Julia Extra Band 0328
gewohnt zu warten. Das war ein Part, der normalerweise den Frauen zustand, mit denen er verabredet war. Er gab Victoria noch fünf Minuten, dann würde er sie auf dem Handy anrufen, um festzustellen, ob sie sich vielleicht verlaufen hatte.
In spätestens einer Stunde musste er wieder an seinen Schreibtisch zurückkehren, wo ein Haufen Papierarbeit auf ihn wartete.
Der Kellner erschien an seinem Tisch, und Antonio bestellte eine Flasche Wein und zwei Gläser. Sobald er wieder allein war, musterte er träge die vorbeiflanierenden Passanten. Eine attraktive Brünette schenkte ihm ein provozierendes Lächeln, das er kaum wahrnahm. Stattdessen schaute er stirnrunzelnd auf seine Uhr.
Dann sah er Victoria um die Ecke kommen und direkt auf seinen Tisch zusteuern. Sie war beladen mit Taschen und Tüten und kam trotzdem so leicht und beschwingt daher, dass es ihm unwillkürlich ein Schmunzeln entlockte. So hatte er sie noch nie gesehen. Die Shopping-Tour schien ihr gutgetan zu haben.
Als sie sah, dass er sie beobachtete, lächelte sie ihm strahlend zu. „Tut mir leid, ich habe mich etwas verspätet.“
„Schon verziehen.“ Höflich erhob er sich von seinem Stuhl und wartete, bis sie ihm gegenüber Platz genommen hatte. „Angesichts der vielen Tüten würde ich mutmaßen, dass dein Einkaufsbummel von Erfolg gekrönt war.“
„Oh ja, danke!“ Sie nahm das Glas Wein entgegen, das er ihr hinhielt. „Eine fabelhafte Stadt! Ich habe spontan beschlossen, mich in Italien zu verlieben! Alles hier ist so elegant und schick! Sogar die Bürgersteige!“
Ihr Enthusiasmus brachte ihn zum Lachen. „Etliche von ihnen sind aus reinem Marmor … Rosa Verona heißt es im Volksmund.“
„Ich finde es auf jeden Fall fantastisch!“
„Dann könntest du dir inzwischen doch vorstellen, ein Weilchen hier zu leben?“
Ihr Lächeln schwand. „Ich denke, für einen begrenzten Zeitraum würde es mir schon gefallen“, formulierte sie vorsichtig. Sekundenlang versanken ihre Blicke ineinander, dann wandte Victoria abrupt den Kopf in Richtung einer ansteigenden Straße, die zu einer der berühmtesten Sehenswürdigkeiten Veronas führte. „Das sieht ungemein interessant aus.“
„Ja, die Anlage ist über zweitausend Jahre alt und ähnelt dem Amphitheater in Rom, nur dass sie kleiner und besser erhalten ist. Im Gegensatz zur Antike, als hier noch Gladiatorenwettkämpfe stattfanden, wird es für Opernaufführungen genutzt. Es gilt als eine der größten Open-Air-Bühnen der Welt.“
„Es muss fantastisch sein, so etwas mitzuerleben.“
„Das ist es, aber in Sydney gibt es doch ein kaum weniger berühmtes Opernhaus.“
„Das stimmt, ein phänomenales Bauwerk.“
„Und, warst du schon mal drinnen?“
„Nein, nur auf den Stufen davor, aber das zählt ja wohl nicht, oder?“ Sie lächelte schüchtern. „Vielleicht werde ich es mir einmal gönnen, wenn ich wieder zurück in Australien bin.“
„Wie steht es übrigens mit den Arbeiten an deinem neuen Restaurant?“
„Es scheint zügig voranzugehen. Die Küche ist so gut wie fertig, die Holzböden verlegt und versiegelt. Eigentlich fehlen nur noch Tische und Stühle, die ich vor meiner Abreise bestellt habe. Oh, und Claire wartet auf meine Entscheidung bezüglich der Vorhänge und Tischwäsche.“
„Wenn du mit ihr telefonieren willst oder an den PC musst, kannst du mein Arbeitszimmer benutzen.“
„Danke, das würde mir sehr helfen.“
„Ich habe dir hier ein eigenes Bankkonto eingerichtet, und die Kreditkarte, die ich dir gegeben habe, kannst du auch behalten und jederzeit nutzen.“
Victoria spürte, wie ihr innerer Widerstand mit jedem seiner Worte wuchs. „Das Thema hatten wir doch bereits mehrfach“, widersprach sie steif. „Du hast mich für … unseren geschäftlichen Deal bereits fürstlich entlohnt. Ich fühle mich einfach nicht wohl dabei, von dir noch weiterhin in dieser Art ausgehalten zu werden.“
„Wie du richtig sagst, Victoria, diese Unterhaltung führen wir tatsächlich nicht zum ersten Mal“, kam es ebenso frostig zurück. „Also versuch gar nicht erst, mit mir zu argumentieren, du hättest keine Chance.“
Sekundenlang duellierten sie sich mit Blicken, dann griff Victoria entschlossen nach der Speisekarte. „Was würdest du mir empfehlen?“
„Die Bigoli schmecken ausgezeichnet. Sie ähneln groben Spaghetti, werden aber nach alter Tradition mit Matrizen aus Bronze hergestellt und anschließend sehr langsam, nämlich bis zu 26 Stunden, bei
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