahrt vom Flughafen zu Antonios Wohnsitz wechselten sie kaum ein Wort. Jedes Mal, wenn Victoria einen zaghaften Blick riskierte, schien er es zu merken und wandte sich ihr zu. Sie schaute dann rasch weg und starrte gespielt konzentriert aus dem Fenster.
Als plötzlich die Berge zurückwichen und sich ihr der Gardasee in voller Pracht präsentierte, hielt sie jedoch überwältigt den Atem an und glaubte für einen Moment, am Meer zu sein. Dann tauchten sie wieder in ein spektakuläres Alpenpanorama ein und folgten einer gewundenen Straße, die sich in engen Serpentinen den Berg hinaufschlängelte.
Auf der anderen Seite des Sees klebte ein kleiner Ort wie ein Schwalbennest am Bergmassiv. Es wirkte wie ein Bild aus einem Märchenbuch.
„Was für ein zauberhafter Platz!“, entfuhr es Victoria gegen ihren Willen.
„Der Ort heißt Limone, das ist der italienische Ausdruck für Zitrone. Die Seeseite ist bekannt für ihre vielen Zitrus-Plantagen. Siehst du das da drüben?“ Antonio wies mit dem Finger auf ein Anwesen unten am Seeufer, in dessen Mitte ein massives Gebäude aus der Felswand herauszuwachsen schien. Die Scheiben der unzähligen Fenster spiegelten sich im dunkelblauen Wasser wider. „Das ist unser Familiensitz.“
„Aber es sieht eher aus wie ein Schloss!“
Antonio lachte spöttisch. „Ja, die Cavellis hatten schon immer einen Hang zum Größenwahn. Mein Vater lebt dort, ich bin bei meiner Mutter in einem etwas kleineren und bescheideneren Zuhause groß geworden. Dorthin bringe ich dich jetzt.“
„Dann leben deine Eltern nicht zusammen?“
„Sie trennten sich, als ich zehn war. Eine Scheidung kam für meinen Vater nie infrage, dafür hatte er aber mit der Untreue kein Problem. Inzwischen ist meine Mutter allerdings seit Jahren tot.“
„Dann verstehst du dich nicht so gut mit deinem Vater?“
Antonio zuckte mit den Schultern. „Wir lassen einander leben.“
Sie senkte den Kopf. „Das hört sich sehr traurig an.“
„Das ist einfach nur die Realität.“
Der Wagen hielt kurz vor einem schmiedeeisernen Tor, das sich elektrisch öffnete und ihnen Zugang zu einer langen Kiesauffahrt gewährte, die unter hohen Zypressen hindurchführte und vor einem weißen Haus endete.
„Wenn du das für ein kleines, bescheidenes Zuhause hältst, wundert es mich gar nicht, dass du mein Apartment in Sydney als winzig bezeichnet hast.“
Antonio lachte und öffnete die Wagentür. „Komm herein und schau es dir von innen an“, lud er sie ein, sobald sie in der warmen italienischen Sonne standen.
Eine ältere Frau erwartete sie an der Tür. Victoria verstand gerade so viel, dass sie die Haushälterin auf dem Luxusanwesen war und Sarah hieß. Und dass sie mehr als erstaunt war, weil Antonio sie als seine Frau vorstellte, konnte man unschwer an ihrem entsetzten Blick sehen.
„Zeig Signora Cavelli bitte ihr Zimmer, Sarah“, wies Antonio sie auf Italienisch an.
„Sie meinen Ihr Zimmer, Signore?“
„Nein, ich rede von dem angrenzenden
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