Julia Extra Band 0332
oder Silber eigneten sich hervorragend als Geschenke. Auch bestickte Servietten aus feinstem irischen Leinen, Kissenbezüge aus Seide und exklusive Künstlerkarten fand man in der Boutique.
Gianna hatte das große Los gezogen, als das Schicksal ihr die Gelegenheit bot, das Geschäft zu erwerben, nachdem sie es zuvor fast ein Jahr lang in Abwesenheit der Eigentümerin verantwortlich geführt hatte. Nun, nach weiteren zwei Jahren, hatte sie der Boutique ein komplett neues Aussehen verpasst und das Sortiment erweitert. Außerdem gab sie zwei Mal jährlich einen Katalog heraus. Das alles hatte dazu beigetragen, dass der Umsatz gewaltig angestiegen war.
Das Leben ist doch schön, überlegte Gianna, während sie über den feuchten festen Sandboden joggte. Mit ihren achtundzwanzig Jahren war sie stolze Besitzerin eines erfolgreichen Geschäfts sowie eines Apartments in bester Lage, und damit hatte sie sich die Voraussetzungen für eine vielversprechende Zukunft geschaffen.
Der milde Seewind strich sanft über ihren wohlgeformten Körper, während ihre Gedanken weiterwanderten. Sie musste an ihre kurze Ehe denken mit dem stolzen Spanier, den sie vor vier Jahren auf einer Party während eines Mallorca-Urlaubs kennengelernt hatte.
Raúl Velez-Saldaña.
Raúl war ein attraktiver Enddreißiger, mit markanten Zügen, groß gewachsen, dunkel … und gefährlich für den Seelenfrieden jeder Frau.
Wer könnte ihm schon widerstehen? Und welche Frau wollte das überhaupt?
Ein Blick von ihm hatte genügt, um sie dahinschmelzen zu lassen. Wie zu einer unbedeutenden kleinen Pfütze zu seinen Füßen, so hatte sie damals selbstironisch gedacht.
Aber ganz so war es nicht gewesen.
Zunächst hatte sie gegen ihn angekämpft, dann gegen sich selbst. Immer in dem Bewusstsein, dass sie, wenn sie ihm nicht widerstehen würde, verloren wäre … und zwar ganz und gar.
Gianna fröstelte. Obwohl es eher wärmer wurde, war ihr plötzlich kalt, während sie den Strand in südlicher Richtung entlanglief.
Sie hatte mehr als nur Sex miteinander verbunden. Es war die vollkommene Vertrautheit gewesen … sehr intensiv. Wie hypnotisiert war sie gewesen. Sechs perfekte Monate lang hatten sie nur für den Moment gelebt, unfähig, ohne einander zu existieren.
Zu der Zeit war Raúl ständig in der Weltgeschichte unterwegs gewesen, und sie hatte Urlaubstage verschwendet, nur um ihn irgendwo treffen und bei ihm sein zu können.
Bis sie zugestimmt hatte, nach Madrid zu ziehen, zu ihm in sein Luxusapartment im Stadtteil Salamanca. Mein Gott, das Leben, das sie damals mit ihm geteilt hatte …
Dann kam der Ausrutscher, in null Komma nichts war es passiert. Um bei der Hochzeit ihres Bruders Ben dabei zu sein, war sie nach Sydney geflogen und hatte durch alle Zeitzonen hindurch während des gesamten langen Fluges geschlafen. Dabei hatte sie völlig vergessen, ihre Anti-Baby-Pille zu nehmen.
Sie konnte sich noch lebhaft an den Tag erinnern, an dem in ihr der Verdacht aufkeimte, sie könne schwanger sein. Sie wusste sogar noch genau, wann sie den Schwangerschaftstest durchgeführt hatte, der positiv ausgegangen war. Drei Mal innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden hatte sie den Test wiederholt, um sicherzugehen, dass es sich auch wirklich nicht um einen Irrtum handelte.
Tagelang hatte sie sich mit dem Wissen herumgequält, bevor sie es Raúl eröffnete. Er hatte die Nachricht ausgesprochen ruhig aufgenommen und völlig unaufgeregt eine überraschende Lösung vorgeschlagen: Heiraten.
Mit seinem „Kein Kind von mir wird unehelich geboren“ konnte Gianna nicht viel anfangen. Insgeheim hatte sie auf eine Liebeserklärung gehofft. Eine Abtreibung wäre für sie natürlich auch nicht infrage gekommen, aber dass Heiraten die einzige Lösung sein sollte, wollte sie auch nicht gleich akzeptieren.
Allerdings, welche Alternative hatte sie denn? Sollte sie als alleinerziehende Mutter nach Australien zurückkehren? Einen Kampf um das Sorgerecht gegen Raúl beginnen … den sie mit Sicherheit verlieren würde?
Raúls verwitwete Mutter lieferte mit ihren begeisterten und von Herzen kommenden Segenswünschen das überzeugendste Argument. Ein Kind verdiente es, einen Vater zu haben, in einer Familie aufzuwachsen, betonte sie.
Dieses Argument brachte eine Saite in Gianna zum Klingen, denn ihre eigene Mutter war vor Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ihr Vater hatte eine andere Frau kennengelernt, war mit ihr nach Paris gezogen und hatte wieder
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