Julia Extra Band 0332
Händen vergraben.
„Was ist, Liebster? Was hast du?“ Sie kniete sich vor ihn. „Tut dir etwas weh? Bist du krank?“
„Nein.“
„Sag mir, was dir fehlt“, forderte sie ihn sanft auf.
„Ich wollte dich dazu bringen, mich anzubetteln.“
„Das verstehe ich nicht.“ Sie wollte seine Hand nehmen, aber er zog sie weg.
„Ich wollte mich rächen. Dich im Bett deines Großvaters verführen.“ Beschämt sah er hoch. „Als du mir erzählt hast, du würdest dein Haus verlieren, wenn du nicht rechtzeitig heiratest, glaubst du, da war ich von Mitgefühl erfüllt? Oh nein, ich habe insgeheim gejubelt! Du warst mir ausgeliefert. Ich wollte den verhassten Namen Coleridge auslöschen und durch meinen ersetzen.“
Er fuhr sich durch die Haare und versuchte, die Fassung wiederzugewinnen.
„Ich wollte dich zu Mrs. Adam Wavell machen und aller Welt zeigen, wie weit ich es gebracht hatte“, fuhr er schließlich mit seinem Geständnis fort. „Der Junge aus der Sozialsiedlung, der eine Coleridge heiratet! Als Krönung meiner Rache wollte ich mit dir im Bett deines Großvaters schlafen und dich dazu bringen, dass du mich anflehst, dich zu lieben.“
„Ach so! Habe ich eben nicht genug gefleht?“, fragte sie ganz ruhig. „Oder willst du warten, bis wir zu Hause sind? Und es dort tun?“
„Nein … Nein!“ Er schüttelte heftig den Kopf. „Ich habe erkannt, wie falsch es war, so etwas zu planen. Ich verdiene dich nicht, May, aber ich habe mir inzwischen gedacht, wenn ich geduldig bin, wenn ich dich umwerbe und dir beweise, dass ich deiner wert bin … also, ich hoffe, ich kann dich in einem Jahr bitten, mich richtig zu heiraten.“
„In einem Jahr?“, wiederholte sie ungläubig.
„Oder in zweien. Oder wann auch immer. Ich liebe dich, May. Und das wird sich niemals ändern. Also warte ich, so lange du willst.“
„Nein!“ May schüttelte den Kopf, stand auf und trat einen Schritt zurück. „Ich habe eine Woche lang Todesängste um dich ausgestanden, Adam. Die ganze Zeit bedauert, dir nie gesagt zu haben, dass ich dich liebe. Dann beschloss ich, als ich dich heute am Flughafen wiedersah, dich nicht mit meinen Gefühlen zu belasten. Damit ist jetzt Schluss.“
Sie streifte sich den Bademantel ab und ließ ihn fallen.
„Ich habe ein gutes Dutzend Jahre auf darauf gewartet, dass du da weitermachst, wo du damals aufgehört hast. Ich bin nicht bereit, noch eine Sekunde länger zu warten, geschweige denn ein ganzes Jahr. Und wie steht es mit dir, Adam?“
Sie hielt ihm die Hand hin … und sie hielt den Atem an – bis Adam sie stürmisch umarmte und an sich zog.
Die Glocken läuteten, auf der Orgelempore stand der Chor und wartete auf seinen Einsatz. Die Kirche war gefüllt mit Mays Freunden und Bekannten.
Freddie war natürlich da, Adams Mutter, Saffy mit Claude und seinen Eltern sowie Nancie – eine der hübschesten und jüngsten Brautjungfern aller Zeiten.
Robbie stand neben May, als Vertreterin der älteren Generation.
Es war genau so, wie May sich ihre kirchliche Hochzeit vor Jahren ausgemalt hatte, bis hin zum Blumenschmuck und ihrem Kleid.
Nein, ganz genauso war es nicht. Statt einem Kleid in Größe sechsunddreißig trug May eins in ihrer üblichen Größe, und bei dem hatte eine Schneiderin in der vergangenen Nacht noch fieberhaft die Nähte aufgetrennt und das Kleid weitergemacht.
Denn May trug Adams Kind unter dem Herzen.
Ja, die Hochzeit war so, wie sie sich das Fest damals ausgemalt hatte, und doch ganz anders.
Denn jetzt war es kein Traum, sondern Wirklichkeit.
Und sie fühlte sich anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Nicht triumphierend.
Sondern von Liebe erfüllt – und der Gewissheit, dass sie wiedergeliebt wurde.
Für immer.
– ENDE –
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