Julia Extra Band 0332
Silber durch das bunte Glasvogelpaar ersetzen.
Ihre Geschenkboutique – exklusive Ware, außergewöhnlich geschmackvoll arrangiert – war ganz und gar durch ihren eigenen Stil geprägt. Die Beleuchtung im Laden hatte sie so arrangiert, dass die einzelnen Stücke zu erglühen und zu funkeln schienen. Gianna erlaubte sich einen kurzen Moment voller Stolz, bevor sie hinüberging zum Ladentisch und sich auf den neuen Geschäftstag vorbereitete.
Am Morgen ging es ziemlich lebhaft zu. Jedes Geschenk wurde exklusiv verpackt. Von ihren Kunden erntete sie dafür immer großes Lob. Sie legte allergrößten Wert auf aufmerksamen und freundlichen Service. Wie sehr das geschätzt wurde, zeigte die große Zahl an Stammkunden.
Gianna betrachtete ihr Geschäft als ihre Lebensaufgabe. Unablässig war sie auf der Suche nach ungewöhnlichen Artikeln. Zudem gab sie regelmäßig neue Kataloge heraus und hielt ihre Website auf dem neuesten Stand.
Dass sie dies alles völlig allein geschafft hatte – anfangs mithilfe eines Kleinkredits der Bank –, erfüllte sie mit Stolz. Die Zuschüsse, die Raúl monatlich überwies, ließ sie unangetastet auf einem separaten Konto liegen.
Die Arbeit bedeutete Gianna alles. Sie konzentrierte sich auf das Jetzt und die unmittelbare Zukunft.
Natürlich hatte sie ein paar gute Freunde, mit denen sie sich manchmal traf. Aber mit einzelnen Männern ging sie nicht mehr aus. Eine Einladung zum Abendessen und angenehme Konversation am Ende eines Arbeitstages bedeuteten schließlich nicht automatisch, dass man anschließend miteinander ins Bett ging. Jedenfalls nicht nach ihren Vorstellungen.
Ihre Freunde meinten es gut mit ihr. Sie wollten Gianna glücklich sehen, zufrieden, mit einem Mann an ihrer Seite, der wirklich zu ihr passte.
Ankündigungen wie ‚Er ist wundervoll – ein wirklicher Gentleman‘ hielten jedoch nie, was sie versprachen, das hatte sie rasch herausgefunden.
‚Du wirst ihn anhimmeln, er ist ja sooo charmant‘ … Vielleicht, wenn einem langweilige Kriecher gefielen.
Alle Vermittlungsversuche misslangen, egal, wie gut sie gemeint waren. Vielleicht war das ja auch ihre eigene Schuld … denn sie war einfach nicht in der Lage, sich innerlich von Raúl zu trennen.
Seine ständige Anwesenheit in ihren Gedanken war erdrückend. Gelegentlich stockte ihr der Atem, wenn sie zufällig einem großen breitschultrigen Mann begegnete, der ihr verteufelt vertraut vorkam. Wenige Sekunden folgten, die ihr Herz fast zum Stillstand brachten … bis er ihr sein Profil zuwandte und sie das Gesicht eines Fremden sah. Sehr schnell kehrte sie dann in die Wirklichkeit zurück.
Also stürzte sie sich in die Arbeit. Und es gab reichlich zu tun. Wareneinkauf. Auslieferung. Beratung der Kundschaft.
Beschäftigt zu sein, das war die Lösung. Ein steter Strom von Kunden stellte sicher, dass sie gar nicht erst zum Denken kam. Weil das Geschäft glücklicherweise so gut lief, hatte Gianna vor zwei Jahren Annaliese als Teilzeitkraft eingestellt. Sie arbeitete täglich von zehn Uhr dreißig bis sechzehn Uhr bei ihr.
Annaliese war intelligent, attraktiv, hatte ein sonniges Gemüt und Sinn für Humor. Sie war eine hervorragende Verkäuferin und, was das wichtigste war, mit Leib und Seele bei der Sache.
„Guten Morgen. Ein doppelter Latte macchiato für die Chefin.“
„Danke.“ Giannas Dankbarkeit war echt. Von Anfang an versorgte ihre Mitarbeiterin sie immer mit Kaffee. Mit einem warmen Lächeln auf den Lippen brachte Annaliese ihr auch an diesem Tag einen heißen Kaffee mit.
Erst am frühen Abend kam Gianna dazu, einen Blick in die Warenausgangsliste zu werfen. Sie sah sehr zufriedenstellend aus – was bedeutete, dass sie das Lager wieder auffüllen musste. Nur zu gerne rief Gianna ihre Lieferanten an, bevor sie dann bald den Laden schließen würde.
Als die automatische Ladentür aufglitt, zauberte Gianna in Erwartung eines Kunden ein Lächeln auf ihr Gesicht … das allerdings sofort gefror, als sie den Mann erkannte.
Seine kraftvolle Gestalt entsprach ganz dem Bild, das sie in Erinnerung hatte, und sein dunkles Haar schimmerte im Kunstlicht. Es betonte auch seine Züge, die hohen Wangenknochen, das energische Kinn, den olivefarbenen Teint … und Augen, die so dunkel waren, dass sie fast schwarz wirkten.
Raúl.
Exliebhaber, abgelegter Ehemann, kurzum ein Mensch, von dem sie innig gehofft hatte, sie würde ihm nie wieder begegnen.
Du lieber Himmel! Was will er hier?
Eine Schrecksekunde lang
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