Julia Extra Band 0345

landen sollte.
    Entspannt ging er zur Ankunftshalle, vor der sich streikende Fluglotsen versammelt hatten, die lautstark auf ihre Rechte pochten. Im Flughafengebäude drängten sich gestrandete Passagiere, die nicht wussten, wann es für sie weiterging.
    Dass er jetzt hier im Getümmel stand, hatte er nur Philip zu verdanken, der offenbar meinte, ein Wort von Emilio würde Wunder wirken und das letzte Hindernis beseitigen, das Philips Liebe im Weg stand. Sein alter Freund hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass wohl zu viel ungesagt geblieben war.
    Emilio hatte Philip Armstrong seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen und war sehr erstaunt gewesen, als er gestern plötzlich in seinem Büro aufgetaucht war.
    Und das war nicht die einzige Überraschung gewesen. Emilio lächelte ironisch vor sich hin.
    Er suchte sich einen strategisch günstigen Platz, von dem aus er Rosannas Ankunft problemlos mitbekommen müsste, und rief sich das Gespräch mit Philip ins Gedächtnis zurück.
    „Du hast ein Problem.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Es war nur zu offensichtlich, dass seinen Freund irgendetwas bedrückte.
    „Ich bin noch nie so glücklich gewesen.“
    Emilio lächelte skeptisch. „Das verbirgst du aber sehr gut.“
    „Ich habe mich verliebt, Emilio.“ Der Engländer machte einen noch bekümmerteren Eindruck bei dieser freudigen Nachricht.
    „Herzlichen Glückwunsch.“
    Der ironische Unterton entging Philip. „Danke. Auch wenn du es nicht glauben wirst. Weißt du, ich habe mich immer gefragt …“
    „Was hast du dich gefragt, Philip?“ Emilio wunderte sich über das seltsame Verhalten seines Freundes, nahm jedoch keinen Anstoß daran.
    „Wieso hast du eigentlich geheiratet?“, fragte Philip verbittert. „Du warst doch gar nicht …“
    „… verliebt?“ Emilio blieb völlig gelassen. „Nein, ich war nicht verliebt. Aber du bist sicher nicht hergekommen, um mit mir über meine Ehe zu diskutieren.“
    „Doch, eigentlich schon.“ Philip Armstrong druckste herum. „Es ist nämlich so, Emilio …“
    „Komm schon, heraus mit der Sprache!“ Langsam wurde Emilio ungeduldig.
    „Also, ich möchte heiraten“, stieß der Engländer schnell hervor.
    „Das ist doch eine gute Nachricht.“
    „Ich möchte deine Frau heiraten.“
    Emilio war eigentlich bekannt für sein analytisches Denkvermögen. Doch diese Information traf ihn völlig unvorbereitet.
    „Ich wusste ja, dass dich das schockieren würde.“ Sein alter Schulfreund musterte ihn besorgt.
    „Ich bin nur etwas überrascht“, gab Emilio zu. „Aber es würde auch keine Rolle spielen, selbst wenn ich schockiert wäre. Rosanna und ich sind ja nun schon seit längerer Zeit geschieden. Du benötigst weder meinen Segen noch meine Erlaubnis zur Heirat.“
    „Ich weiß, aber sie hat ein schlechtes Gewissen, weil sie wieder glücklich ist.“
    „Das bildest du dir bestimmt nur ein, Philip.“ Emilio wunderte sich, dass er nicht einmal den winzigsten Anflug von Eifersucht empfand.
    Nichts! Er mochte Rosanna noch immer. Genau darin hatte das Problem bestanden: Sie waren einander sympathisch, mehr war jedoch nie zwischen ihnen gewesen. Respekt füreinander und gemeinsame Interessen waren eine viel zuverlässigere Grundlage für eine funktionierende Ehe als romantische Liebe, hatten sie gedacht.
    Es war ihm rätselhaft, wie er so unglaublich dumm hatte sein können.
    Natürlich war die Ehe von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Wenigstens war es Emilio erspart geblieben, Rosanna zu gestehen, dass er eine andere Frau liebte. Sie hatte es ihm an der Nasenspitze angesehen.
    Weibliche Intuition. Oder war seine Verliebtheit so offensichtlich gewesen?
    Heftige Schuldgefühle hatten ihn geplagt, was eigentlich völlig irrational war, denn seine Frau hatte ihn ja bereits betrogen, und er hatte das Gefühl gehabt, auf ganzer Linie versagt zu haben.
    Seit frühester Kindheit war ihm eingebläut worden, dass ein Rios niemals scheitert. Und nun wurde seine Ehe geschieden, was natürlich ein gefundenes Fressen für die Medien gewesen war. In aller Öffentlichkeit das Gesicht zu verlieren, hatte ihm mehr zugesetzt, als das Geständnis seiner Frau, ihn wenige Monate nach dem Treuegelübde betrogen zu haben.
    Bevor sie das Ende ihrer Ehe bekannt gegeben hatten, mussten die Familien informiert werden. Luis Rios’ Reaktion war vorhersehbar gewesen, womit Emilio dagegen nicht gerechnet hatte, war das feindselige Verhalten von Rosannas Eltern. Das