Julia Extra Band 0328
Sohn zusammen war. Sie beugte sich über sein Bettchen und schaute mit brennenden Augen auf das schlafende Kind.
Nathan vermisste Antonio mindestens so sehr wie sie. Gestern war sie mit ihm im angrenzenden Park gewesen und hatte ihm ein Eis gekauft. Ihr Sohn hatte vor Freude gestrahlt und sich dann suchend umgeschaut und Antonios Namen gerufen. Er konnte ihn noch nicht richtig aussprechen, und deshalb hörte es sich an wie Anio.
„Anio ist nicht hier, mein Schatz“, musste sie ihm mit belegter Stimme erklären. „Er ist in seinem Haus in Italien.“ Nathan hatte verstört und traurig ausgesehen, und das stachelte ihren Zorn auf Antonio nur noch mehr an.
Jetzt beugte sich Victoria weit hinab und küsste ihren Sohn zärtlich auf die schlafwarme Wange.
Als sie ins Restaurant zurückkehrte, waren nur noch wenige Gäste anwesend. Victoria ermunterte ihre Rezeptionistin Emma, Feierabend zu machen, und stellte sich selbst hinter den Empfangstresen. Innerhalb der nächsten Stunde würden auch die letzten, hartnäckigen Besucher gegangen sein, dann konnte sie endlich in ihre gemütliche Wohnung zurückkehren, um sich zur wohlverdienten Ruhe zu legen.
In diesem Moment öffnete sich die Eingangstür. „Tut mir leid, wir haben bereits geschlossen“, erklärte sie bedauernd und schaute hoch. Zunächst glaubte Victoria zu träumen.
Antonio stand vor ihr. Auf den ersten Blick wirkte er wie immer. Ungeheuer elegant, attraktiv und doch irgendwie … anders.
„Hallo, Victoria.“
„Was, um alles in der Welt, hast du hier verloren?“
Er lachte trocken. „Na, das nenn ich mal eine Begrüßung!“
Seine Haltung zeugte von der gewohnten Arroganz und dem unerschütterlichen Selbstvertrauen, das Victoria manchmal bis aufs Blut gereizt hatte. Und gleichzeitig stand in den dunklen Augen ein Ausdruck, den sie nie zuvor an ihm gesehen hatte. „Das kannst du doch bestimmt besser“, murmelte er sarkastisch.
„Ich glaube nicht“, erwiderte sie spröde und verschränkte vorsichtshalber die Arme vor der Brust, aus Angst, sie könne ihm womöglich doch noch in einem Anfall von Verrücktheit um den Hals fallen. Das durfte auf keinen Fall passieren! Dafür hatte er sie zu sehr verletzt. „Ich nehme an, du hast hier wieder dringende Geschäfte zu erledigen und bist sozusagen auf der Durchreise?“
Er nickte. „Ja, diesmal bringt mich ein besonders wichtiges Geschäft hierher.“
„Du hast doch nur besonders wichtige Geschäfte, oder nicht?“ Victoria senkte den Blick und tat so, als ordne sie etwas auf dem Empfangstresen. Doch in Wirklichkeit wartete sie zitternd auf seine Reaktion, auf irgendein Zeichen, das den winzigen Funken Hoffnung nähren könnte, der bei seinem überraschenden Anblick wider Willen in ihr aufgeflammt war.
„Ich habe dies hier gefunden und wollte es unbedingt persönlich zurückgeben.“ Er stellte ein kleines rotes Spielzeugauto vor Victoria auf den Tresen. Es war der Wagen, den er Nathan geschenkt hatte und den ihr Sohn den ganzen Tag in seiner kleinen Faust herumgetragen und nachts sogar mit in sein Bett genommen hatte. Seit ihrer Rückkehr nach Australien vermisste er das geliebte Spielzeug schmerzlich.
Mit gerunzelter Stirn starrte Victoria zuerst das Auto an, dann Antonio.
„Ich habe ihn im Garten gefunden, nachdem ihr beiden weg wart, und allein der Anblick hat mich umgeworfen.“
„Wie meinst du das?“, fragte Victoria rau.
„Es war, als risse mir jemand das Herz aus dem Leib!“, stieß er fast ärgerlich hervor. „Ist das deutlich genug? Mein Haus ist unerträglich still und leer, mein Leben einsam und freudlos ohne euch. Ich will, dass ihr beiden, Nathan und du, zu mir zurückkommt.“
„Du vermisst Nathan …?“
„Jede Minute jedes einzelnen Tages.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ist das nicht lachhaft? Ich, der niemals Kinder haben wollte und sich für ach so clever hielt, als er dich zu einer Vernunftehe überredete! Und nun schau dir an, was du aus mir gemacht hast!“
Antonio hob die Hände und fuhr sich mit allen zehn Fingern ungestüm durchs Haar. „Du hast mein Leben völlig auf den Kopf gestellt! Ich war es gewohnt, meist bis in die Nacht in meinem Büro zu sitzen. Und das freiwillig, weil mein Leben zu Hause keinen Reiz für mich hatte. Und jetzt …“, er seufzte, „jetzt bin ich nirgendwo mehr glücklich.“
Victoria antwortete nicht. Sie konnte nicht, es fehlten ihr die Worte.
In ihrem Kopf ging es drunter und drüber. Einerseits verblüfften und
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