Julia Extra Band 0345
aufhören, sie anzuschauen, als ob …
„Hör auf, mich anzuschauen, als ob …“
Als er sie binnen weniger Momente zum zweiten Mal küsste, verlor Megan den Boden unter den Füßen und wäre gefallen, wenn Emilio sie nicht mit der anderen Hand festgehalten und an sich gepresst hätte.
Schließlich ließ er sie wieder los. Atemlos funkelte sie ihn an. „Hatte ich dich nicht gewarnt?“
„Ich konnte aber einfach nicht widerstehen. Dein Mund lädt geradezu zum Küssen ein.“
Emilio nahm ihr das Handy ab, hielt es sich ans Ohr und sprach hinein, ohne den Blick von Megan abzuwenden.
„Hier spricht Rios.“
Megan musterte ihn wütend und streckte die Hand nach dem Telefon aus.
„Hallo Charles. Ja, sie steht direkt vor mir.“ Er ignorierte ihre Aufforderung, ihr das Handy zurückzugeben, und sprach einfach weiter.
„Nein, mach dir keine Sorgen. Ich kümmere mich um sie. Nicht nötig, Charles, es ist wirklich kein Problem.“ Er lächelte spöttisch und wich geschickt Megans Versuch aus, das Handy wieder in ihren Besitz zu bringen. Dann drohte er ihr spielerisch mit dem Finger, bevor er laut ins Telefon sagte: „Es ist mir wirklich ein Vergnügen, Charles. Megan lässt dich herzlich grüßen.“
Das war doch die Höhe! Einige Menschen drehten sich interessiert zu Megan um, als sie lauthals rief: „Nein, tue ich nicht!“
Schließlich gelang es ihr, Emilio das Handy zu entreißen und sich ans Ohr zu halten. „Dad? Ich komme auch ohne Mr Rios’ Hilfe klar. Dad? Er hat aufgelegt“, stellte sie konsterniert fest und bedachte Emilio mit einem vorwurfsvollen Blick.
„Dein Vater ist eben ein viel beschäftigter Mann.“
„Mein Vater ist …“ Megan biss sich auf die Lippe, bevor die wenig schmeichelhafte Charakterisierung ihres Vaters heraus war. Wütend funkelte sie Emilio an.
„Er kann sich entspannen, denn er weiß dich ja jetzt in guten Händen.“
„Ich kann sehr gut selbst für mich sorgen, und das weiß mein Vater auch ganz genau. Er will nur, dass ich nett zu dir bin, weil du Verbindungen hast, die ihm …“ Megan merkte zu spät, wie indiskret sie sich gerade verhalten hatte, und beschloss, lieber nichts mehr zu sagen, bevor ihr weitere taktlose Bemerkungen entschlüpften.
Befremdet schüttelte Emilio den Kopf. Wer brauchte Feinde, wenn er einen Vater wie Charles Armstrong hatte? Der Mann hatte offensichtlich immer noch nicht begriffen, dass es seine Pflicht gewesen wäre, seine Kinder zu schützen und abzuschirmen.
Aber Armstrong hatte schon immer versucht, sich Vorteile zu verschaffen – auch wenn er dazu seine Familie einspannen musste.
„Wie nett sollst du denn zu mir sein?“
Megan wich entsetzt zurück. Sie war so wütend, dass ihr Emilios mitleidiger Blick entging.
Herausfordernd hob sie das Kinn. „Mein Vater würde mich niemals bitten, mit einem Mann zu schlafen, der ihm nützlich sein könnte“, fauchte sie.
„Aber er hätte auch nichts dagegen.“
„Ich schlafe nur mit Männern, wenn ich es will.“
Dieser Fall war bisher noch nicht eingetreten. Doch das ging Emilio Rios nun wirklich nichts an. Vermutlich hätte er ihr auch nicht geglaubt.
Wirklich witzig, dass die ganze Welt sie für einen Eisberg hielt, was ihr eigentlich ganz recht war, aber Emilio Rios bildete sich ein, sie wäre ein leichtes Mädchen, das schon durch viele Betten gehüpft war.
Zwei Jahre zuvor war ihre anfängliche Dankbarkeit, aus einer gefährlichen Situation gerettet zu werden, schnell Traurigkeit gewichen, als Emilio sie so verächtlich gemustert und ihr eine Lektion über die Gefahren erteilt hatte, Männer anzumachen.
Als wäre sie ein männermordendes Monster! Ausgerechnet sie!
Damals hatte Megan nicht einmal einen Freund gehabt. Der Typ, vor dem Emilio sie bewahrt hatte, war Dozent gewesen – schon recht alt für ihren Geschmack –, jedenfalls hatte er sich freundlicherweise erboten, sie nach der Abschlussparty nach Hause zu fahren, da der Junge, der das eigentlich übernehmen wollte, sinnlos betrunken gewesen war.
Woher hätte sie wissen sollen, dass der Typ auch getrunken hatte? Das war ihr erst aufgefallen, als er durchs Dorf gerast war und anzügliche Bemerkungen gemacht hatte. Statt sie nach Hause zu bringen, wo ihr Vater mit Geschäftsfreunden feierte und sie bereits erwartete, hielt er unter einem Alleebaum und wurde zudringlich.
Megan hatte seine Versuche zunächst ruhig abgewehrt, war dann jedoch in Panik geraten. Emilio hatte die Tür aufgerissen und Megan aus
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