Julia Extra Band 0342
ich eben mit.“
Ungläubig sah sie ihn an.
Er wurde wieder ernst. „Es gibt aber auch ein paar Dinge, die für einen männlichen Mitbewohner sprechen.“
„Zum Beispiel?“
„Dosen öffnen.“
„Ich habe einen elektrischen Dosenöffner.“
„Glühbirnen auswechseln.“
Da musste er sich schon etwas Besseres einfallen lassen. „Dafür habe ich eine Leiter.“
„Spinnen vertreiben.“
Sie erschauderte. „Igitt.“
„Siehst du“, triumphierte er. „Der einzige Nachteil wäre, dass ich viel unterwegs und nur selten zu Hause bin.“
Das wäre sogar von Vorteil. Andererseits wäre sie dann weiterhin oft allein – was sie ja gerade hatte vermeiden wollen. „Na ja, ich würde lieber mit jemandem zusammenwohnen, der …“
„Du hast doch bislang gar nicht über einen Mitbewohner nachgedacht“, unterbrach er sie. „Also triff eine kluge Entscheidung.“
„Du hast recht“, gab sie zu. „Aber …“
„Du bist einsam.“
Ihre Wangen wurden rot.
„Nutzen wir also die Zeit, um uns besser kennenzulernen“, schlug er vor.
„Ich weiß nicht …“
„Wie willst du sonst herausbekommen, ob ich ein geeigneter Mitbewohner bin?“
Die Versuchung war groß. Widerstreitende Gefühle kämpften in ihr: Erleichterung, dass es jemanden gab, mit dem sie Zeit verbringen konnte. Besorgnis, weil dieser jemand Richs bester Freund war. Sie hatte keine Ahnung, was Tristan mit seinem Vorschlag beabsichtigte, aber das spielte auch keine Rolle. „Ich kenne die Antwort bereits.“
„Du kannst deine Meinung immer noch ändern.“
In ihrem Leben hatte es in letzter Zeit genügend Veränderungen gegeben. Sie würde sich für niemanden mehr ändern – vor allem nicht für Tristan. „Das werde ich nicht.“
Ein kurzes Schweigen entstand.
„Dann lass mich dir wenigstens bei der Suche helfen“, bat er. „Währenddessen werde ich dein Versuchskaninchen sein.“
„Wie das?“
„Nun ja, wir verbringen einige Zeit miteinander, du kannst meine schlechten und meine guten Eigenschaften kennenlernen und für dich entscheiden, was dir bei einem zukünftigen Mitbewohner wichtig ist.“
Das klang gar nicht so dumm. „Na gut“, stimmte sie schließlich zu. „Du kannst mein Versuchskaninchen sein.“
„Prima. Dann sehen wir uns also morgen Abend.“
„Morgen?“, krächzte sie.
Er nickte. „Du brauchst Übung, um mich besser kennenzulernen. Schließlich willst du ja richtig reagieren können, wenn sich jemand auf deine Annonce meldet.“
„Hast du nicht gesagt, ich sollte nichts überstürzen?“
„Das ist nicht überstürzen. Sondern Vorbereitung.“
Wofür? überlegte sie. Plötzlich kam er ihr ein wenig zu hinterlistig und charmant vor.
„Morgen Abend um sieben hole ich dich ab.“
„Das klingt aber sehr nach einem Date.“
„Ist es aber nicht. Wir bleiben hier und lernen uns kennen.“
„Und was wollen wir tun?“
„Einfach abhängen.“
Sie konnte sich nicht vorstellen, mit Tristan im Wohnzimmer zu sitzen und nichts zu tun. „Aber mit irgendwas müssen wir uns doch beschäftigen.“
„Du hast doch selbst gesagt, dass du sehr häuslich bist“, erinnerte er sie. „Was tust du denn normalerweise so?“
Sie wollte ihm nicht auf die Nase binden, dass sie meistens vor dem Fernseher saß oder ihre Schubladen aufräumte. „Ich … ich spiele gern Sudoku.“
„Wir könnten um die Wette spielen.“
Er begeisterte sich immer mehr für die Idee. Man konnte ihm unmöglich widerstehen. Ganz so wie Rich, als sie ihn kennengelernt hatte. „Ich …“
„Ich warne dich aber schon jetzt – ich werde nämlich gewinnen.“
„Ich habe noch nicht einmal gesagt, dass ich mit dir spielen will.“
„Hast du was anderes vor?“
„Ich …“ Natürlich nicht. „Ich muss nachsehen.“
Er zog eine Visitenkarte aus der Tasche und reichte sie ihr. „Da steht meine Handynummer. Ruf mich an, wenn du geklärt hast, ob morgen Abend okay für dich ist.“
Morgen … das klang so bald. Aber die Alternative wäre lediglich ein weiterer einsamer Abend.
Du bist einsam, hatte er gesagt. Ja.
Doch nicht töricht.
Unschlüssig hielt sie die Karte in den Fingern. „Ich denke darüber nach.“
Durch das Fenster sah Jayne die Rücklichter von Tristans Wagen kleiner werden und schließlich verschwinden. Es war ein schöner Tag gewesen, aber nun war sie doch froh, dass er gegangen war. Vielleicht würde er es sich ja noch anders überlegen und zu der Überzeugung gelangen, dass er Besseres zu tun
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