Julia Extra Band 0345
Mittagessen ausschlug, lief er Gefahr, Costarellas Wohlwollen zu verspielen. Dann hätte er keinen Zugang mehr zu den Beweisen, die er für die Anklage benötigte.
„Das ist sehr freundlich von Ihnen“, gab er schließlich nach. „Wenn Ihre Familie einverstanden ist …“
Der Einwand war überflüssig. Wenn Costarella es wollte, würde seine Familie sich fügen.
„Kommen Sie um 12.30 Uhr“, sagte er bestimmt. „Sie wissen, wo ich wohne?“
„Ja, danke. Ich freue mich über die Einladung.“
„Gut. Dann bis Sonntag.“ Die grauen Augen funkelten zufrieden. „Sie werden nicht enttäuscht sein.“
Jake nickte. Ihm blieb keine andere Wahl: Er musste die Einladung am Sonntag annehmen und Interesse für die Tochter heucheln. Auch wenn sich jede Faser seines Körpers dagegen sträubte.
Es kam ihm seltsam altmodisch vor, dass der Vater den Verehrer für die Tochter aussuchte, als wären alle Menschen Schachfiguren, die Costarella nach Belieben hin- und herschob. Aber es war typisch für seine hartherzige Art. Er spielte nach seinen eigenen Regeln und kümmerte sich nicht um die Wünsche anderer.
Um seine eigenen Pläne nicht zu gefährden, musste Jake auf Zeit spielen. Wenn dazu gehörte, Laura Costarella den Hof zu machen, würde er es tun. Doch auf gar keinen Fall würde er zulassen, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte, ganz gleich wie intelligent und hübsch sie auch sein mochte.
Sie war die Tochter seines Erzfeinds.
Das würde er nicht vergessen.
Niemals.
Muttertag …
Laura Costarella wünschte sich von ganzem Herzen, der Tag wäre so, wie er sein sollte: ein Ehrentag für ihre Mutter, an dem die Kinder würdigten, was ihre Mutter für sie getan hatte, und an dem der Vater sich über die Familie freute, die sie zusammen gegründet hatten.
Doch so würde der Tag nicht verlaufen.
Ihr Vater hatte einen Gast zum Mittagessen eingeladen. Als Laura das überhebliche Grinsen gesehen hatte, mit dem er dies angekündigt hatte, kam ihr sofort ein übler Verdacht. Der Gast würde dafür herhalten müssen, seinem Sohn und seiner Tochter ihre Fehler vor Augen zu führen. Und was noch schlimmer wäre: Ihr Vater würde die Mutter wieder einmal als diejenige vorführen, die in ihrer Rolle versagt hätte.
Jake Freedman musste ein ähnlich hartherziger Mann sein wie ihr Vater. Sonst wäre er in dessen Firma nicht so schnell die Karriereleiter hinaufgeklettert, einer Firma, die durch das Ausschlachten bankrotter Firmen Gewinne in Millionenhöhe einfuhr. Ob er wusste, dass ihr Vater ihn benutzen wollte?
Was machte das für einen Unterschied? Was geschehen sollte, würde eben geschehen. Sie hatte darauf keinen Einfluss. Sie konnte lediglich das Lieblingsessen ihrer Mutter zubereiten und die giftigen Spitzen abfangen, die ihr Vater gegen die Familie abfeuern würde. Immer lächeln, sagte sie sich, ganz gleich, was auch geschehen mag.
Sie hoffte, dass sich auch ihr Bruder der Mutter zuliebe an diesen Rat halten würde. Keine Wutausbrüche. Kein Aufstehen und Weglaufen. Nur lächeln und jede gemeine Bemerkung des Vaters wie Wasser an sich abperlen lassen. Es war doch nicht zu viel verlangt, wenn Eddie sich einmal für ein paar Stunden zusammenriss.
Es klingelte in dem Moment, als sie das Gemüse fertig zubereitet hatte. Sie hatte ein Rezept aus ihrer Lieblingskochsendung im Fernsehen gekocht. Wenn es so weit war, konnte sie das Gemüse zu der Lammkeule geben, die im Ofen schmorte. Die Kürbissuppe musste nur noch aufgewärmt werden. Und die Limonentorte stand servierbereit im Kühlschrank.
Schnell wusch sie die Hände und nahm die Schürze ab. Dann setzte sie ein Lächeln auf. Sie wollte den Gast so herzlich willkommen heißen, wie sie es konnte.
Jake stand vor der Eingangstür von Alex Costarellas Villa in Mosman, einem der vornehmsten Stadtteile von Sydney. Er wappnete sich für seinen Auftritt als charmanter und dankbarer Gast. Das zweigeschossige Gebäude aus dunkelrotem Backstein gehörte zu den ältesten Herrenhäusern in Sydney. Das gesamte Anwesen wirkte sehr gepflegt und strahlte Ehrbarkeit aus – die perfekte Fassade, um die wahre Natur des Mannes zu verbergen, der es mit dem Geld erworben hatte, das er aus anderen Menschen gepresst hatte.
Er erinnerte sich daran, wie sehr sein Vater gekämpft hatte, damit der Insolvenzverwalter mit der Zwangsversteigerung ihres Hauses wartete, solange Jakes Mutter noch am Leben war. Nur wenige Monate später hatte sie den Kampf gegen den Krebs verloren. Doch die
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