Julia Extra Band 0328
Jedenfalls war sie nicht im Geringsten darauf vorbereitet, auf so dramatische Weise mit ihrer Vergangenheit konfrontiert zu werden.
Tariq konnte nicht wissen, wer Jeremy war, und schon gar nicht, wo er war . Das wusste nur sie allein. Und sie musste Jeremy vor Tariq schützen. Denn dieser würde, wüsste er über Jeremys Aufenthaltsort Bescheid, alles in seiner Macht Mögliche tun, um den Jungen an sich zu reißen. Und sie ebenfalls, um jeden Preis.
„Ich habe dir eine Frage gestellt“, sagte Tariq in harschem Ton. „Du gibst keine Antwort. Sollte ich die Frage wirklich wiederholen müssen?“
Jessa hielt die Luft an. Wie ein Schraubstock umklammerte er ihre Hüften. Sie war nahe daran zusammenzubrechen, während ihr Herz raste. Denk an Jeremy, befahl sie sich im Stillen. Sei tapfer. Für ihn .
„Ich habe deine Frage gehört“, sagte sie. Ihr war klar, dass Angst ihre Stimme beherrschte. „Ich habe nur keine Ahnung, was du meinst.“
Seine Lippen pressten sich auf ihre. Doch dann ließ er sie wieder los und wich von ihr. Als hätte ein Skorpion sie gestochen, zuckte Jessa zurück. Sie brauchte Platz zwischen sich und ihm.
Mit gekreuzten Armen verharrte er auf der anderen Seite des riesigen Bettes. Sein sichtbarer Ärger ließ ihn noch größer wirken. Ihm schien es nichts auszumachen, dass auch er nackt war. Doch auf Jessa wirkte er deswegen nicht minder bedrohlich. Eher vielleicht noch mehr.
„Welches Spiel treibst du mit mir?“, wollte er wissen. Er war außer sich, die Augen dunkel vor Zorn. Als ob er nicht gerade zuvor zärtlich ihren Namen geflüstert oder sie wie ein Kind an seiner Brust gewiegt und sie beide um Atem gerungen hätten. „Denkst du, das wird funktionieren?“
Sie schrie ihn an. „Du bist doch verrückt!“ Jessa war geschockt von der Veränderung, die in ihm vorgegangen war. Vom Liebhaber zum Ankläger. Sie musste sich sofort in den Griff bekommen. Oder er würde sie einfach überrollen und sich holen, was er begehrte, darüber gab es keinen Zweifel.
„Hältst du mich für einen Idioten?“ Er schüttelte den Kopf, jeder Muskel seines Körpers war angespannt. Sein Zorn war regelrecht greifbar und hing wie eine dunkle, schwere Wolke zwischen ihnen. „Die Veränderungen an deinem Körper sind offensichtlich, ich kann sie mit eigenen Augen sehen. Wie kannst du sie erklären?“
„Das ist fünf Jahre her!“, rief sie ihm zu. „Auch dein Körper ist nicht jünger geworden. Auch du trägst die Zeichen der Zeit an dir.“
Sein Blick traf sie mit der gleichen Wucht und Kälte wie ein Schneesturm.
„Es ist offensichtlich, dass du lügst“, sagte er. Seine Worte schlugen wie einzelne Geschosse aus derselben Waffe ein. „Es gibt keinen Zweifel! Ich sehe es dir an. Wo ist das Kind? In deiner gesamten Wohnung gibt es keinerlei Anzeichen für ein Kind.“
Um Jessa drehte sich alles. Verzweifelt klammerte sie sich an den letzten Rettungsanker: Über Jeremy speziell konnte er nichts wissen. Er vermutete lediglich, dass das Kind existieren könnte. Bevor er nach York gereist war, hatte er keine Ahnung von dessen Existenz. Dass es so weit gekommen war, das war allein ihre Schuld.
„Willst du nicht wenigstens meine Frage beantworten?“, fragte er sie ungläubig. „Dein Körper entlarvt dich als Lügnerin, Jessa. Die Zeit des Versteckspiels ist vorüber.“ Dies war nicht mehr der charmante, lockere Liebhaber von früher. Seine Stimme war rau, kalt, unbarmherzig. Jetzt war er der König mit absoluter Macht. Und diese Macht würde er gezielt einsetzen.
„Hast du mich je mit einem Kind gesehen?“, fragte sie und betete darum, er möge das Zittern in ihrer Stimme nicht bemerken und nicht die Fingerknöchel, die weiß waren, weil sie die Hände zusammenpresste.
„Ich werde dein Leben zerstören, Stück für Stück, bis ich die Wahrheit gefunden habe“, stieß er aus. Er war der Monarch, der mit blitzenden Augen sein Urteil sprach. „Es wird keinen Platz geben, an dem du dich verstecken könntest, keinen Teil deines Lebens, den du vor mir verbergen kannst. Stellst du dir deine Zukunft wirklich so vor?“
„Warum fragst du mich nach meinen Wünschen?“, rief sie aus. Angst und verzweifelte Entschlossenheit schnürten ihr den Hals zu. Sie war gezwungen, die Starke, Mutige zu spielen, die sie gar nicht war und niemals sein könnte. Sie tat es für Jeremy. Für ihn würde sie sich in Stücke reißen lassen, für ihn würde sie kämpfen. „Du hast mich auch nicht nach meinen
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